Ladendiebstahl
09.09.2011, 10:42 Uhr
Vorsicht vor Langfingern
Jeden Tag verursachen Diebe im deutschen Einzelhandel Schäden in Millionenhöhe. Telecom Handel verrät, wie Shop-Besitzer ihr Geschäft schützen können.
von Goranka Zloporubovic und Waltraud Ritzer
Gestohlen wird schlichtweg alles, was nicht niet- und nagelfest ist: „An jedem Verkaufstag klauen Langfinger Waren im Wert von durchschnittlich sechs Millionen Euro“, berichtet denn auch Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland (HDE). Insgesamt sind 2010 im deutschen Einzelhandel Waren im Wert von 3,7 Milliarden Euro verschwunden – fast ein Prozent des Gesamtumsatzes. Das ergab eine Studie des Handelsforschungsinstituts EHI in Köln.
Auch Mobilfunkhändler kennen das Problem – viele davon nur allzu gut: „Immer wieder kommen Leute auf die Idee, die Waren einfach so mitzunehmen“, erzählt beispielsweise Ali Yilmaz. Er hat deshalb vorgesorgt – und eine ganze Reihe von Sicherheitsmechanismen für seinen Handyshop Neuhausen in München eingeführt. So ist die Ware beispielsweise mit Sicherheitsschlössern gegen Diebstahl geschützt. Bei teuren Geräten setzt er zudem spezielle Warensicherungsanlagen ein – und manchmal auch Dummys.
Letztere sind bei vielen Händlern allerdings umstritten: Kunden möchten ein Smartphone testen, ausprobieren, wie der Touchscreen des Geräts funktioniert oder ob der Verbindungsaufbau ins Internet schnell klappt. Liegen Dummys im Regal, so ist das nicht möglich. „Und bis der Verkäufer dann ein ‚echtes‘ Gerät holt, hat so mancher Kunde längst das Interesse verloren“, berichtet ein Händler aus Bonn.
Sicher ist sicher
Viele Shop-Inhaber ziehen deshalb den Schutz vor Dieben via Warensicherungssystemen vor – meist kommen deshalb die auch von Yilmaz genutzten Sicherheitsschlösser zum Einsatz. Oder die Vorführgeräte werden am PoS mittels der sogenannten Leinensicherungen festgebunden.
Ihr Vorteil: Sie sind leicht in Betrieb zu nehmen und gewähren sowohl Schutz als auch eine offene und kundenfreundliche Warenpräsentation. Die Handys und Smartphones können von den Kunden in die Hand genommen und getestet werden. Zerrt der Kunde aber an der Leine oder versucht er gar, diese zu durchtrennen, so wird automatisch ein Alarm aktiviert. Und: Die deutlich sichtbare Leine schreckt viele Gelegenheitsdiebe von Anfang an ab.
Abschreckende Wirkung hat im Übrigen auch eine Alarmanlage, vor allem dann, wenn im Laden deutlich sichtbar das Schild „Dieser Shop wird videoüberwacht“ hängt. Potenzielle Diebe wissen dann ganz genau, dass sie im Nachhinein mit Hilfe der Videoaufzeichnung überführt werden können – und so mancher hält seine Finger dann doch im Zaum.
Die Mitarbeiter ausbilden
Videokameras, Warensicherungssysteme und – in großen Häusern – auch Detektive kommen immer öfter zum Einsatz: Für diese Sicherungsmaßnahmen investiert der Handel jährlich rund 1,2 Milliarden Euro, so die EHI-Studie weiter. Als wichtigstes Mittel im Kampf gegen Diebe gilt allerdings die Schulung der Mitarbeiter. So kann es sich schon auszahlen, wenn die Mitarbeiter an der Kasse auf verdächtige Beulen im Jackett des Kunden achten – denn vielleicht hat er ja die Handy-Tasche dort versteckt.
Ein weiteres probates Mittel ist, den Kunden nicht unbeaufsichtigt zu lassen: Befindet er sich im Gespräch mit dem Verkäufer, so hat er kaum Gelegenheit, ein Handy oder ein Headset einzustecken. Unterstützung bei der Schulung der Mitarbeiter bietet unter anderem der Handelsverband.
Letztlich, so die EHI-Studie, scheinen die Gegenmaßnahmen der Händler auch erste Wirkungen zu zeigen: Im Vergleich zu 2009 sind die Verluste durch Diebstahl im Einzelhandel um etwa fünf Prozent zurückgegangen – so deutlich wie noch nie. Und auch der Münchner Händler Yilmaz zeigt sich mit seinen Sicherheitsvorkehrungen zufrieden: „Wenn tatsächlich etwas wegkommt, dann sind dies eher Taschen oder Ladegeräte“, betont er.
Das ist zwar auch ärgerlich, dieser Verlust ist allerdings leichter zu verschmerzen als der Diebstahl eines hochwertigen Smartphones. Und falls es doch passiert und ein Langfinger erfolgreich das Highend-Gerät eingesteckt hat: Unbedingt der Polizei melden. Erstens wegen der Versicherung und zweitens: Diese führt Listen mit IMEI-Nummern gestohlener Geräte – vielleicht wird der Dieb gefasst, wenn er versucht, das Handy zu verkaufen.
Schutz vor Dieben
- Mitarbeiter schulen: Verkäufer, die ihre Augen offen halten, sind der beste Schutz vor Langfingern.
- Waren deutlich sichern: Wer statt Dummys lieber echte Produkte präsentiert, sollte diese mit einem Warensicherungssystem ausstatten – beispielsweise mit einer Leinensicherung für Handys.
- Videoüberwachung im Shop: Videokameras helfen nicht nur, Diebe zu überführen. Deutlich sichtbar im Verkaufsraum montiert, dienen sie auch zur Abschreckung.