Hintergrund
20.04.2021, 09:00 Uhr
Apple: Fels in der Brandung
Auch die Corona-Krise scheint Apple nicht wirklich etwas anhaben zu können. Erfahren Sie hier, wie es um das Unternehmen konkret steht, was die Analysten erwarten und wie das Apple-Papier gerade an der Börse performt.
Die Corona-Krise scheint bei Apple längst vorbei: Rekordumsätze im Weihnachtsquartal dank fulminanter Verkaufszahlen beim iPhone und ein Spitzen-Börsenwert von mehr als 2 Billionen Dollar. Ist das noch zu toppen? Im abgelaufenen Jahresviertel zumindest dürfte es bei der Technik-Ikone aus dem Silicon Valley wieder etwas ruhiger zugegangen sein. Erfahren Sie hier, wie es um das Unternehmen konkret steht, was die Analysten erwarten und wie das Apple-Papier gerade an der Börse performt.
Apple erwirtschaftet Rekordumsatz
Apple hatte im Weihnachtsquartal neue Maßstäbe gesetzt: Der Konzern fuhr einen Rekordgewinn von knapp 29 Milliarden Dollar ein. Auch überschritt der iPhone-Hersteller beim Quartalsumsatz erstmals die Marke von 100 Milliarden Dollar. Das schafften in den USA zuvor nur der Supermarktriese Walmart und der Ölkonzern Exxon Mobil. Zu diesem exklusiven Club stieß im letzten Jahresviertel 2020 aber auch der Internet-Händler Amazon hinzu.
Während Apple nach Berechnungen von Marktforschern mit gut 90 Millionen verkauften iPhones den Konkurrenten Samsung alt aussehen ließ, profitierte der Konzern in dem Quartal indirekt wohl auch von den Folgen der Corona-Pandemie. Denn Apple hatte erst mit Verspätung zum Weihnachtsgeschäft das neue iPhone 12 auf den Markt gebracht, das erstmals auch für für den superschnellen 5G-Mobilfunk gerüstet ist. So kamen wegen der Corona-Schließungen in China die Modelle erst im Oktober und November auf den Markt statt wie üblich im September. Das drückte zwar den Gewinn ein Quartal vor Weihnachten, sorgte dann aber zum Fest für Nachholeffekte.
Zwar erwirtschaftete Apple im Schlussquartal mehr als die Hälfte seines Umsatzes mit dem iPhone - doch es gab Zeiten, da lag dieser Anteil bei zwei Dritteln. Doch die Entwicklung geht schon länger dahin, dass sich Apple umorientiert und verstärkt auf Dienstleistungen etwa mit Apps und Streaming-Abos setzt. Das kam dem Konzern auch in der Krise zugute ebenso wie die florierenden Verkäufe der sogenannten Wearables wie den AirPods-Ohrhörern oder der Computer-Uhr Apple Watch. Zudem verkaufte Apple dank des coronabedingt zunehmenden Trends zum Heimarbeitsplatz - wie die Branche insgesamt - auch mehr Notebooks und iPads.
Apple trotzt Corona
Die Pandemie hatte der US-Hersteller mit dem angebissenen Apfel im Logo letztendlich deutlich besser weggesteckt als noch im Frühjahr befürchtet. Konzernchef Tim Cook hatte im Februar die Umsatzprognosen für das Quartal zurückgezogen, bereits ab der zweiten April-Hälfte aber lief es wieder für den Konzern besser.
Am 28. April wird Apple nun über sein zweites Geschäftsquartal berichten, das beim Konzern bis zum 28. März läuft. Die von Bloomberg aufgelisteten Experten erwarten zwar ein kräftiges Umsatzplus im Vergleich zum durch Corona geschwächten Vorjahresquartal, an die Bestmarke aus dem traditionell starken Weihnachtsquartal dürfte der Konzern aber bei Weitem nicht heranreichen. Branchendaten zufolge hatten sich die iPhone-Verkäufe zuletzt wieder deutlich abgeschwächt. Für das nächste Weihnachtsquartal haben die Analysten derzeit nur wenig mehr als letztes Jahr auf dem Zettel.
Während das vieldiskutierte Apple-Auto weiter auf sich warten lässt und erst kürzlich wieder über mögliche Zulieferer spekuliert wurde, beschäftigt viele Beobachter unterdessen auch die Frage nach der zukünftigen Beziehung von Apple und dem Chipkonzern Intel.
Apple hatte wie schon erwartet dem Chiphersteller als seinen langjährigen Hoflieferanten einen Korb gegeben und im vergangenen Jahr erstmals Macs mit Prozessoren aus eigener Entwicklung statt mit Intel-Chips auf den Markt gebracht. Das sorgte zunächst nicht gerade für die freundlichsten Reaktionen aus der Intel-Konzernzentrale. Erst kürzlich aber kündigte Intel-Chef Pat Gelsinger an, sein Haus wolle künftig verstärkt als Auftragsfertiger Chips für andere produzieren und werde sich auch Apple anbieten.
Angeblicher Marktmachtmissbrauch: EU-Kommission macht Druck
Gegenwind bekommt Apple bereits seit einiger Zeit von der EU-Kommission. Aktuell laufen nach Beschwerden von Konkurrenten zwei Verfahren, bei denen es um Apples Marktmacht geht. Dabei soll geklärt werden, ob der Konzern unfairen Wettbewerb in seinem App Store und beim Bezahlsystem Apple Pay betreibt. Unter anderem hat auch der "Fortnite"-Entwickler Epic Games Beschwerde in Brüssel gegen Apple eingelegt.
Aktuell bringen sich beide Unternehmen für ihren Rechtsstreit in den USA in Stellung. Epic will, dass Apple gezwungen wird, auf dem iPhone auch App Stores anderer Nutzer zuzulassen, um dort selbst einen Laden betreiben zu können. Denn aktuell können Fortnite-Gamer virtuelle Artikel auf iPhones nur über das System der In-App-Käufe von Apple erwerben - wobei der Großkonzern sich hiervon 30 Prozent des Kaufpreises als Provision einverleibt. Apple warnt stattdessen vor Risiken für Nutzer und wirft dem Spielehersteller seinerseits vor, aus Profitgier zu handeln.
Das sagen die Analysten
Obwohl JPMorgan-Analyst Samik Chatterjee grundsätzlich positiv für die Apple-Aktie gestimmt ist und trotz immer weiterer Rekordhochs ein "Overweight"-Votum hält, ist der Experte mit Blick auf das vergangene Jahresviertel alles andere als enthusiastisch: Die Vorbedingungen seien "dramatisch anders" als im Weihnachtsquartal und die kurzfristigen Gewinntreiber hätten sich seitdem deutlich abgeschwächt, schrieb er kürzlich.
Wegen einer nachlassenden Dynamik beim iPhone-Absatz insbesondere in China und bei den 5G-Geräten dürften die Erwartungen der Anleger für das zweite Quartal eher gedämpft sein, so Chatterjee. Positive Überraschungen könnten aber von den Produkten Mac und iPad ausgehen.
UBS-Experte David Vogt verwies unterdessen auf die monatlichen Smartphone-Auslieferungsdaten aus China, die im März im Jahresvergleich um 14 Prozent unter denen des Vorjahres gelegen hätten. Diese Verlangsamung im Vergleich zum Januar und Februar dürfte allerdings wohl erwartet worden sein und könnte sich auch im April und Mai fortsetzen.
Für Analyst Mitch Stevens vom Analysehaus RBC hat Apple seine Möglichkeiten aber noch längst nicht ausgeschöpft: Die Geschäfte mit iPhones und Dienstleistungen sorgten für hohe Barmittelflüsse und sicherten Apple zwar fundamental ab, das Apple-Auto und das Kryptowährung-Geschäft böten aber weitere Chancen, argumentiert er.
Dass Apple sein eigenes Elektro-Fahrzeug bald auf die Straße bringen könnte, scheint aber unwahrscheinlich. Der Konzern selbst habe anfänglich als Datum das Jahr 2020/21 angegeben, schrieb Bernstein-Experte Toni Sacconaghi nach einer hauseigenen Konferenz zu dem Thema. Inzwischen werde aber seit sechs Jahren an dem Fahrzeug gearbeitet, und der Analyst rechnet nicht vor 2024/25 mit dem Start - sofern das Auto überhaupt komme. Apple wäre dann aber wohl ein ernst zu nehmender Neuanbieter, die Auswirkungen dürften jedoch für die traditionellen Hersteller spürbarer sein als für den E-Autobauer Tesla, glaubt Sacconaghi.
Das macht die Apple-Aktie
Allgemein trauen die Experten den Apple-Aktien in den kommenden Monaten im Durchschnitt einen weiteren Anstieg zu. Das durchschnittliche Kursziel der von der Nachrichtenagentur Bloomberg erfassten Analysten liegt bei knapp 151 US-Dollar. Dabei raten 33 zum Kauf der Papiere, 9 sagen "Halten" und nur drei empfehlen einen Verkauf der Aktien.
Allerdings ist die Spanne der Kursziele recht hoch. Am optimistischsten sind die Experten von Evercore und Wedbush mit Zielen von jeweils 175 Dollar, während Rod Hall von der Investmentbank Goldman Sachs lediglich ein Ziel von 83 Dollar für angemessen hält. Er rät daher zum Verkauf der Papiere.
Der Analyst hält die Gewinnerwartungen des Marktes für 2022 für zu hoch, da das Wachstum des App-Stores nach der Corona-Pandemie nachlassen dürfte. Zudem könnten die Erlöse von Apple-TV sinken, falls der Konzern das kostenlose Jahresabbo abschaffen sollte, das es beim Kauf eines Gerätes gebe. Das sei aber weniger wahrscheinlich.
Die Aktie des wertvollsten börsennotierten Konzerns der Welt kam zuletzt nicht so richtig vom Fleck. Nach der rasanten Erholung vom Corona-Kursknick fehlt vorerst die Kraft für weitere Anstiege. Zwar ging es im Januar auf ein Rekordhoch von gut 145 US-Dollar nach oben, zum Befreiungsschlag und einem deutlichen Ausbruch aus der Konsolidierung reichte das aber nicht.
Der Kurs fiel zurück, zuletzt kosteten die Aktien mit 134,16 Dollar wieder so viel wie bereits Anfang September 2020. So schwankt der Kurs bereits seit August über weite Strecken zwischen rund 105 und etwa 140 Dollar.
Längere Phasen der Konsolidierung, also einer Periode, in der sich der Kurs unter dem Strich kaum bewegt oder wegen Gewinnmitnahmen der Anleger auch mal ein Stück weit zurückfällt, kamen in dem langjährigen Aufwärtstrend von Apple an der Börse aber immer wieder vor: Vom Herbst 2012 bis ins Jahr 2014 hinein, Mitte 2015 bis Anfang 2017, im Herbst/Winter 2018 sowie während der Corona-Krise.
Der langfristige Aufwärtstrend beeindruckt denn auch weiterhin: Auf Sicht von zwölf Monaten hat sich der Kurs in etwa verdoppelt, seit Anfang 2019 in etwa verdreieinhalbfacht. Binnen zehn Jahren ging es auf mehr als das Elffache nach oben. Set der Vorstellung der ersten iPhone-Generation Anfang 2007 summieren sich die Kursgewinne auf 4400 Prozent.
Mit einer Marktkapitalisierung von aktuell rund 2,26 Billionen Euro hat Apple inzwischen sogar dem saudi-arabischen Ölkonzern Aramco den Rang in Sachen Börsenwert abgelaufen. Der bringt es umgerechnet aktuell auf rund 1,9 Billionen Dollar. In dieser Liga mitspielen könnten derzeit nur große US-Techkonzerne wie Microsoft (1,96 Billionen), Amazon und die Google-Mutter Alphabet (1,54 Billionen).
Zum Vergleich: Der wertvollste deutsche börsennotierte Konzern ist der Walldorfer Software-Anbieter SAP mit einer Marktkapitalisierung von knapp 143 Milliarden Euro, gefolgt vom Autobauer Volkswagen mit rund 133 Milliarden Euro. Auch in Summe können die 30 Werte im deutschen Leitindex Dax in Sachen Börsenwert Apple nicht das Wasser reichen.