Ausprobiert
01.08.2023, 10:51 Uhr
Googles solides Tablet-Comeback
Beim ersten Versuch, erfolgreiche Tablets zu bauen, ging Google schnell die Luft aus. Nun nimmt der US-Konzern einen neuen Anlauf. Wird der von mehr Erfolg gekrönt sein?
Google hatte in der Vergangenheit keine glückliche Hand mit Tablets. Dabei fing vor elf Jahren alles sehr vielversprechend an: Das Tablet Nexus 7 erzielte als preiswerte Alternative zum iPad von Apple zumindest einen Achtungserfolg. Der Nexus-Nachfolger Pixel Slate fiel jedoch bei den Kunden durch. Danach zog sich Google aus dem Tablet-Markt zurück - vorerst.
Denn nun meldet sich der US-Konzern mit einem Tablet namens Pixel zurück. Es handelt sich um ein Android-Gerät, das mit einer magnetischen Ladestation ausgeliefert wird. Das Dock versorgt das Tablet nicht nur mit Strom, sondern verwandelt es auf Wunsch auch in ein smartes Display. Mit dem Dock kann man dem Tablet in der Wohnung einen festen Platz zuordnen und es von dort immer frisch geladen an sich nehmen.
Ohne das mitgelieferte Dock sieht das Pixel wie ein ganz normales Tablet aus. Es wird in den Farben Porcelain (Weiß) und Hazel (Grüngrau) angeboten. Die Namen der Farben klingen zierlich, dabei ist das Gehäuse sehr robust. Es besteht vollständig aus Aluminium und ist mit einer Nano-Keramik überzogen, die dem Gerät eine leicht strukturierte Haptik verleiht. Damit ist es sehr kratzunempfindlich. Und man sieht auf der Oberfläche auch keine Fingerabdrücke.
Ein Schalter in der Versenkung
Entsperrt wird das Pixel Tablet mit einem leicht versenkten Fingerabdrucksensor, der an der Längsseite angebracht ist und auch als Ein-Aus-Schalter dient. Diese Anordnung bewährt sich im Alltag, weil man den Schalter ohne Hinschauen mit dem Finger findet und nicht mit dem benachbarten Wippschalter für die Lautstärke verwechselt.
An der unteren Längsseite befinden sich zwei schmale Silikonpuffer, die das Tablet wohl vor Kratzern und Dellen schützen sollen, wenn man das Tablet aus Versehen mit zu viel Schwung aus dem Dock zieht
An den Querseiten des Tablets befinden sich jeweils zwei Lautsprecher, die sowohl im Hoch- als auch im Querformat für Stereoklang sorgen. Befindet sich das Pixel im Dock, dann wird sofort auf die Lautsprecher in der Ladestation umgeschaltet. Die haben mehr Wumms und bringen auch Bässe zur Geltung.
An den Querseiten des Tablets befinden sich jeweils zwei Lautsprecher, die sowohl im Hoch- als auch im Querformat für Stereoklang sorgen. Befindet sich das Pixel im Dock, dann wird sofort auf die Lautsprecher in der Ladestation umgeschaltet. Die haben mehr Wumms und bringen auch Bässe zur Geltung.
Schade ist, dass die Google-Entwickler sich dafür entschieden haben, beim angedockten Pixel die Lautsprecher des Tablets selbst zu deaktivieren, denn diese klingen in den Höhen etwas klarer als die Lautsprecher im Dock.
Das Display des Pixel Tablet Display ist elf Zoll groß und kann nicht mit Spitzenwerten aufwarten. Da der Bildschirm bei vielen Anwenderinnen und Anwendern vermutlich mehr oder weniger nie ausgeschaltet wird, konnte Google kein OLED-Panel verbauen. Das wäre zwar insbesondere beim Videoschauen wegen der satteren Schwarztöne von Vorteil gewesen.
OLED brennen aber leicht ein, wenn stundenlang dasselbe Motiv angezeigt wird, wie dies beim Pixel Tablet im Dock durchaus möglich sein kann. Daher hat sich Google für ein herkömmliches LCD-Panel mit einer Auflösung von 1600 mal 2560 Pixel entschieden.
Mit einer Bildwiederholfrequenz von nur 60 Hertz liegt das Pixel auch nicht besonders weit vorn. Manche Spitzen-Tablets aus der Android-Welt, aber auch die aktuellen Pixel-Smartphones bieten hier das Doppelte. Im Test hat sich dies allerdings als wenig störend herausgestellt.
Flüssiges Scrollen und kräftige Farben
Webseiten scrollen flüssig und auch bei Games gab es keine Ruckler. Die Farben erscheinen kräftig. Wem die Anzeige zu bunt erscheint, kann in den Farbeinstellungen vom Standardwert "Adaptiv" zur gedämpfteren Option "Natürlich" wechseln.
Anwender, die sonst mit einem iPad unterwegs sind, müssen sich an das ungewohnte Seitenverhältnis gewöhnen. Bei Apple-Tablets liegt das bei 4:3, Google hat sich für das Breitformat 16:10 entschieden, das besonders gut für das Anschauen von Videos geeignet ist. Apps wie Netflix und Youtube sind auch schon für dieses Format optimiert, viele andere Anwendungen aber noch nicht. Auch beim Lesen und Schreiben ist man mit 4:3 besser bedient.
Apropos Schreiben: Für das Pixel Tablet gibt es derzeit keine passende Hülle mit eingebauter Tastatur. Wer also längere Texte auf dem Google-Gerät tippen möchte, muss entweder eine separate Bluetooth-Tastatur andocken, die aber eigentlich nicht für das Tablet gedacht ist. Oder die Bildschirmtastatur muss eben genügen. Als Laptop-Ersatz hat Google das Pixel jedenfalls nicht ins Rennen geschickt.
Immerhin bietet Google die beste Diktierfunktion auf dem Markt, obwohl sich in diesem Bereich mit dem Höhenflug der Künstlichen Intelligenz eine Menge tut und KI-Apps wie Whisperboard und Aiko zum Teil beeindruckende Ergebnisse (auch auf dem iPad) liefern. Das Pixel ist in Sachen KI aber auch ohne Hilfe von Drittanbietern mit dem Prozessor Tensor G2 gut aufgestellt und ermöglicht zum Beispiel auch offline die Erkennung von Musikstücken.
Wie die aktuellen Pixel-Smartphones kann man dank der KI-Power des Tensor G2 in Fotos mit dem «magischen Radierer» Menschen oder störende Objekte aus den Bildern entfernen. Die Leistung des Pixel Tablet reicht auch locker dazu aus, um problemlos zwei Apps im Multitasking nebeneinander auszuführen. Und wenn die verwendeten Apps diese Funktion richtig unterstützen, funktioniert das auch ganz gut.
Der integrierte 27-Wattstunden-Akku ermöglicht bis zu zwölf Stunden Videostreaming. Bei 3D-Games ging dem Pixel Tablet nach neun Stunden die Puste aus. Damit schlägt sich das Google-Gerät im Vergleich zu aktuellen Tablets von Apple, Samsung und Lenovo sehr ordentlich.
Drei Jahre Softwareupdates versprochen
Etwas schlechter sieht die Bilanz in Sachen Software-Updates aus: Google verspricht die Unterstützung von neuen Android-Versionen für die nächsten drei Jahre und fünf Jahre Sicherheitsupdates. Das ist okay, aber nicht wirklich spitze. Apple bietet für die iPads deutlich mehr: So läuft das neue iPadOS 17 auch noch auf dem iPad (6. Generation), das 2018 auf den Markt kam.
Schade ist, dass das Pixel Tablet nicht auch wie ein Nest Hub von Google einen Platz auf dem Nachttisch im Schlafzimmer finden kann, denn das Display schaltet sich nicht automatisch aus, sobald es im Zimmer dunkel ist. Im Dock regelt das Tablet zwar im Dunkeln die Displayhelligkeit herunter, bleibt aber zu hell, um ungestört einschlafen zu können. Daher wird das Pixel seinen Platz in Wohnzimmer, Küche oder Bad finden, wo das Always-on-Display nicht stört.
Fazit: Die Rückkehr von Google in den Tablet-Markt ist mit dem Pixel durchaus gelungen. Allerdings ist das Gerät vergleichsweise teuer, gemessen daran, dass es keine optimierte Tastaturunterstützung und kein Spitzendisplay gibt. Das Pixel Tablet kostet knapp 680 Euro (128 Gigabyte Speicher). Für den doppelten Speicherplatz wird ein Aufpreis von 120 Euro fällig.
Zum Vergleich: Ein aktuelles iPad (10,9 Zoll) ist ab 580 Euro zu haben. Dafür bekommt man bei Google aber auch ein Dock mitgeliefert, das die Konkurrenz nicht bieten kann. Von dem wiedererwachten Interesse am Tablet-Markt werden perspektivisch aber auch andere Tablets mit dem Android-System profitieren, sollte es Google gelingen, der bislang stiefmütterlichen Anpassung von Android-Apps an den Tablet-Formfaktor ein Ende zu setzen.