Gelungene Evolution
21.09.2016, 16:30 Uhr
Das iPhone 7 und das iPhone 7 Plus im Test
Mit dem iPhone 7 und dem iPhone 7 Plus bringt Apple einige Konzeptänderungen an den Start. Der Test zeigt, dass sich vor allem bei der Kamera und der Leistung viel getan hat.
Der Herbst kommt und es ist wieder Zeit für eine neue iPhone-Generation von Apple. Wie schon bei den Vorgängern wagt Apple aber keinen radikalen Schritt nach vorne, sondern setzt in erster Linie auf Evolution. Auf den ersten Blick werden wohl nur Kenner die Änderungen identifizieren, doch diesmal lohnt sich genaueres Hinsehen durchaus - denn Apple hat in vielen Details eine dauerhafte Veränderung eingeleitet und so einiges optimiert.
Das ist auch nötig, denn die iPhones müssen ihre traditionell hohen Preise rechtfertigen, die mit 759 bis 1.119 Euro sogar leicht über den Vorgängern liegen - dafür gibt es aber immerhin mit 32, 128 und 256 GB jeweils doppelt so viel Datenspeicher wie beim iPhone 6S. Für die meisten Anwender dürfte die mittlere 128-GB-Version, die 869 Euro mit dem kleinen Display und 1.009 Euro in der Plus-Variante kostet, völlig ausreichen.
Das Gehäuse folgt bei beiden Modellen der bekannten Apple-Designphilosophie und hat auch fast unveränderte Abmessungen. Eine Neuerung ist aber der Schutz vor Spritzwasser und Staub gemäß der Norm IP67, die 30 Minuten in einem Meter Wassertiefe umfasst. Apple empfiehlt aber trotzdem kein Untertauchen und übernimmt keine Garantie bei Wasserschäden. Hier folgt man den Gepflogenheiten anderer Hersteller. Aber zumindest hält das Smartphone jetzt mal Regen oder ein umgekipptes Glas unbeschadet aus.
Apple streicht den Klinkenstecker
Durch den 3,5-Millimeter-Klinkenstecker für den Kopfhörer kann auf jeden Fall kein Wasser mehr eindringen, denn es gibt ihn nicht mehr. Apple legt stattdessen ein kabelgebundenes Headset für den Lightning-Anschluss bei, was allerdings gleichzeitiges Musikhören und Laden unmöglich macht. Dafür soll es aber von Zubehöranbietern wie Belkin demnächst Lösungen geben – oder man greift gleich auf ein Bluetooth-Headset zurück.
Der Klang der mitgelieferten Kopfhörer ist etwas voller und weniger schrill als beim Vorgänger. Da sich die Form aber nicht verändert hat, schließen sie noch immer schlecht am Ohr ab. Das kleine Adapterkabel auf den alten Klinkenstecker, das ebenfalls im Paket liegt, verschlechtert den Klang dagegen vor allem bei teureren Kopfhörern. Deutlich voller und lauter als bisher sind dagegen die neuen Stereo-Lautsprecher im Smartphone selbst, die schon einen günstigen externen Lautsprecher ersetzen können.
Ansonsten beschränken sich die optischen Fortschritte auf Details wie den Wegfall der sichtbaren Antennenlinie auf der Rückseite oder die beiden neuen Farben Mattschwarz und glänzend Schwarz, wobei letztere sich mit Lieferzeiten von mehreren Wochen offenbar zum Bestseller entwickelt hat. Diese Version sieht tatsächlich sehr gut aus, scheint aber auch anfällig für Kratzer und Fingerabdrücke zu sein. Die Verarbeitung und die Qualität der Materialien sind wie von Apple gewohnt in allen Varianten erstklassig.
Eine weitere Veränderung sieht man nicht, kann sie aber fühlen: Die Menütaste unter dem Display ist jetzt kein physischer Knopf mehr, sondern eine kapazitive Touch-Oberfläche, die dank Apples Taptic Engine je nach Druckstärke reagiert und ein Feedback gibt. Zudem können App-Entwickler das Feature zum Beispiel in Spiele einbauen, man darf gespannt sein, was hier noch möglich ist. Dieses Element ist für alteingesessene iPhone- und iPad-Nutzer eine größere Umgewöhnung und zunächst nicht unbedingt ein Gewinn an Bedienkomfort. Zumindest der zuverlässig ansprechende Fingerabdrucksensor ist an seinem Platz im Menüknopf geblieben.
Doppelte Foto-Power
Die Vergrößerung funktioniert sehr gut, der zusätzliche zehnfache digitale Zoom, der ebenfalls nutzbar ist, fällt in der Qualität dann aber deutlich ab und zeigt eher grobe Pixel. Bis Ende des Jahres soll über ein Software-Update dann mit der Doppelkamera auch der so genannte „Bokeh-Effekt“ möglich sein, mit dem Objekte im Vordergrund scharf gestellt werden können, während der Hintergrund verschwimmt. Das kennt man bisher nur von teureren Digicams und seit kurzem vom Huawei P9.
Auch die normale Kamera des „kleinen“ iPhone 7 ist sehr gut und hat gegenüber dem Vorgänger auch einen optischen Bildstabilisator bekommen. Die Blende ist bei den Hauptkameras beider Modelle mit f/1.8 sehr groß und lässt deutlich mehr Licht durch, so dass der Blitz seltener gebraucht wird. Auch dieser ist mit jetzt vier LEDs viel heller geworden. Die Bilder der iPhone-7-Kameras wirken im Vergleich zum Vorgänger bei normalem Licht etwas besser als beim Vorgänger, vor allem was die Stärke der Farben betrifft. Bei schwachem Licht zeigt sich der Erfolg der vielen Maßnahmen dann noch deutlicher.
Mit jetzt sieben statt fünf Megapixeln hat auch die vordere Kamera bei der Auflösung zugelegt, deutlich wichtiger für die ebenfalls erkennbare höhere Bildqualität der Selfies ist aber der optische Bildstabilisator, der dazu gekommen ist.
Prozessor-Power: A10 Fusion macht Dampf
Wie in jeder neuen Generation üblich, hat Apple auch bei der Prozessorleistung nachgelegt und seinem hauseigenen Prozessor A10 Fusion jetzt vier statt zwei Kerne spendiert. Den normalen Speedtest mit Antutu konnten wir leider nicht durchführen, da er abstürzte. Ein anderer Benchmark wie Geekbench 4, wo das iPhone 7 gut 25 Prozent über dem Samsung Galaxy S7 und auch dem iPhone 6S lag, zeigt aber, dass hier das mit Abstand schnellste Smartphone an den Start geht.
Angesichts des bereits rasanten Vorgängers merkt man im alltäglichen Einsatz noch wenig vom neuen Temporausch, doch künftige Apps werden wohl zeigen, was das 7er wirklich kann. Das zischende Geräusch unter Volllast, das einige User bemerkt und in Foren thematisiert hatten, trat bei unseren Testexemplaren nicht auf; es gab allerdings eine spürbare Erwärmung im oberen Gehäusebereich.
Ein Verdienst des neuen Vierkern-Chips soll auch ein geringerer Stromverbrauch sein, der durch eine optimierte An- und Abschaltung von zwei der vier Kerne je nach Rechenbedarf erzielt wird. Im Alltag hielt das Plus-Modell mit seinem größeren Kraftspender bei normaler Nutzung knapp 1,5 Tage durch, was gut ist. Das kleinere iPhone 7 schaffte rund 10 bis 15 Prozent weniger Laufzeit. Allerdings dauert das Laden im Vergleich zu anderen Smartphones wie dem Galaxy S7 lange und ist auch nicht drahtlos möglich.
Das ebenfalls optimierte Display, das laut Apple einen neuen erweiterten Farbbereich bekommen hat, wirkt im ersten Eindruck lediglich bei der Helligkeit etwas besser als beim Vorgänger. Aber schließlich gehörte dieses schon zum Besten, was es derzeit gibt.
Fazit
Das neue iPhone ist ein sehr gelungenes Smartphone, das für viel Geld auch höchste Ansprüche befriedigt. Die Doppelkamera ist ein sehr innovatives Feature, das auch im Alltag einiges bringt. Ob andere Änderungen wie der haptische Menü-Button oder der Wegfall des Klinkensteckers dagegen wirklich ein Fortschritt sind, ist nicht so klar. Mit letzterem bewegt sich Apple wieder ein Stück weit weg von offenen Standards hin zu proprietären Lösungen. Kein Wunder, dass auch das aktuelle iPhone da Features wie MicroSD-Karten, Dual-SIM oder drahtloses Laden gar nicht erst unterstützt.