Smartphone-Test
13.02.2019, 16:47 Uhr
13.02.2019, 16:47 Uhr
Aufsteiger gegen Spätstarter: View 20 und V40 ThinQ im Test
Mit dem View 20 und dem V40 ThinQ starten Honor und LG ins Smartphone-Jahr. Beide setzen unterschiedliche Akzente bei der Technik und vor allem beim Design.
Bei LG gab es in den vergangenen Jahren trotz technisch immer wieder überzeugender Smartphones viele Probleme im Verkauf in Deutschland. Auch das neue Flaggschiff V40 ThinQ steht für dieses Dilemma, denn es wurde bereits im Herbst in Asien auf den Markt gebracht, während der Start hierzulande für immerhin 899 Euro erst jetzt erfolgt – und die nächste Generation der Konkurrenten schon in den Startlöchern steht. Zu dieser gehört auch das View 20, mit dem die Huawei-Tochter Honor verstärkt in die Oberklasse vorstoßen will. Es kostet in der Basisversion 569 Euro mit 6 GB Arbeits- und 128 GB Datenspeicher, wir haben die teurere Variante mit 8 und 256 GB für 649 Euro getestet.
Dafür gibt es ein schickes Design: Die gläserne Rückseite des Honor schimmert metallisch mit einem V-förmigen Muster, was besonders bei unserem blauen Testmuster ein echter Hingucker ist. Ansonsten ist das an den Ecken abgerundete Gehäuse mit dem Metallrahmen sehr gut verarbeitet, allerdings ist es mit 180 Gramm ein kleines Schwergewicht. Wie beim LG sitzt der Fingerabdruck-Sensor auf der Rückseite unterhalb der Kamera.
Auch die Koreaner verwenden bei ihrem V40 ThinQ Glas für die Rückseite, das metallisch glänzt und erstaunlich unauffällig für Fingerabdrücke ist. Hier ist die Verarbeitung ebenfalls erstklassig und das Gewicht von 168 Gramm für ein Smartphone mit so großem Display nicht zu hoch. Im Gegensatz zum Vorgänger sitzt der Einschaltknopf nun wieder an der rechten Seite und nicht mehr im Fingerabdruck-Sensor. Neu ist die spezielle Taste zum Aufruf des Google Assistant an der linken Seite.
Honor erklärt zwar, dass das View 20 vor Spritzwasser geschützt ist, traut sich aber nicht an eine echte Zertifizierung, während LG dem Standard IP68 folgt, demnach das Gerät 30 Minuten in 1,2 Metern Wassertiefe dicht halten soll.
OLED vs. LCD
Trotz gleicher Diagonale von 6,4 Zoll zeigen sich beide Displays sehr unterschiedlich: Während LG einen OLED-Bildschirm verbaut, der vor allem bei der Darstellung von dunklen Flächen Vorteile hat, setzt Honor auf ein günstigeres LC-Display. Dieses ist zwar ebenfalls scharf und hell, gerade im direkten Vergleich fällt es jedoch leicht zurück. Gefallen können die umfangreichen Einstellungen und die gute Anpassung der Helligkeit. Der Konkurrent bietet aber nicht nur eine höhere Auflösung, sondern auch bei den Farben eine sehr schöne natürliche Darstellung.
Unterschiedliche Konzepte gibt es bei der Platzierung der Frontkameras: LG hat eine typische Notch, eine Aussparung im Display, die knapp ein Drittel der Bildschirmbreite am oberen Rand beansprucht, um die zwei Linsen der Frontcam und einen Lautsprecher unterzubringen. Das Honor hat in der linken oberen Ecke des Bildschirms ein rundes Loch mit 4,5 Millimetern Durchmesser, das die Linse der Selfiecam aufnimmt. Optisch ist das die elegantere Lösung.
Wenn es um die Geschwindigkeit geht, gibt sich keines der beiden Geräte die Blöße. Der Kirin-980-Prozessor von Huawei bringt das Honor im Antutu-Benchmark auf über 275.000 Punkte, was es zu einem der aktuell schnellsten Android-Geräte macht. Hier helfen auch die satten 8 GB Arbeitsspeicher in der Top-Version. LG bietet hier „nur“ 6 GB und mit dem Snapdragon 845 den Top-Prozessor des Vorjahres von Qualcomm. Damit erreicht es 240.000 Benchmark-Punkte, was ebenfalls sehr gut ist, angesichts des Preisunterschieds zum günstigeren Konkurrenten auch mehr sein könnte. In der Praxis sind die Unterschiede aber praktisch irrelevant. Allerdings wird das LG unter Belastung deutlich wärmer als der Konkurrent.
Beim Datenspeicher steht es dann wieder unentschieden: Mit 128 GB bietet das LG zwar nur die Hälfte der getesteten Top-Version des Honor, doch dafür hat es einen Slot für eine MicroSD-Karte zur Erweiterung. Es kommt auch mit dem aktuellen Android 9 in der Kombination mit der hauseigenen Oberfläche Magic UI und einigen überflüssigen Apps. LG bringt das V40 ThinQ dagegen noch mit der alten Version 8 und nennt auch keinen konkreten Termin für ein Update – hier merkt man, wie alt die Entwicklung eigentlich ist. Die Benutzeroberfläche ist mit einigen horizontalen Menüs gewöhnungsbedürftig, aber nach einer Weile gut zu bedienen.
Standfester Akku
Eine sehr gute Leistung liefert das Honor bei der Akkulaufzeit ab, denn der große 4.000-mAh-Kraftspender lässt es zwei Tage im Normalbetrieb durchhalten. Die Schnellladefunktion füllt den Akku in etwa 1,5 Stunden wieder komplett, das LG braucht trotz eines kleineren Akkus, der etwa einen Tag durchhält, etwa 15 Minuten länger. Dass man bei Honor in dieser Preisklasse auf drahtloses Laden verzichtet, ist allerdings ärgerlich.
Auch die Kameras sind höchst unterschiedlich, denn nach dem Trend zu vielen Linsen, den auch LG mitgeht, überrascht Honor mit nur jeweils einer Linse vorne und hinten. Die Hauptkamera hat auf dem Papier stolze 48 Megapixel Auflösung, doch dahinter steckt der Trick, dass der von Sony zugelieferte Sensor MX586 eigentlich 12 Megapixel hat, aber für eine Aufnahme 4 Pixel zusammenrechnet. So kann recht gut nachträglich in den Bildern gezoomt werden. Etwas irreführend ist eine zweite Linse auf der Rückseite, doch diese schießt keine Bilder, sondern misst lediglich die Tiefe per Infrarot, was auch für 3D- und Bokeh-Effekte sorgt. Die Bilder des View 20 sehen sehr gut aus, selbst bei schwachem Licht. Sie erreichen aber noch nicht die Schärfe und Aufhellung der 20er-Serie von Huawei. Der Fotograf wird von einer zuschaltbaren AI-Funktion unterstützt, die Motive erkennt und entsprechend belichtet, allerdings übertreibt diese manchmal und setzt zu knallige und unnatürliche Farben.
Die Dreifach-Kamera des LG bietet dem Anwender einige Möglichkeiten und Zusatzfunktionen, auch die Bilder gefallen durch gute Schärfe und realistische Farben. So kann er ganz normal die 12-Megapixel-Hauptkamera nutzen, die mit einer großen Blende von f/1.5 auch bei wenig Licht gute Bilder schießt, oder die Weitwinkellinse verwenden, die Motive auf bis zu 107 Grad aufnimmt und das mit deutlich weniger abgerundeten Randbereichen als bei früheren Modellen mit diesem Feature. Die dritte Kamera bringt schließlich noch einen zweifachen optischen Zoom.
Die Frontcam des Honor fällt dagegen trotz der hohen Auflösung von 25 Megapixeln etwas hinter die des LG zurück. Denn die Bilder des View 20 werden mangels Autofokus nicht immer dort scharf, wo es nötig ist, und auch die Farben erscheinen unnatürlich. Die Koreaner setzen gleich zwei Linsen ein, was unter anderem einen Weitwinkel von 90 Grad für Gruppen-Selfies ermöglicht. Die Bilder wirken insgesamt etwas schärfer und vor allem bei den Farben weniger künstlich.
Auch beim Sound geht die Wertung klar an das LG, denn das Honor hat noch nicht einmal Stereo-Lautsprecher und erreicht nur bei wenig Lautstärke noch einen ordentlichen Klang. Das V40 hat zwar auch nur einen Speaker, nutzt aber die ganze Rückseite des Geräts als Resonanzkörper, was es für ein Smartphone voll und laut klingen lässt. Auch per Headset gehört der Klang mit zum Besten, was derzeit am Markt ist. Positiv ist, dass beide Hersteller noch einen 3,5-Millimeter-Headset-Anschluss einbauen: Beim LG sitzt dieser unten, beim Honor oben am Gerät.