Eigener Netzbetrieb
03.08.2023, 15:28 Uhr
1&1 startet am 26. September
Der United-Internet-CEO Ralph Dommermuth hat den Termin für den Start des eigenen 5G-Netzes verkündet, außerdem nannte er weitere Details zum National Roaming mit Vodafone.
Es wird Ernst mit dem vierten Mobilfunknetzbetreiber in Deutschland: Auf der Pressekonferenz zur Halbjahresbilanz verkündete der United-Internet-CEO Ralph Dommermuth, dass am 26. September der bundesweite Vermarktungsstart von Smartphone-Tarifen für das eigene Netz erfolgen werde. Im vierten Quartal soll dann die Migration der eigenen Kunden, die 4G nutzen, in das 1&1-Netz beginnen.
Kurz zuvor hatte es eine weitere Neuigkeit gegeben, zu der nun mehr Details bekannt wurden: 1&1-Kunden können dort, wo ihr eigentlicher Vertragspartner noch keine eigenen Masten hat, mit dem Vodafone-Netz verbunden werden – das gilt explizit auch für die 5G-Nutzung. Dieses National Roaming soll spätestens zum 1. Oktober 2024 möglich werden, bis dahin muss die Anbindung technisch vorbereitet werden. Ab dem Moment der Umsetzung läuft der Vertrag für fünf Jahre und bietet Verlängerungsoptionen für zweimal fünf Jahre.
Dafür bekommt Vodafone Mieteinnahmen in Form einer Gebühr, die sich an der prozentualen Ausnutzung des Netzes orientiert und Verteuerungen lediglich dann vorsieht, wenn bei Vodafone die Kosten für den Netzbetrieb steigen. Vodafone-Deutschlandchef Philippe Rogge sagte, dass beide Seiten langfristig profitierten. „1&1 erhält Zugang auch zu 5G, und die attraktiven Konditionen dieser Partnerschaft helfen uns als Vodafone, unsere Netze noch besser auszulasten und sie für unsere Kunden weiter zu verbessern“, so Rogge weiter.
Bisher hatte 1&1 einen Roaming-Vertrag mit dem Wettbewerber O2 Telefónica, dieser gilt aber nur für 2G und 4G, was bei der anstehenden Migration der 1&1-Kunden ins eigene Netz an den Orten, an denen dieses noch nicht errichtet ist, keine 5G-Nutzung ermöglicht. Offenbar will Dommermuth deshalb schon früher ein 5G-Roaming mit Vodafone anstreben, allerdings müsste das die Bundesnetzagentur absegnen, die eigentlich ein Auftreten von 1&1 als Wiederverkäufer eines anderen Netzes im MVNO-Modell ab Jahresende untersagt.
Der Vertrag mit O2 Telefónica wurde zudem nach Volumen abgerechnet, was immer wieder für Diskussionen und Schlichtungen sorgte. Entsprechend sagte Dommermuth: „Der Vertrag mit Vodafone ist bei den Einkaufspreisen nicht unbedingt günstiger, aber er ist fair und enthält keine versteckten Kosten. Er wird uns auch Anwaltskosten sparen“.
Das Abkommen mit O2 Telefónica läuft noch bis zum 30. Juni 2025 und Dommermuth bekräftige noch einmal, das Netz bis dahin auf jeden Fall auch verlassen zu wollen, sobald der neue Roaming-Partner Vodafone genutzt werden könne. Für O2 Telefónica dürfte der Verlust des Verkehrs der fast 12 Millionen 1&1-Kunden eine deutliche finanzielle Einbuße bedeuten.
193 Antennenstandorte
1&1 baut derzeit sein eigenes Handynetz, kommt hierbei aber eher schleppend voran. Bei der Frage, warum das so ist, liegen 1&1 und Vodafone eigentlich im Clinch: Der Neueinsteiger wirft Vodafone vor, Einfluss auf den mit ihm verbundenen Infrastrukturbetreiber Vantage Towers ausgeübt und den Bau von Hunderten Handymasten und Dachstandorten für 1&1 abgebremst zu haben.
Zum 30. Juni verzeichnete der Newcomer 193 Antennenstandorte, von denen mangels fehlender Teile oder Glasfaseranschlüsse aber nur 40 in Betrieb waren. Bis Ende des Jahres will Dommermuth rund 1.000 Standorte erschließen, geplant waren allerdings 200 mehr, was laut dem CEO an der überraschenden Abmeldung von 300 Orten durch Vantage Towers liege, für die es „keine Erklärungen“ gegeben habe.
Dommermuth: „Wir haben nach wie vor Probleme mit unserem größten Aufbaupartner, zumindest bewegt sich dort jetzt etwas beim Tempo. Wir schaffen aber vermehrt eigene Lösungen, zum Beispiel, indem wir vermehrt selbst Standorte mieten.“
Den Rücken stärkt dem CEO ein ordentliches Konzernergebnis im ersten Halbjahr: Die Zahl kostenpflichtiger Kundenverträge stieg um 490.000 auf knapp 28 Millionen, teilte die 1&1-Mutter United Internet mit. Dabei konnte die Telekommunikationstochter 180.000 neue Kunden von sich überzeugen - deutlich mehr als noch im Vorjahreszeitraum. Das Wachstum basierte auf 230.000 neu gewonnenen Mobile-Internet-Verträgen, deren Bestand sich zum Ende des ersten Halbjahres 2023 auf 11,91 Mio. belief, während die Zahl der Breitband-Anschlüsse im Vergleichszeitraum um 50.000 auf 4,05 Mio. abnahm.
Zwar stagnierte der Konzernumsatz von United Internet bei rund 1,5 Milliarden Euro, während mit 351,1 Millionen Euro deutlich mehr um Sondereffekte bereinigtes Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) hängen blieb. Analysten hatten mit einem geringeren Ergebnis gerechnet. Die Tochter 1&1 entwickelte sich beim Umsatz etwas schwächer als erwartet. Der Erlös des zweiten Quartals ging leicht auf 972,1 Millionen Euro zurück. Das Ebitda lag mit knapp 170 Millionen Euro rund 6,2 Prozent niedriger.