02.06.2009, 12:18 Uhr

Kommentar zur Übernahme der Freenet-DSL-Sparte

Für nur 123 Millionen Euro schnappt sich United Internet die Freenet-DSL-Kunden - was des einen Leid, ist des anderen Freud
Angenommen, Eckhard Spoerr hätte Freenet ein Jahr früher verlassen, wie hätte sich der Telekommunikationsmarkt wohl weiter entwickelt? Zunächst einmal hätte Freenet wohl kaum die Debitel-Group übernommen. Vielmehr hätte sich Spoerrs persönlicher Intimfeind Ralph Dommermuth mit seinem Konzern United Internet die DSL-Sparte von Freenet geschnappt, und der Service Provider Drillisch wäre mit den vielen Mobilfunkkunden der Freenet-Tochter Mobilcom glücklich geworden. Tatsächlich ging Spoerr aber erst kurz vor Weihnachten 2008 und hinterließ seinem Nachfolger sogar ein kleines Abschiedsgeschenk in Form der Breitbandsparte. Mit deren Verkauf hatte Spoerr ursprünglich "bis zu 500 Millionen Euro" einnehmen wollen, die zur Finanzierung der milliardenschweren Übernahme der Debitel-Group auch dringend benötigt wurden. An mangelndem Interesse seitens potenzieller Käufer war der Verkauf aber nicht gescheitert, die gebotenen Beträge erschienen dem Freenet-Boss schlichtweg zu gering.
Bei guten Weinen mag der Wert mit der Zeit steigen, beim ohnehin schwächelnden Breitbandgeschäft von Freenet war das jedoch offensichtlich nicht der Fall. Und so bekommt Spoerrs Nachfolger Christoph Vilanek für die rund 700.000 DSL-Kunden am Ende nur noch 123 Millionen Euro, davon 53 Millionen Euro in Form von Aktien der United Internet AG.
Zufrieden kann er mit diesem Verkaufspreis sicherlich nicht sein, denn noch vor einem halben Jahr wäre der Erlös um einiges höher ausgefallen. In einem halben Jahr hätte Vilanek jedoch noch einmal weniger Geld für die Breitbandkunden bekommen, und so war der Schritt auch zum jetzigen Zeitpunkt richtig. Während Spoerrs allzu langes Festhalten am Freenet-Thron für sein Unternehmen eher von Nachteil war, kann sich Ralph Dommermuth im Nachhinein sogar darüber freuen. Denn so günstig wie jetzt wäre er vorher nie an die Breitbandkunden des Konkurrenten gekommen. Mit der Übernahme der Freenet-Kunden macht Dommermuths Konzern zudem einen großen Sprung nach vorn in der Rangliste der DSL-Anbieter. Als künftige Nummer zwei hinter der Telekom überholt United Internet damit sogar Vodafone.
Diese Rangfolge könnte sich aber noch in diesem Jahr erneut ändern, wenn wie erwartet HanseNet den Besitzer wechselt und damit rund 2,3 Millionen DSL-Kunden neu verteilt werden. Diese werden allerdings kaum so günstig zu bekommen sein wie die Freenet-Kunden. Denn mit der spanischen Telefónica und Vodafone haben zwei Schwergewichte der Branche seit langem Interesse an den Hamburgern bekundet, und die werden dieses Kuchenstück nicht auch noch United Internet überlassen.



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