Oberklasse-Smartphone
04.07.2019, 12:58 Uhr
LG G8S ThinQ im Test: Gesten ohne Wirkung
LG spendiert dem G8S ThinQ eine innovative Gestensteuerung. Im Test zeigt diese allerdings noch einige Schwächen, auch wenn das Smartphone sonst überzeugt.
Das Rätsel ist gelöst: Nachdem LG im Frühjahr auf dem Mobile World Congress angekündigt hatte, sein neues Smartphone der G-Serie, das G8, in Deutschland nur in der S-Version als G8S ThinQ zu bringen, gab es einige Verwirrung um die Ausstattung. Doch jetzt geht das Oberklassemodell hierzulande in den Verkauf und bringt dort doch eine gute Liste an Features mit. Zur Attraktivität des Angebots dürfte auch das Bundle zum Start beitragen, das neben dem G8S noch einen 43-Zoll-Smart-TV des Herstellers bei Bestellungen bis zum 31. Juli umfasst.
Mit 769 Euro ist das Smartphone preislich unter den Top-Modellen der Konkurrenz platziert, die Ausstattung ist auf den ersten Blick trotzdem komplett. So nutzt es mit dem Snapdragon 855 den derzeit besten Prozessor für Android-Geräte, der von guten 6 Gigabyte Arbeitsspeicher unterstützt wird. Im Antutu-Benchmark kommt es auf 325.000 Punkte und ist damit auf Augenhöhe mit dem Samsung Galaxy S10 oder dem Huawei P30.
Auch das OLED-Display ist von hoher Qualität, allerdings hat es eine fast vier Zentimeter breite Notch im oberen Bereich, auch der untere Rand ist etwas breiter als bei anderen Smartphones dieser Preisklasse. Praktisch ist die Always-on-Funktion, die auch im Ruhezustand die Uhrzeit, den Akkustand und eingehende Nachrichten anzeigt. Die übrige Ausstattung ist ebenfalls weitgehend komplett: So können die 128 Gigabyte Datenspeicher durch einen Hybrid-Slot, der alternativ eine zweite SIM-Karte schluckt, per MicroSD erweitert werden. Der Akku, der mit seinen 3.550 mAh für etwa einen Tag intensiven Betriebs reicht, lässt sich drahtlos im QI-Standard laden.
Die Hand als Sicherheit
Alleinstellungsmerkmale des LG-Smartphones sind die Gestensteuerung und das Entsperren mit der Handfläche, die über die Frontkamera gesteuert werden. Die Idee ist zwar gut, doch die Umsetzung noch nicht. So erkennt die Kamera die Venenstruktur der Handfläche nur, wenn diese sehr genau und im richtigen Abstand davor gehalten wird. Selbst dann funktioniert es nicht immer auf Anhieb, so dass der Anwender schnell die Geduld verliert. Das Entsperren per 3-D-Gesichtserkennung funktioniert dagegen zuverlässig und zur Not hat LG ja auch noch einen klassischen Fingerabdruck-Sensor auf der Rückseite des Gehäuses platziert.
Auch die Steuerung diverser Funktionen mit Wischgesten vor der Frontcam reagiert selten auf Anhieb und dann auch nur bei einer bestimmten Entfernung – hier bleibt zu hoffen, dass durch Software-Updates nachgearbeitet wird. Denn eigentlich macht es ja durchaus Spaß, etwa eingehende Anrufe einfach wegzuwischen oder die Musik mit einer Drehknopfgeste lauter zu stellen.
Auf der Rückseite des Gehäuses gibt es eine Dreifachkamera, die neben der Hauptlinse mit 12 Megapixeln und einer Blende von f/1.8 noch eine 13-Megapixel-Weitwinkellinse für Aufnahmen mit bis zu 136 Grad und ein Teleobjektiv für zweifachen optischen Zoom hat. Als eines der ersten Geräte ermöglicht das G8S einen Bokeh-Effekt mit unterschiedlicher Schärfe auf Vorder- und Hintergrund auch in Videos. Die Qualität der Fotos ist grundsätzlich gut, allerdings wirken die Farben etwas blass und bei schwachem Licht erreichen Top-Kameras wie die von Huawei und Samsung eine klar bessere Schärfe und Aufhellung.
Die quer positionierte Kameraeinheit ragt leicht aus dem oberen Teil der Rückseite heraus, die aus gehärtetem Glas besteht. Dieses glänzte bei unserem Testgerät zwar recht schön, zeigte aber auch schnell eine massive Verschmutzung durch Fingerabdrücke und erwies sich als sehr rutschig. Die Verarbeitung ist dagegen sehr gut und auch den klassischen Klinkenstecker für ein Headset hat LG nicht vergessen. Der Klang über diesen Ausgang ist überdurchschnittlich. Warum der Hersteller allerdings auf den Digital-Analog-Wandler (DAC) verzichtet hat, der in früheren Flaggschiffen der Koreaner für überragenden Hörgenuss gesorgt hat und eines der letzten Alleinstellungsmerkmale von LG-Geräten war, ist nicht nachvollziehbar.