Systemhausgeschäft 19.02.2020, 10:15 Uhr

Interview mit The-Company.de: „Den Letzten beißen die Hunde“

Hersteller und Distributoren fordern ihre Partner dazu auf, sich zum Managed Service Provider zu entwickeln. Tino Cafaro von The-Company.de will den Wandel in diesem Jahr forcieren.
(Quelle: Anton Gvozdikov/Shutterstock)
Tino Cafaro ist Geschäftsführer des ­Systemhauses The-Company.de und möchte in Zukunft seinen Kunden überwiegend Cloud-Lösungen im Bereich Unified Communications and Collabo­ration verkaufen. Im Interview erklärt er die Hintergründe für seinen Sinneswandel und mit welchen Maßnahmen er die Finanzierung für den Wandel zum Managed Service Provider gesichert hat.
Telecom Handel: Bislang haben Sie TK- und UC-Anlagen überwiegend On-Premises verkauft, jetzt gehen Sie massiv in Richtung Managed Service Provider (MSP) und forcieren das Cloud- und Mietgeschäft. Warum?
Tino Cafaro: Das hat mehrere Gründe. Einer davon ist, dass wir uns gegen die Cloud nicht wehren können. Die Technologien, die in Zukunft angewendet werden, liegen alle in der Cloud. Denken Sie allein an Künstliche Intelligenz, das ist nur in Verbindung mit der Cloud möglich – denn nur dort sind die dafür nötigen Daten gehostet. Zweitens möchte ich von einmaligen Umsätzen wie beim Verkauf einer Anlage auf Recurring Revenue umstellen. Irgendwann habe ich jeden Monat meine Einnahmen aus Serviceverträgen, Telefoniebeteiligungen oder der Vermietung von Lösungen. Ziel ist, in diesem Jahr den Schwenk zu machen von On-Prem-Geschäft auf Mietgeschäft.
Neugeschäft wollen Sie in diesem Jahr in erster Linie als MSP machen?
Cafaro: Soweit das möglich ist, ja. Ich möchte definitiv nichts mehr verkaufen, sondern alles vermieten.
Andere Systemhäuser gehen den Schritt langsamer, sie forcieren das Cloud-Geschäft, lehnen On-Prem-Geschäft aber nicht ab. Warum sind Sie so radikal?
Tino Cafaro, Geschäftsführer von ­The-Company.de GmbH & Co. KG in Vaihingen an der Enz
Quelle: The-Company.de
Cafaro: Natürlich können wir nur so schnell gehen, wie der Kunde mitgeht. Wir können aber auch mehr Druck ausüben, um den Wandel schneller zu gestalten. Wir müssen auch lernen, wie wir diese Angebote für die Kunden attraktiv machen. Letztendlich profitieren sie ja davon, viele wissen es nur nicht. Ich bin aber davon überzeugt, dass dieser Schritt jetzt notwendig ist – für jedes Systemhaus. Wer diesen Weg nicht geht, der wird mittelfristig kein Geschäft mehr machen. Und den Letzten beißen die Hunde …
In diesem und im nächsten Jahr werden die Umsätze insgesamt aber zurückgehen. Wie finanzieren Sie das?
Cafaro: Es wird eine Delle geben, das ist klar. Einen Teil können wir selbst finanzieren, wir haben dafür auch schon Rücklagen gebildet. Den Rest werde ich über einen Finanzdienstleister abfedern, mit dem wir zusammenarbeiten. Der kauft unsere Services, stellt sie dem Kunden in Rechnung und zahlt uns dann aus. So können wir die Delle ein wenig abmildern, weil wir nicht vorfinanzieren müssen.
War es denn schwierig, einen Finanzdienstleister zu finden?
Cafaro: Wir haben mehrere Optionen geprüft und dabei festgestellt, dass die meisten Dienstleister nicht so flexibel sind, wie wir uns das wünschen würden.
Und Ihre Hausbank? Hätte die nicht auch helfen können?
Cafaro: Die meisten Hausbanken verstehen das System MSP nicht. Wir hatten vor Jahren schon einmal stark das Mietgeschäft forciert und damals das Equipment aus eigener Leistung finanziert. Das sorgte natürlich für eine Delle im Umsatz, sodass die Hausbank alarmiert auf uns zukam und fürchtete, wir seien auf dem Weg in die Insolvenz … (lacht). Die folgenden Jahre haben wir von diesen Geschäften noch lange profitiert.
Die Finanzierung ist das eine, viele Systemhaus-Chefs berichten aber auch, dass es schwierig sei, die Mitarbeiter für das MSP-Geschäft zu motivieren. Schließlich haben sie zumindest zu Beginn auch Einbußen bei ihren Provisionen …
Cafaro: Wir hatten kürzlich ein Vertriebs-Kick-off, bei dem ich das neue Modell im Detail vorgestellt habe – über alle Be­reiche, die wir anbieten: vom Breitband, über SIP-Trunk, Back-up, Security bis hin zum Unified-Communications-System. Ich hatte nach der Vorstellung eigentlich einen Sturm der Entrüstung erwartet, genau wegen der Provisionen. Und alle haben gesagt, das sei ja super. Zugegeben, da war ich wirklich sehr überrascht.
Und warum fanden Ihre Mitarbeiter das System so super? Schließlich bekommen sie in den ersten Monaten wenig Provisionen ...
Cafaro: Sie haben erkannt, dass sie von dem MSP-Modell auch profitieren und dass ihre Provisionseinnahmen mittelfristig höher sind als im On-Prem-Geschäft. Sie haben verstanden, dass das MSP-Geschäft sie auch entlastet, dass sie nicht mehr jeden Monat das große Projekt vermarkten müssen, um auf ihre Umsätze zu kommen. Und dass sie auch im Urlaub oder bei Krankheit abgesichert sind. Der Druck ist ein ganz anderer …
Werden Sie Ihren Mitarbeitern auch Anreize geben, um das Modell für sie attraktiver zu machen – beispielsweise mit Push-Provisionen?
Cafaro: Wir werden sicherlich Anreize geben, um das Team zu motivieren. Allerdings ist hier nicht viel zu tun, da meine Mitarbeiter die Vorteile erkannt haben. Und sie haben auch erkannt, dass der Markt jetzt so weit ist und auch die Kunden aufgeschlossen sind.
Haben Sie dafür auch das Provisionssystem geändert? Gibt es beispielsweise eine Team-Provision für den Vertrieb?
Cafaro: In der Technik haben wir das schon länger eingeführt, im Vertrieb aber nicht. Wir wollen künftig aber Innen- und Außendienst zusammenzählen, denn der Außendienst kann nur mit einem starken Innendienst erfolgreich sein.
Planen Sie auch Schulungen für Ihre Mitarbeiter begleitend zur Einführung des MSP-Programms?
Cafaro: Wir haben im Intranet bereits ein Schulungsprogramm aufgesetzt, das beständig erweitert wird. Zudem haben wir für jeden Produktbereich einen Produktmanager, der bei Bedarf auch Einzelschulungen durchführen kann. Ganz wichtig ist auch, dass sich jeder Mitarbeiter bei dem Kick-off zu einer Bringschuld verpflichtet hat. Jedem im Team ist klar, dass er sich an einen Kollegen wenden muss, wenn er Defizite in einem Bereich hat. Das Argument, das wusste ich nicht – oder es gab dazu keine Schulung –, das zählt ab sofort nicht mehr.
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