"Second Handy" 20.12.2017, 11:18 Uhr

Händler-Interview mit Markus Ranker: 20 gebrauchte Jahre

Beim Thema Gebrauchthandy kommt man an Markus Ranker nicht vorbei, der Münchner Händler war als Erster damit richtig erfolgreich. Ein sehr persönlicher Rückblick.
Wie kommt man ohne irgendeine Verbindung zur Mobilfunkwelt auf die Idee, einen Shop für gebrauchte Handys aufzumachen?
Markus Ranker: Ich habe immer schon mit irgendwas gehandelt, seien es Fotoapparate oder auch mal Autos. Als damals mein Sohn auf die Welt kam, hatte meine Frau Rufbereitschaft im Krankenhaus und ich brauchte ein Mobiltelefon, damit ich erreichbar war, wenn ich für sie einspringen musste, um auf unseren Sohn aufzupassen.
Wo haben Sie Ihr erstes Handy gekauft?
Ranker: In der Zeitung über die Kurz & Fündig. Das war ein Nokia 1011 für 150 D-Mark. Es hat sich dann aber schnell gezeigt, dass das Ding nur vier Stunden Standby hatte – ich war also ständig auf der Suche nach der nächsten Steckdose. Deshalb wollte ich es dann auch schnell wieder verkaufen und habe es für 300 Mark in die Zeitung gesetzt.
Wie war die Resonanz?
Ranker: Unwahrscheinlich! Es haben sich etwa 40 Interessenten gemeldet, viele auch aus Ungarn, weil damals dort Telefone extrem teuer waren. Tja, letzten Endes ging das gute Stück dann für 450 Mark weg. Und daraus ist dann die Geschäftsidee entstanden. Ich habe Handys über die Kurz & Fündig gekauft, oft auch selbst bei den Verkäufern abgeholt, und dann eben mit ordentlichem Gewinn weiterverkauft. Viele Ungarn kamen da jede Woche zu mir und haben mir die Handys abgenommen.
Einen richtigen Laden gab es da noch nicht?
Ranker:
Nein, das lief alles so nebenbei zu meinem eigentlichen Job, und eben auch viel am Wochenende. Nachdem meine Frau dann irgendwann auf die Barrikaden gegangen ist, habe ich mich entschlossen, das Ganze professionell anzugehen, und habe mir einen kleinen Laden mit rund 20 Quadratmetern in der Tegernseer Landstraße hier in München gemietet. Da stand am Anfang nicht mal eine Theke drin, ich hatte nur einen Schreibtisch und bin davon ausgegangen, dass das schon so passen wird. Ich habe dann schnell gemerkt, dass das keine so gute Idee ist, wenn der Laden auf einmal voller Leute ist und du mit deiner Tasse Kaffee gemütlich an deinem Schreibtisch sitzt.
Woher kamen dann die ersten Shop-Möbel?
Ranker: Ich bin mit meinem ehemaligen Kollegen Toni vom Messebau dann einfach los, wir haben ein bisserl Restmaterial von der Messe geholt und etwas zusammengebaut.
Wie kam die Idee zu ‚Second Handy‘?
Ranker: Das ist mir irgendwann mitten in der Nacht eingefallen, und dann habe ich mir die Marke schnell schützen lassen.

Den Namen kennt heute vermutlich jeder in München, aber damals mussten Sie sicher kräftig die Werbetrommel rühren …
Ranker: Ja, ich habe sehr schnell Jingles bei Radio Energy und Charivari laufen lassen, und wir waren besonders stolz, dass wir das markante SMS-Piepen da untergebracht haben. Jeder, der den Spot gehört hat, dachte, dass er eine SMS kriegt. Und das hat sich ausgezahlt, die Umsätze sind in die Höhe gegangen und ich habe das Geld dann gleich wieder in noch mehr Marketing reinvestiert. Zwei Jahre später bin ich dann in den heutigen Laden umgezogen, habe viele Leute eingestellt, und dann gab es uns sogar in anderen Städten.
Ist das Geschäft mit gebrauchten Handys heute schwieriger als damals?
Ranker:
Ja, aber das betrifft auch normale Händler. Die Margen sind noch ein Drittel von dem, was ich vor zehn Jahren hatte. Heute ist im Prinzip jeder Privatmann ein Händler, jeder kann sein Gerät über eBay-Kleinanzeigen verkaufen und sich dort über die aufgerufenen Preise informieren.
Aber trotzdem kommen die Leute nach wie vor zum Second Handy …
Ranker: Weil ich einfach seit vielen Jahren eine Marke habe, die man kennt. Außerdem wollen sich viele den Stress nicht antun, der beim Online-Verkaufen auf einen zukommt. Ich bekomme sofort mein Geld, muss keine Anrufe oder Mails mit der berühmten Frage nach dem ‚letzten Preis‘ beantworten.
Haben Sie noch viele Handys von ganz früher im Lager?
Ranker: Da liegen bestimmt noch mehr als 1.000 Geräte, unter anderem auch Prototypen von Siemens und andere Schätze.
Sie haben unserem Kollegen Boris Boden in einem Interview aus dem Jahr 2000 gesagt: ‚A jeder wui a Nokia ham.‘ War das tatsächlich so ein Hype um diese Telefone?
Ranker: (lacht) Ja, das stimmt wirklich. 70 bis 80 Prozent waren Nokias. Aber auch Ericsson, Siemens und sogar Hagenuk gingen gut. Und die StarTac-Modelle von Motorola.
Als das erste iPhone herauskam, gab es da einen Ansturm auf Ihren Laden?
Ranker: Ich war eigentlich nie ein großer Apple-Fan – und damals wollten die Leute, wie gesagt, eh lieber ein Nokia haben. Die Nachfrage nach den iPhones ist erst langsam gestiegen.
Welche Geräte gehen heute besonders gut?
Ranker: Als Erstes tatsächlich das iPhone, dann kommt lange nichts, dann Samsung und Huawei. Die chinesischen Geräte verkaufe ich im Übrigen sehr gern, weil die sehr zuverlässig sind, da habe ich quasi keine Reklamationen – und das kann jedem Händler nur recht sein.
Der Boom der Jahre um die Jahrtausendwende ist ja leider längst zu Ende. Sind Sie traurig, dass diese Zeiten vorüber sind?
Ranker: Das war eine wilde Zeit, ohne Frage, und ich habe sie sehr genossen. Aber auch wenn man heute das Geld nicht mehr mit der Schubkarre zur Bank fahren kann, bin ich doch froh, dass es jetzt etwas ruhiger zugeht. Früher hatte ich ja teils mehr als 20 Mitarbeiter, heute ist das ein reines Familiengeschäft mit meiner Frau und meinem Sohn, aber das ist auch gut so.




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