Wie der Chipmangel entstanden ist
Stop auf dem letzten Meter
„Für die Chiphersteller ist das sehr frustrierend. Der Silizium-Wafer ist belichtet und eigentlich fertig. Und dann fehlt es mit ABF an einem vergleichsweise billigen Material, um den letzten Produktionsschritt zu absolvieren“, sagt Jan-Peter Kleinhans, der zusammen mit Julia Hess für die Stiftung Neue Verantwortung eine Studie zu den Ursachen der Chipkrise veröffentlicht hat. „Dieses Problem wird auch nicht durch mehr Fabs gelöst.“
Auf Druck der Kunden baut Ajinomoto nun seine ABF-Produktion aus. Und auch die großen Chiphersteller wie Intel und Infineon schrauben ihre Fertigungskapazitäten in die Höhe, damit die Knappheit im nächsten Jahr gemildert und im Jahr 2023 komplett überwunden wird. Doch selbst mit Milliarden-Investitionen kann man nicht an der Uhr drehen. „Der Ausbau unserer bestehenden Fabs in Irland dauert zwischen 18 und 24 Monaten“, sagt die Deutschland-Chefin von Intel, Christin Eisenschmid. Beim Neubau einer Anlage müsse man sogar mit vier Jahren rechnen. „So eine Fabrik ist hochkomplex, erfordert ein gewaltiges Investitionsvolumen, damit die neuste Ausrüstung angeschafft werden kann.“
Transparenz in den Lieferketten
Aber nicht nur die Beteiligten an der Produktion der Halbleiter erledigen ihre Hausaufgaben, sondern auch die Abnehmer - beispielsweise in der Automobilindustrie: In dem europaweiten Partnernetzwerk Catena-X wollen beispielsweise die wichtigsten Player - von BMW und Bosch über Mercedes-Benz bis hin zu Volkswagen - ihre Lieferketten transparenter machen. Damit sollen auch die Chiphersteller besser kalkulieren können, ob nur kurzfristig ein Nachfrage-Strohfeuer lodert oder ob sich ein Ausbau in bestimmten Segmenten langfristig lohnt.
Bei der Bewältigung der Chipkrise rechnen alle Beteiligten aber auch damit, dass sich der Staat aktiv beteiligt. „Wir sind bereit, ein Investment in Höhe von mehreren Milliarden Euro zu tätigen“, sagt Intel-Managerin Eisenschmid. „Wir schaffen es aber nicht allein.“ In anderen Regionen der Welt werde die Chip-Herstellung massiv subventioniert. „Das ist auch der Grund, warum sich die die Fertigung von Europa nach Asien und verschoben hat.“ Aktuell stammten rund 9 Prozent der globalen Halbleiter-Fertigung aus Europa. „Das waren in den 90er Jahren noch 44 Prozent.“