Kampf der Tablet-Newcomer
16.01.2014, 11:50 Uhr
Gigaset und LG wollen nach oben
Tablets mit kompakten Bildschirmdiagonalen liegen derzeit voll im Trend. Mit dem Gigaset QV830 und dem LG G Pad 8.3 müssen sich zwei spannende Neulinge der 8-Zoll-Klasse im Vergleichstest bewähren.
Der aktuelle Tablet-Boom bietet offenbar noch immer Platz für neue Anbieter. Das hat sich auch LG gedacht und unternimmt mit seinem neuen Tablet G 8.3 einen zweiten Anlauf, nachdem das erste Produkt Optimus Pad vor zwei Jahren ein Flop im Verkauf war – es zeigte sich technisch stark, war aber viel zu teuer. Mit einem Preis von 299 Euro für das G Pad 8.3, der zwischen dem vergleichbarer No-Name-Produkte, aber unter dem der Platzhirsche von Apple und Samsung liegt, zeigen die Koreaner, dass sie dazugelernt haben.
Sie treten allerdings auch gegen viel mehr Konkurrenz an als 2011. Zu den Newcomern gehört Gigaset, bisher als ehemalige Siemens-Abteilung der Maßstab bei schnurlosen Festnetztelefonen. Doch der neue Anteilseigner Goldin Fund will offenbar seine bisher als OEM-Produkte hergestellten Tablets aus chinesischer Produktion mit dem renommierten Label in Europa auf den Markt bringen und präsentierte nur wenige Monate nach dem Einstieg schon zwei Produkte mit acht und zehn Zoll. Im Test muss sich das kleinere QV830 beweisen, das es schon für 199 Euro gibt.
Die beiden Tablets treten in der 8-Zoll-Klasse an – also zwischen iPad mini und iPad Air. Damit bieten sie in puncto Größe und Gewicht eine ausreichende Handlichkeit gegenüber den großen 10-Zoll-Modellen. Das LG ist etwas länger und schmaler als das Gigaset, womit es besser in der Hand liegt. Sein Gehäuse mit der Rückseite aus gebürstetem Metall wirkt sehr hochwertig und solide. Auch das Gigaset trägt auf dem Rücken Metall, allerdings machen die Stirn und die Unterseite aus Plastik einen etwas billigen Eindruck. Bei beiden Tablets sind die Akkuabdeckungen fest verbaut.
Die Anschlüsse sind mit einem MicroUSB-Port, einem 3,5-mm-Klinkenstecker für ein Headset und einem MicroSD-Slot bei beiden Tablets gleich. Ungewöhnlich und bei der Bedienung etwas unpraktisch ist die Position des Ladesteckers an der Oberseite des Gigaset.
LG G Pad: Full-HD-Display und schneller Quadcore-CPU
Bei der Qualität des Displays hat ebenfalls der kleine Koreaner die Nase vorn: Mit 1.920 x 1.200 Pixeln bietet er volles HD und erreicht fast die Auflösung und Qualität des Retina-Displays im iPad mini. Auch die Farben und die Schärfe sind exzellent. Dank des schmalen Rahmens wird die Oberfläche gut durch das Display ausgenutzt, außerdem spiegelt die Anzeige weniger als bei vielen anderen Tablets.
Da kann das Gigaset nicht mithalten, doch der Unterschied ist im Alltag nicht so riesig, wie er anhand der reinen Daten erscheint. Wenn etwas auf den ersten Blick erkennbar ist, dann vor allem die deutlich geringere Leuchtkraft. Für normale Ansprüche ist diese aber ausreichend.
Mit ihren Quadcore-Prozessoren sind beide Tablets gut für alle Aufgaben des Alltags gerüstet. Das LG verwendet mit einem Snapdragon-1,7-GHz-Quadcore von Qualcomm einen der aktuell schnellsten Kerne, doch im Alltag sind auch beim mit 1,2 GHz etwas niedriger getakteten Cortex-Prozessor des Gigaset- Tablets keine Verzögerungen erkennbar.
Leider spart der deutsche Anbieter am Speicher, denn 8 GB sind wenig, auch wenn er sich durch MicroSD-Karten noch um 32 GB erweitern lässt. Schon im Lieferzustand stehen dem Anwender gerade noch 5,1 GB zur Verfügung. Der Arbeitsspeicher ist mit 1 GB im üblichen Rahmen der Klasse dimensioniert.
LG bietet sowohl beim Arbeits- als auch beim Datenspeicher jeweils doppelt so viel Kapazität, auch wenn von den 16 GB Datenspeicher hier nur knapp 11 GB zur Verfügung stehen. Bei der Akzeptanz von MicroSD-Karten hat das G Pad mit der Möglichkeit, bis zu 64 GB nachzurüsten, ebenfalls die Nase vorn.
Gigaset setzt auf Puristen-Android
Bei beiden Tablets gibt es kein Mobilfunkmodul, sie gehen nur im WLAN oder über ein per Bluetooth verbundenes Smartphone online. Den schnellen AC-Standard beherrschen beide allerdings noch nicht. Gigaset hat zudem eine Variante mit Mobilfunkmodul angekündigt; dass LG hier nachzieht, ist eher unwahrscheinlich, auch wenn der Hersteller in Korea durchaus Tablets mit dieser Ausstattung im Portfolio hat.
Die Erfahrung von LG im Mobilfunk spürt man beim G Pad 8.3 zumindest bei der sehr sinnvollen Software namens „Q Pair“, die eine Verbindung zu Smartphones aufbaut. Nach dem Koppeln überträgt diese auch Nachrichten und Anrufe vom Telefon in Echtzeit auf das Tablet.
Ein nettes Feature ist auch der Infrarot-Sender an der Stirnseite des LG-Tablets, mit dem es in Kombination mit der App Quick Remote als Fernbedienung für Fernseher und andere Geräte genutzt werden kann. Einen direkten HDMI-Anschluss haben beide Tablets nicht, beim LG kann aber der Micro-USB über einen zusätzlich zu erwerbenden Adapter entsprechend genutzt werden.
Die Bedienung erfolgt bei Gigaset über das bewährte Standard-Interface von Android 4.2, der Hersteller hat sich sehr mit Modifikationen zurückgehalten und verzichtet auch weitgehend auf zusätzlich aufgespielte Apps. Das werden manche Puristen mögen, doch gerade Tablet-Einsteiger würden wohl gern Apps wie Facebook bereits auf ihrem Gerät vorfinden.
Patt im Kameravergleich
Das LG dagegen bietet eine Fülle zusätzlicher Möglichkeiten und auch eine optisch aufgepeppte Benutzeroberfläche: So kann der Anwender selbst die Position der virtuellen Android-Tasten am unteren Bildschirmrand verändern oder das Gerät per Doppeltipp auf das Display aus dem Standby-Modus „aufwecken“. Zudem kann er bis zu sechs Apps bereits für den Direktzugriff im Sperrbildschirm ablegen.
Praktisch ist auch die Notizfunktion, die es ermöglicht, per Finger Bildschirminhalte wie Fotos oder Kartenausschnitte mit Anmerkungen zu versehen. Bei ausgewählten Apps funktioniert auch „ Qslide“, ein Feature, mit dem der Anwender Apps durch eine Wischbewegung verkleinern oder auch ganz in den Hintergrund stellen kann. Selbst Videos laufen dort aber weiter, was echtem Multitasking entspricht. Insgesamt gewinnt man den Eindruck, dass LG viel Arbeit in die Software gesteckt hat und ähnlich wie Samsung bei seinen Tablets dadurch einen echten Mehrwert für den Anwender bieten kann.
Interessant sind die Unterschiede bei den Kameras: So bieten beide Modelle ähnliche Auflösungen von 1,2 (Gigaset) und 1,3 Megapixeln (LG) vorn und jeweils 5,0 Megapixeln auf der Rückseite. Die Rückkamera wirkt beim LG deutlich besser, besonders was die Schärfe und die Farbwiedergabe betrifft. Zudem ist sie schnell betriebsbereit, hat mehr Einstellmöglichkeiten und löst ohne Verzögerung aus. Das Gigaset hat vor allem Probleme bei schwachen Lichtverhältnissen und stellt Farben blasser dar. Auf ein Fotolicht oder einen Blitz verzichten allerdings beide.
Bei der Frontkamera,die vorwiegend der Videotelefonie dienen soll, ist es umgekehrt: Hier bietet Gigaset mehr Helligkeit und bessere Farben. Beim LG fallen vor allem die schwachen Farben und eine leichte Unschärfe auf.
Was die Akkuleistung betrifft, liegen beide Tablets im Durchschnitt der Klasse. Der Kraftspender des Gigaset hat eine Kapazität von 3.260 mAh, was laut Hersteller für zehn Stunden Surfvergnügen reichen soll – nach unseren Testerfahrungen ein sehr optimistischer Wert. Das LG bietet mit 4.600 mAh deutlich mehr Power, hält aber im Alltag ähnlich lang durch.