22.11.2013, 11:02 Uhr
Geplante Deregulierung treibt Telekom-Wettbewerber auf die Barrikaden
In den Koalitionsverhandlungen soll in Kürze ein Ende der Regulierung der Telekom im Festnetz beschlossen werden - unter bestimmten Voraussetzungen. Die Telekom erhofft sich damit mehr Stärke im internationalen Wettbewerb. Die deutschen Konkurrenten sehen dagegen ihre Existenz gefährdet.
Ein Punkt in den aktuell laufenden Koalitionsverhandlungen der künftigen Bundesregierung betrifft den Telekommunikationsmarkt in Deutschland – und hier speziell die Regulierung des einstigen Monopolisten Deutsche Telekom.
Getrieben von CSU-Chef Horst Seehofer soll die Telekom in naher Zukunft aus der Regulierung im Festnetz entlassen werden, zumindest teilweise. So soll in Gebieten, in denen ein Infrastrukturwettbewerb vorhanden ist, auf eine Regulierung der Telekom komplett verzichtet werden. Das beträfe zum Beispiel Städte wie Köln, wo neben der Telekom auch Anbieter wie zum Beispiel NetCologne oder die Kabelanbieter aktiv sind.
Hintergrund dieser Überlegungen: Die Deutsche Telekom sieht sich durch die Regulierung in ihren weltweiten Geschäften eingeschränkt, speziell im Vergleich zu anderen großen TK-Konzernen wie etwa AT&T oder Verizon. Der designierte Telekom-Chef Timotheus Höttges forderte in der WirtschaftsWoche unlängst: „Um den Rückstand gegenüber den US-Telekommunikations- und -Internet-Giganten aufzuholen, brauchen wir eine europäische Standortstrategie und neue, mutigere Deregulierungsschritte.“
Höttges hat dabei nicht nur die Telekom im Auge, entsprechende Maßnahmen – auch von Seiten der EU – kämen allen TK-Konzernen in Europa zugute, zum Beispiel auch Telefónica oder KPN. Bei Bundeskanzlerin Angela Merkel scheint er damit auf offene Ohren zu stoßen, sie sagte am Donnerstag: „Die gesamte Regulierung in Europa ist zu sehr auf Zersplitterung und niedrige Endkundentarife ausgerichtet und viel zu wenig auf Investitionen“.
Wie die Wettbewerber auf die Forderungen der Telekom reagieren, erfahren Sie auf den folgenden Seiten.
Was denken Sie: Soll die Telekom künftig weniger stark reguliert werden, damit sie sich im Konzert der internationalen TK-Konzerne eine bessere Position erarbeiten kann?
"Die Folgen wären verheerend"
Die Wettbewerber der Telekom treiben diese Äußerungen indes auf die Barrikaden, einige sehen sich damit sogar in ihrer Existenz gefährdet. „Die Folgen einer solchen regionalen Entlassung aus der Regulierung wären für Verbraucher, Unternehmen und die gesamte Wirtschaft in Deutschland verheerend“, so VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner.
Er verweist vor allem auf die Tatsache, dass weniger als fünf Prozent der Wettbewerber eine direkte Verbindung bis zum Kunden hätten und somit auf das Vorleistungsprodukt der Telekom, die Teilnehmeranschlussleitung (TAL), angewiesen seien. Zudem sei auch dort, wo Wettbewerb festgestellt werden kann, dieser überwiegend regulierungsbedingt und nicht selbsttragend.
Die Verbandsmitglieder des VATM befürchten nun, die Telekom würde nach dem Wegfall der Regulierung die TAL nicht mehr anbieten. Dieses Schreckensszenario erscheint allerdings gerade mit Blick auf die enormen Einnahmen, die die Telekom damit jedes Jahr macht, zumindest fragwürdig.
Entscheidung Mitte nächster Woche
Vom VATM kommt zudem die Kritik, dass die Telekom ihr Missmanagement im Ausland nun auf Kosten der Wettbewerber durch eine Deregulierung auszugleichen suche.
Und auch vom Breko, in dem die meisten Festnetz-Wettbewerber der Telekom organisiert sind, hagelt es Kritik an den Plänen der künftigen Regierung. „Es ist problematisch, wenn der Bund auf der einen Seite die Wettbewerbsspielregeln setzt, auf der anderen Seite aber gleichzeitig als Mehrheitsaktionär auf die Dividende des größten Players auf dem Markt angewiesen ist“, so Breko-Präsident Ralf Kleint.
Auf Nachfrage von Telecom Handel bei der Telekom erklärte ein Sprecher: "Wir kennen Details aus den Verhandlungen nicht und können uns deshalb nicht dazu äußern. Unabhängig davon begrüßen wir Initiativen, mit denen der Breitbandausbau in Deutschland vorangebracht werden kann."
Noch ist es allerdings nicht so weit, die Koalitionsverhandlungen sollen Mitte nächster Woche zu einem Abschluss gelangen. Doch selbst wenn eine Deregulierung dann abgenickt werden sollte, so ist sie damit noch lange nicht umgesetzt.