Reparaturen im Shop 06.06.2023, 12:20 Uhr

Ein Fall für den Händler

Reparaturen von Geräten tragen zur Nachhaltigkeit bei. Auch der Handel kann von diesem Trend profitieren.
Smartphone-Reparatur im Shop
(Quelle: mucHANDY)
Es ist fast unvermeidlich, dass Smart­phones oder Tablets irgendwann einmal kaputt gehen oder zumindest beschädigt werden. Noch vor wenigen Jahren wurde das defekte Gerät dann einfach durch die nächste Generation ersetzt – doch hohe Preise, eine geringe Innovationskraft seitens der Hersteller und nicht zuletzt ein gestiegenes Umweltbewusstsein haben einen Wandel bewirkt: Reparieren ist wieder „in“. Dies belegt auch eine aktuelle Umfrage des Branchenverbands Bitkom, derzufolge 89 Prozent der Nutzer von Handys und Smartphones schon einmal einen Defekt an ihrem Gerät hatten, woraufhin 52 Prozent der Betroffenen auf eine Reparatur setzten.
Die meisten Reparaturen, wie etwa ein Display- oder Backcover-Tausch, lassen sich sehr schnell erledigen – und dies immer häufiger direkt beim Händler des Vertrauens. Das spart Zeit und auch Geld, da keine Versandkosten anfallen und die Reparaturdauer deutlich kürzer ist. Zum anderen ist es angenehmer, direkt mit einem Ansprechpartner vor Ort zu tun zu haben, der das Problem diagnostizieren und eine Lösung finden kann. Ein weiterer Vorteil von Reparaturen beim Telekommunikations-Händler ist die Transparenz. Kunden können oft vor Ort sehen, was konkret gemacht wird, und zum Teil sogar mit entscheiden, welche Ersatzteile verwendet werden. Bei Online-Dienstleistern oder Reparaturen durch den Hersteller ist das nicht möglich. Hier müssen die Kunden blind vertrauen, ohne zu wissen, was genau gemacht wurde.
Doch welche Rolle spielen Reparaturen als eigenes Geschäftsfeld für den Handel? Telecom Handel hat sich umgehört, etwa bei Marko Topal, Inhaber von mucHANDY in München. „Mein Hauptfokus liegt eindeutig auf Verträgen, dennoch habe ich auch viel mit Reparaturen zu tun“, berichtet Topal. Ziel dabei sei insbesondere, Neukunden im ­Vertragsbereich zu gewinnen und den Kundenstrom aufrechtzuerhalten. Betriebswirtschaftlich interessant sei das Geschäft hingegen aus seiner Sicht nicht. Dass die Verbraucher beim Thema Repair den Kontakt mit einem direkten Ansprechpartner vor Ort schätzen, kann jedoch auch Topal bestätigen. „Hier geht es viel um Vertrauen. Leider gibt es aber so manchen Anbieter, der zu Dumping-Preisen Reparaturen mit billigen Ersatzteilen anbietet und dadurch die Kunden vergrault“, klagt der Händler. Von daher würde Topal eine verpflichtende Zertifizierung durchaus begrüßen, sodass die Verbraucher zwischen guten und schlechten Repair-Werkstätten unterscheiden können.

Apple erschwert Reparaturen

Derzeit jedoch ist der Markt nur wenig reglementiert, auch wenn die Industrie offenbar die Daumenschrauben sukzessive anzieht. „Derzeit macht es uns vor allem Apple sehr schwer. Wir dürfen nur noch Originalteile verbauen und keine Refurbished-Ware mehr verwenden. Außerdem benötigt man eine bestimmte Software, die nur autorisierten Apple-Service-Partnern zur Verfügung gestellt wird, um etwa Face ID nach der Reparatur wieder zu aktivieren“, berichtet ­Sebastian Küpferling, Service-Techniker bei (der Apple-zertifizierten) Fonland in Ebersberg. Zudem seien die Ersatzteile horrend teuer. Für Händler Topal ist klar: „Die wollen das Geschäft wohl lieber selbst machen oder zumindest die Kontrolle darüber haben, vermutlich damit das Image ihrer Marke nicht leidet.“
Damit konterkariert Apple zu einem gewissen Grad die EU-Initiative „Recht auf Reparatur“, die nicht nur Lebensdauer und Reparierfähigkeit von Geräten verbessern, sondern auch die Versorgung mit Ersatzteilen garantieren soll. „Die haben den Markt für freie Werkstätten zwar aufgemacht, sodass jetzt sogar die Endkunden ihr Gerät selbst reparieren können, aber durch solche Maßnahmen auch wieder zugemacht. Das macht uns ein bisschen fassungslos“, sagt Küpferling. Zudem müsse er die getauschten Teile an Apple zurücksenden, um preislich mithalten zu können, und könne Nicht-Verschleißteile nicht weiterverwenden. 

Garantie als Mischkalkulation

Marko Topal, Inhaber von mucHANDY
Quelle: mucHANDY
"Wir machen im Monat etwa 100 Reparaturen und sind damit keine große Werkstatt. Etwa 90 Prozent der Defekte können wir selbst beheben, zehn Prozent schicken wir ein, etwa bei Schäden an den Platinen. Oder auch Geräte, bei denen es ein Software-Problem gibt und die Daten gesichert werden müssen.
Garantiereparaturen führen wir gar nicht durch. Wir geben aber ein Jahr Garantie auf unsere Reparaturen, obwohl wir manchmal nur drei oder sechs Monate Garantie von den Händlern bekommen, bei denen wir Ersatzteile kaufen. Das ist eine Mischkalkulation, weil natürlich nur wenige Kunden innerhalb dieser Garantiezeit reklamieren. Um zertifizierter Service-Provider für Apple oder Samsung zu werden, müssten wir viele Bestimmungen erfüllen. Und auch die Investitionskosten wären uns zu hoch."

Marko Topal, Inhaber von mucHANDY

Interview mit Sebastian Küpferling von Fonland: „Es wird mehr repariert als früher“

Telecom Handel: Reden wir über Nachhaltigkeit. Hat sich das Reparaturgeschäft durch ein gestiegenes Umweltbewusstsein der Verbraucher verändert?
Sebastian Küpferling: Auf jeden Fall wird viel mehr repariert als früher. In meinem Shop machen Reparaturen inzwischen die Hälfte der Frequenz aus, und beim Umsatz ist es ähnlich. Das Thema Nachhaltigkeit ist sicherlich ein wichtiger Grund, aber vor allem sind die Geräte viel teurer geworden. Dazu kommt das Thema Daten. Wer einen Wasserschaden hat, zahlt auch hohe Summen, um wieder an seine Daten zu kommen.
Sebastian Küpferling von Fonland
Quelle: Fonland
TH: Ist Reparieren immer nachhaltig?
Küpferling: Das Reparaturgeschäft hat hier definitiv positive Auswirkungen, weil die Geräte länger genutzt werden. Es trägt dazu bei, Ressourcen zu schonen und Müll zu reduzieren. Aber dazu ist es auch wichtig, dass nicht die billigsten Ersatzteile verwendet werden, wie es manche machen, und diese ein paar Monaten wieder schon wieder kaputtgehen. Das hat dann nichts mit Nachhaltigkeit zu tun.
TH: Dass Reparaturen beim Händler vor Ort möglich sind, schont die Umwelt ja auch …
Küpferling: Ich repariere fast alles selbst und schicke nur selten Geräte weg. Doch zukünftig möchte ich mich beim Thema Löt­arbeiten weiterbilden, dadurch können wir noch mal einen Schritt mehr in Richtung Nachhaltigkeit gehen. Anstatt die komplette Platine zu tauschen, was sich häufig nicht rentiert, wechseln wir dann eben nur einzelne Bauteile.
TH: Und wenn gar nichts mehr geht?
Küpferling: Dann kommen alle Teile, die keinem Verschleiß unterliegen, in mein Ersatzteillager. Wenn der nächste Kunde etwa mit einer gebrauchten Kamera oder einem Backcover zufrieden ist, wird es für ihn billiger, und es geht auch noch schneller. 

Zertifizierung: Autorisierter Apple Service Provider (AASP)

Das Programm für autorisierte Apple Service Provider (AASP) richtet sich an Händler oder Unternehmen, die Reparaturen für jedes Apple-Produkt innerhalb und außerhalb der Garantie anbieten möchten. Qualifizierte ­Unternehmen erhalten Zugriff auf original Apple-Teile, Werkzeuge, Schulungen, Servicehandbücher, Diagnosen und Ressourcen, um diese Reparaturen durchzuführen. Es gibt bestimmte Anforderungen, die Unternehmen erfüllen müssen, wie beispielsweise das Einhalten der Apple-Standards in Bezug auf Service-Level, Zertifizierung der Techniker und Serviceverfügbarkeit für Kunden sowie die Durchführung von mindestens 200 Reparaturen pro Quartal.