Energievermarktung 18.12.2013, 11:30 Uhr

TK-Branche unter Spannung

Mangelnde Profitabilität, starke Konkurrenz aus dem Web, durch Insolvenzen von FlexStrom und TelDaFax verunsicherte Kunden - Brodos und Aetka sind aus dem Geschäft mit Strom und Gas ausgestiegen. Telecom Handel zeigt, warum sich die Energievermarktung für den TK-Fachhandel trotzdem lohnen kann und welche Rolle Smart-Home-Lösungen dabei spielen.
(Quelle: © Superingo - Fotolia)
Mangelnde Profitabilität, starke Konkurrenz aus dem Internet, geringe Margen - zum Jahresende ziehen sich mit Brodos und Aetka zwei wichtige TK-Unternehmen aus der Energievermarktung zurück. "Aus unserer Sicht ist ein zweistufiges­ Vertriebsmodell für Energietarife nicht mehr sinnvoll", betont Aetka-Vorstand Uwe Bauer.
Zwar sei über lange Zeit das Geschäft mit Strom- und Gasverträgen gut gelaufen. Eine Zäsur war jedoch die spektakuläre Pleite des Discounters TelDaFax im Jahr 2011, im Zuge derer viele Kunden ihre im Vorfeld geleisteten Jahreszahlungen verloren hatten. Weiterhin hat die Insolvenz von Flexstrom in diesem Frühjahr den Markt zusätzlich ins Stocken gebracht und die Verunsicherung vieler Kunden noch einmal verstärkt. Laut Bauer rechtfertigt heute das Volumen der Energieverträge, die noch über die Aetka-Partner abgeschlossen werden, jedoch nicht mehr den dafür notwendigen Aufwand.
Dass die Energievermarktung kein Selbstläufer ist, zeigt auch das Beispiel von Brodos. "Wir haben mehrfach versucht, das Thema mit unseren Partnern anzuschieben. Gescheitert sind die Versuche am mangelnden Interesse des Handels und vieler Kunden, so dass die Profitabilität nicht mehr gegeben war", erklärt Stefan Vitzithum, Vorstand Einkauf und Key Account beim Baiersdorfer Distributor. Die Chance, einen Stromvertrag im Mobilfunk-Shop abzuschließen, sei eher gering.
Der Grund hierfür: Viele Kunden nutzen Online-Portale wie Check 24 oder Verivox, um sich über Anbieter und Konditionen zu informieren - und nur die wenigsten Fachhändler seien in der Lage, bei diesen Preisvergleichen am PoS mitzuhalten. Erschwerend komme die vergleichsweise unattraktive Margensituation im Energiebereich hinzu.

Gute Geschäfte mit Strom und Gas

Im Gegensatz dazu sind mit Municall und Phone+ noch zwei TK-Großhändler in der Energievermarktung aktiv. Auch die Mitglieder in den CE-Verbundgruppen Expert und ElectronicPartner können ihren Kunden nach wie vor Strom- und Gasverträge anbieten. Während für die Distributoren dabei das Cross-Selling-Potenzial und die Möglichkeit, zusätzliche Kunden in die Shops zu locken, im Vordergrund steht, geht es bei den Verbundgruppen eher um die Abrundung des Sortiments und um die Vollständigkeit des Dienstleistungsangebots.
Der Ausstieg zentraler Player aus dem Energiegeschäft legt jedoch den Schluss nahe, dass sich die anfängliche Euphorie für die Stromvermarktung über den TK-Fachhandel zum Teil gelegt hat. Ungebrochen optimistisch ist jedoch die Einschätzung der Energie-Distributoren: "Wir haben mittlerweile Shops, die rein vom Energievertrieb leben. Ein TK-Händler kann dies auch, wenn er im Thema fit ist und aktiv seine Kunden darauf anspricht", ist Jens Hagel, Vertriebsleiter bei PortalHaus, überzeugt.
Denn gerade bei Kunden, die selbst schon schlechte Erfahrungen mit ihrem unseriösen - oder insolventen - Anbieter gemacht haben, können Fachhändler mit ihrer Beratungskompetenz und Expertise punkten. "Die Vertragszahlen sind unmittelbar nach Bekanntgabe der Flexstrom-Insovlenz stark angestiegen - gut für unsere Fachhändler", freut sich Alexander Albert, Geschäftsführer von HFO Energy.

Energiesparen leicht gemacht

Ob sich die Energievermarktung lohnt und zum wirtschaftlichen Erfolg führt, hängt am Ende vom eigenen Engagement ab. Manchmal sind dafür aber auch neue Denkansätze und kreative Ideen gefragt. Denn: Eine Folge der deutlich gestiegenen Strompreise ist die gesteigerte Sensibilität der Endverbraucher. Und genau diese kann sich der TK-Fachhandel zunutze machen.
Zwar ist ein Anbieterwechsel eine naheliegende Möglichkeit, Energiekosten zu senken. Ein anderer Weg besteht darin, durch den Einsatz von Heizungssensoren oder programmierbaren Steckdosen Energie zu sparen - Stichwort Smart Home. Und das wiederum ist ein Thema, für das sich in jedem Beratungsgespräch ein Anknüpfungspunkt ergeben sollte. Denn sparen will letztlich jeder.
Im Interview mit Telecom Handel erläutert Holger Neinhaus, Partner bei SMP Strategy Consulting, warum die Energievermarktung nach wie vor interessant für TK-Fachhändler sein kann - und welche Cross-Selling-Möglichkeiten sich durch den Verkauf von Smart-Home-Lösungen ergeben.
Telecom Handel: Mit Aetka und Brodos haben sich zwei wichtige TK-Unternehmen aus dem Geschäft mit Strom- und Gastarifen zurückgezogen. Ist die Energievermarktung für den TK-Fachhandel überhaupt noch ein Thema?
Holger Neinhaus: Energieprodukte sind von jeher eher eine Randerscheinung im TK-Markt und es hat nie richtig funktioniert, sie über den Fachhandel zu verkaufen. Die Provisionen sind zu gering und die Kunden kommen nicht, um im Handy-Shop einen Stromvertrag abzuschließen. Dazu nutzen sie das Internet.
Also lohnt es sich für einen TK-Händler von vorneherein nicht, in diesen Bereich einzusteigen?
Neinhaus: Das hätte ich noch vor einem Jahr gesagt. Heute sehe ich die reine Vermarktung von Energietarifen nach wie vor nicht im TK-Fachhandel. Aber es gibt in dem Feld noch ganz andere Ansätze und Wachstumsoptionen.

Wachstumsimpulse aus dem Smart-Home-Bereich

Wie könnten diese ganz konkret aussehen?
Neinhaus: Aus dem Smart-Home-Bereich gibt es zunehmend Wachstumsimpulse, die sehr handelsrelevant sein können. Denn wenn Hardware ins Spiel kommt, die vielleicht sogar über ein Miet- oder Abo-Modell finanziert wird, dann sprechen wir über ganz andere Margen. Allerdings ist heute noch kaum ein Kunde dazu bereit, seine ganze Wohnung mit Reglern zu versorgen, nur um via Smartphone die Heizung zu steuern. Dafür waren die ersten Produkte auch noch zu teuer.
In welchen Produktsegmenten liegt Ihrer Meinung nach aktuell das größte Potenzial für den Handel?
Neinhaus: Ganz klar im Bereich der Haussicherungslösungen. Diese sind sehr haptisch, man kann sie anschauen und ausprobieren. Da kann der Handel natürlich mit seiner Beratungskompetenz und einem gewissen Platz in der Fläche punkten.
Aber damit sind wir doch schon wieder ziemlich weit weg von der Energievermarktung …
Neinhaus: Das ist richtig. Aber letztlich geht es eben immer darum, inhaltliche Zusammenhänge herzustellen und den konkreten Kundennutzen zu zeigen – und das ist bei den genannten Lösungen vergleichsweise einfach. Wenn es dann in einem nächsten Schritt gelingt, die Energie- oder Smart-Home-Lösung in ein Bundle mit dem Mobilfunkvertrag zu packen, dann wird es richtig spannend.
Solche Modelle gibt es heute aber mit wenigen Ausnahmen noch nicht …
Neinhaus: Das stimmt zwar, aber den ersten Beleg, dass es funktioniert, hat Mobilcom-Debitel bereits erbracht. Nun ist es die Aufgabe der Anbieter, entsprechende Bundles für die Händler zu schnüren. Im Idealfall muss es für den Reseller so einfach sein, eine Energie- oder Smart-Home-Lösung aufzubuchen, wie ein zusätzliches SMS-Paket.




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