Interview 22.09.2016, 12:26 Uhr

So verhindern Sie Mitarbeiter-Betrug am PoS

Immer wieder kommt es vor, dass Mitarbeiter am Point of Sale durch Betrug erhebliche Schäden anrichten. Frank Demmer von Fexcom erklärt, welche Präventionsmaßnahmen er eingeführt hat.
Erst vor wenigen Tagen wurde publik, dass Telekom-Mitarbeiter massenweise Payback-Punkte geklaut haben, die eigentlich für die Kunden gedacht waren. Rund 120 Mitarbeiter haben sich 40 Millionen Bonuspunkte erschlichen, die einen Geldwert von rund 400.000 Euro haben. Ein Großteil der Mitarbeiter wurde in der Zwischenzeit entlassen und die Telekom hat Präventivmaßnahmen ergriffen, um diesen Betrug künftig zu verhindern.
Ein Einzelfall? Beileibe nicht. Im Interview mit Telecom Handel berichtet Frank Demmer, Prokurist beim Mehrfachbetreiber Fexcom, über die Betrugsmaschen so mancher Mitarbeiter am Point of Sale – und welche Maßnahmen er ergriffen hat, um diese kriminellen Machenschaften einzudämmen.

Telecom Handel: Die Payback-Affäre bei der Telekom hat gezeigt, dass betrügerische Mitarbeiter am PoS sehr erfinderisch sein können. Nun ist dieser Betrug sicherlich einzigartig, doch wie laufen sogenannte Fraud-Vorfälle, also der Betrug durch Mitarbeiter, in der Regel ab?
Frank Demmer: In unserer Branche verstehen wir unter Fraud normalerweise Folgendes: Zum Beispiel nimmt ein Händler oder Mitarbeiter gefälschte Personaldaten, bucht dafür einen Tarif in Verbindung mit subventionierter Hardware und verkauft das Smartphone dann auf eBay und Co. Manche buchen auch eine zweite SIM-Karte auf einen Bestandskunden, um an die Hardware zu kommen, und hoffen, dass der Kunde den Betrug nicht allzu schnell merkt. Das ist natürlich dumm, denn meist taucht der Kunde schon nach wenigen Tagen auf, weil er Post vom Netzbetreiber bekommen hat.

... und der Mitarbeiter fliegt natürlich auf. Für Sie als Shop-Betreiber ist die Angelegenheit aber in mehrfacher Hinsicht ein Verlust, Sie müssen ja nicht nur für die ‚gestohlene‘ Hardware geradestehen, sondern haben dazu auch noch Probleme mit Provisionsrückforderungen. Doch wie kann man diesen Betrug verhindern? Oder anders formuliert: Kann man ihn überhaupt verhindern?
Demmer: Ganz verhindern kann man ihn nicht, aber man kann ihn deutlich eindämmen. Wir haben in den vergangenen zwölf Monaten etliche Präventivmaßnahmen eingeführt, durch die die Anzahl der Fraud-Vorfälle sehr deutlich zurückgegangen ist.

Dazu gehört zum Beispiel?
Demmer: Wir haben eine interne Revision eingeführt und ahnden alle Vorfälle unerbittlich. Wir bringen jeden, aber auch wirklich jeden Vorfall auf den Punkt und im Zweifel auch zur Anzeige. Und darüber sprechen wir auch ganz offen mit unseren Mitarbeitern. Sie wissen, wir kennen bei diesem Thema kein Pardon, das ist kein Kavaliersdelikt. Alleine das wirkt abschreckend. Darüber hinaus haben wir jetzt auf tägliche Inventuren für Mobiltelefone und Tablets umgestellt. So werden wir schneller auf Unregelmäßigkeiten aufmerksam. Auch die Gebietsleiter sind heute präsenter in den Shops und überprüfen häufiger die Vertragsunterlagen.

Es kann aber auch vorkommen, dass ein Kunde mit einem gefälschten Ausweis einen Vertrag mit Hardware abschließt. Ist es nicht manchmal schwierig, hier immer den Schuldigen – den Kunden oder den Verkäufer – zu identifizieren?

Demmer: Natürlich kommt das vor, aber wir haben unsere Mitarbeiter intensiv zu diesem Thema geschult, sie fallen heute viel seltener auf diese Tricks rein. Und um am Ende den Schuldigen zu finden, prüfen wir jeden Fall ganz genau.

Nur wenig Unterstützung von den Netzbetreibern

Gibt es denn auch Unterstützung von den Netzbetreibern? Diese wissen doch im Grunde zuerst, ob ein Vertrag auch ‚gelebt‘ wird oder ob er nur zur Erschleichung von Hardware dient. Und wenn ein Kunde die Rechnung nicht bezahlt, kommt es ja ohnehin zu Provisionsrückbelastungen, die Daten werden also erfasst ...
Demmer: Leider noch zu wenig. Ich würde mir hier auch mehr Unterstützung wünschen, vor allen Dingen das Weiterleiten von Frühindikatoren. Schließlich können die Netzbetreiber sehr schnell feststellen, ob der Kunde telefoniert oder Daten verbraucht, das wären wichtige Hinweise für uns. Und schon nach weniger als vier Wochen sehen die Netzbetreiber ja auch, ob die Rechnung bezahlt wird. Leider bekommen wir diese Meldungen erst sehr spät, teilweise sogar erst nach mehreren Monaten.
Die Netzbetreiber argumentieren hier wahrscheinlich mit Datenschutzrichtlinien, die sie einhalten müssen ...
Demmer: Sicher, aber sie müssen uns ja nicht konkrete Personendaten nennen, uns würden ja schon Hinweise auf Auffälligkeiten oder Unregelmäßigkeiten an einem Ort oder in einem Zeitraum helfen, doch auch diese bekommen wir teilweise relativ spät. Deshalb begrüßen wir bei diesem Thema auch die Strategie vom Smartphone-Hersteller Apple …

Wie kann Apple Sie denn beim Thema Fraud unterstützen?
Demmer: Apple hat ein System aufgebaut, mit dem gestohlene Hardware sehr schnell erkannt wird. Wird beispielsweise ein Gerät mit IMEI-Nummer bei der Polizei als gestohlen gemeldet und die Polizei meldet diese bei Apple, so informiert der Hersteller wiederum die Polizei, sobald das Gerät bei iTunes angemeldet wird. Die Polizei kann so Dieben deutlich leichter auf die Schliche kommen, da der Kunde ja weiß, wo er die Hardware gekauft hat. Google könnte das theoretisch auch so handhaben, macht es aber leider nicht.

Und kommt es auch vor, dass Mitarbeiter schlicht die Lager leer räumen?
Demmer: Leider ja, wir hatten erst im Frühjahr so einen Fall. Am Freitag sprach ich noch mit dem Verkäufer, am Samstag hat er nach Ladenschluss Hardware im Wert mehrerer tausend Euro einfach so mit der Sporttasche aus dem Shop getragen. Er konnte dabei durch eine Überwachungskamera gefilmt werden. Die Polizei ist der Sache auf der Spur.

Und welche Konsequenzen haben Sie aus diesem Diebstahl gezogen?
Demmer: Wir haben die Lagerbestände in den Läden nochmals reduziert beziehungsweise planen heute bedarfsgerechter. Das hat natürlich auch Nachteile, manchmal müssen die Verkäufer ein Gerät für den Kunden bestellen und es ist erst am nächsten Tag im Shop. Doch damit reduzieren wir unser Risiko.

Gibt es nicht auch Versicherungen für diese Betrugsvorfälle?
Demmer: Doch, die gibt es schon. Die Relation Kosten zu Nutzen passt dabei aber nicht. Durch die genannten Maßnahmen konnten wir unsere Risiken aber deutlich reduzieren.




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