E-Book-Reader 26.03.2010, 11:45 Uhr

Ein Buch mit sieben Siegeln

In den USA boomt das Geschäft mit E-Book-Readern, zunehmend wird elektronische Lektüre auch auf Smartphones konsumiert. Lesen Sie in unserem großen Marktreport, wie TK- und IT-Distributoren das Thema beurteilen.
Als Johannes Gutenberg vor mehr als 500 Jahren den Buchdruck erfand, setzte er für Jahrhunderte den Standard zur Übermittlung von Information und später auch Unterhaltung. Auch der Siegeszug von bewegten Bildern und Tönen im letzten Jahrhundert konnte gedruckte Medien nicht ersetzen.
Im 21. Jahrhundert könnte das anders werden, denn Bücher finden ihren Weg auf Bildschirme, ohne dass Papier und Tinte nötig sind. Sogenannte E-Books sind seit einigen Jahren ein Thema, doch bisher blieb der Durchbruch aus, wofür vor allem die schlechten Lesegeräte, aber auch fehlende Initiativen zur Vermarktung sowie ungeklärte Fragen der Rechte an E-Books verantwortlich waren.
Neue Hardware, neuer Markt
Das könnte sich bald ändern, denn die Hardware-Revolution bei Displays, Akkus und Speicher macht auch vor den E-Book-Lesegeräten nicht halt und ermöglicht zudem – gleichsam als Synergieeffekt der technischen Entwicklung in anderen Bereichen – auch den komfortablen Konsum von Literatur auf Smartphones und portablen PCs. Denn grundsätzlich braucht elektronische Lektüre keine spezielle Hardware, um gelesen zu werden: Seit Jahren konsumieren Japaner ihre Mangas unterwegs auch auf Handy-Displays.
Auf dem iPhone oder BlackBerry werden elektronische Bücher und Zeitschriften immer populärer. Zum Start des Ende April angekündigten iPad eröffnet Apple sogar einen Shop für elektronische Literatur, zudem unterstützt das Gerät das relativ populäre ePub-Format für elektronische Bücher. Auf dem 9,7 Zoll großen Bildschirm sollen Buchseiten und Mischmedien aus Text, Fotos und Video besonders gut zur Geltung kommen.
Zu den Nachteilen vieler mobiler Endgeräte gehören aber auch kurzatmige Akkus und vor allem kleine, beleuchtete Displays, mit denen längeres Lesen ermüdet. Dazu muss der Anwender das Endgerät auch in der Hand halten können, und es sollte auch nicht ganz sensibel auf äußere Einflüsse reagieren.

E-Book-Reader: Ein Buch mit sieben Siegeln

Deshalb gibt es schon seit über 20 Jahren die Idee, spezielle Lesegeräte zu bauen, die vor allem Bücher auf den Bildschirm bringen sollen. Zu den Pionieren gehörte Sony mit dem Data Discman, der Anfang der 90er-Jahre ein echter Flop wurde. Erst 2004 gelang dem Hersteller in Japan mit einem neuen Leser ein Achtungserfolg.
In den letzten Jahren kam eine ganze Reihe neuer Geräte in die Shops, darunter der in den USA populäre Kindle und seine Varianten beim Online-Händler Amazon. Weitere Modelle gibt es in Deutschland von Sony und demnächst auch von Samsung und Asus. Selbst Vodafone plant Gerüchten zufolge einen eigenen Reader mit Mobilfunkanbindung, der in diesem Jahr auf den Markt kommen könnte.
In den USA ist die Verbreitung elektronischer Bücher schon deutlich weiter fortgeschritten als in Europa. Das dürfte sich bei einer höheren Akzeptanz hierzulande und einem größeren Angebot an deutschsprachiger Literatur aber ändern. Für die USA rechnen die Marktforscher der Yankee Group dieses Jahr bereits mit sechs Millionen verkaufter Geräte, 2013 sollen es 19,2 Millionen sein.

E-Book-Reader: Ein Buch mit sieben Siegeln

Scharfe Displays
Allen speziellen Produkten gemeinsam ist die „e-ink“-Display-Technologie, die gestochen scharfe Schrift auf einem Graustufen-Display ohne Hintergrundbeleuchtung zulässt. Touchscreen-Modelle bieten das oft technisch bedingt nicht, dafür kann der Anwender einfache Notizen in den elektronischen Schriften vornehmen. Mit der Außenwelt lassen sie sich meist per WLAN oder USB verbinden, Mobilfunkmodule sind technisch kein Problem und dürften auch in einige Modelle eingebaut werden. Damit wäre der spontane Download von neuem Content auch unterwegs machbar.
Hier ist auch eine mögliche Schnittstelle zum TK-Fachhandel, der bei der Vermarktung von mobilfunkfähigen E-Book-Lesegeräten ins Spiel kommen könnte. Grundsätzlich dürften aber das Internet – mit dem Riesen Amazon – und der Buchhandel die ersten Anlaufstellen für potenzielle Käufer sein. Nicht zuletzt deshalb sind TK-Distributoren noch skeptisch.
So sagt Anja Kratzer, Leiterin Produktmarketing Komsa AG: „Im klassischen TK-Handel sucht der Kunde das Produkt nach unserer Ansicht eher nicht, sondern dort, wo er auch Bücher kauft. Selbst die Hersteller tun sich aktuell schwer, neben den für dieses Produkt typischen Vertriebskanälen wie Buchhandlungen andere Absatzwege anzugehen. Das Thema ist medial zwar in aller Munde, die Abverkäufe sind tatsächlich aber noch sehr gering.“
Entsprechend hat Komsa noch keine E-Book-Leser im Angebot. Peter Züllighoven, Leiter Produktmanagement bei Herweck, sieht die Situation ähnlich: „Ein reiner E-Reader ist allerdings speziell für den TK-Fachhandel nicht sehr interessant, da sich hier kein Zusatzgeschäft in Form von Dienstleistungsverträgen ergibt. Den E-Book-Markt werden sich Online-Anbieter wie zum Beispiel Amazon und auch Apple aufteilen.“

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IT-Bereich ist aufgeschlossen
Offener als die TK-Distributoren scheinen derzeit bereits die IT-Anbieter zu sein, in deren Kanal die Geräte offenbar immer öfter angeboten werden. So gibt sich Thomas Reinhardt, Team Manager Consumer Electronics bei Actebis Peacock, optimistisch: „Bislang wurden E-Book-Reader nur von wenigen Herstellern über spezielle Vertriebskanäle, wie beispielsweise den Buchhandel, angeboten. Es gibt aber inzwischen vermehrt E-Book-Reader, die über den IT-Kanal und auch über Actebis Peacock vermarktet werden. E-Book-Reader entwickeln sich zunehmend zu einem Massenprodukt, von dem auch der Fachhandel profitieren kann.“
Auch die Konkurrenz schließt das Angebot solcher Produkte und deren Eignung für den Fachhandel nicht aus: „Wir bei Ingram Micro führen heute erste Stand-alone-Geräte auf Anfrage, gehen jedoch davon aus, dass im Laufe des Jahres E-Books auf den Preislisten von weiteren Industriepartnern zu finden sein werden. Ein Großteil der E-Books wird in Ladengeschäften gekauft werden, denn der Konsument wird sich von der Qualität des Displays, der Schrift und damit des digitalen Lesevergnügens vor Ort überzeugen wollen“, erklärt Christoph Dassau, Director Consumer Electronic Group (CEG) DACH bei Ingram Micro.
Suche nach dem Vertrieb
Es bleibt abzuwarten, ob Vodafone sein Angebot über die TK-Kanäle vermarkten wird oder nur durch Partnerschaften mit Verlagen. Die Möglichkeit, neuen Lesestoff per breitbandigem Mobilfunk-Download auf die Geräte zu bekommen, erscheint auf jeden Fall logisch und könnte die Datenumsätze der Carrier steigern. Ob bestehende Datentarife im Bundle mit – möglicherweise subventionierter – Hardware zur Anwendung kommen oder ganz neue Modelle entstehen werden, ist allerdings noch unklar. Am Ende könnte sich das Handy dann doch als Lesegerät durchsetzen, einfach weil es bei den meisten Menschen immer dabei ist.




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