HDE und Wirtschaftsverbände warnen vor Paradigmenwechsel im Wettbewerbsrecht

Laut einer aktuellen Kurzposition des Handelsverbands Deutschland (HDE) und 14 weiteren Verbänden, wie dem Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) oder dem Bundesverband der deutschen Industrie (BDI), könnte es bei der Umsetzung des sogenannten „Wettbewerbsdurchsetzungsgesetzes“ zu einem Paradigmenwechsel in der Wettbewerbspolitik kommen.

In dem Gesetzesentwurf (11. GWB-Novelle), das sich zurzeit in der Ressortabstimmung innerhalb der Bundesregierung befindet, seien erstmals in der deutschen Kartellrechtsgeschichte und ohne Vorbild im EU-Recht massive Verhaltens- und Struktureingriffe bei Unternehmen vorgesehen – und dies ohne vorwerfbares Verhalten der Unternehmen. Erfasst werden alle Marktstrukturen, alle Unternehmensgrößen und Branchen. Anknüpfungspunkt soll nur eine Störung des Wettbewerbs sein, nicht aber ein Verstoß gegen geltendes Wettbewerbsrecht.

Laut HDE soll das Bundeskartellamt mit dem Gesetzesentwurf Befugnisse erhalten, die der Behörde sehr weitgehende Eingriffe in die unternehmerischen Entscheidungsprozesse erlauben. Das Besondere an diesem Vorhaben sei die Tatsache, dass die neuen Eingriffsbefugnisse lediglich an bestimmte Marktstrukturen anknüpfen sollen und im Übrigen nach dem Referentenentwurf weder einen Rechtsverstoß des betroffenen Unternehmens noch eine bestimmte Unternehmensgröße voraussetzen. Der HDE und 14 weitere Verbände der deutschen Wirtschaft haben daher ihre erheblichen Bedenken im Hinblick auf den Gesetzentwurf in einer Kurzposition zusammengefasst und den Leitungsebenen verschiedener Bundesministerien vorgelegt.

„Das federführende Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz versucht sich an einer völlig neuen Ausrichtung des Kartellrechts, indem eine Behörde in Zukunft steuernd in die Marktprozesse eingreifen soll“, so Peter Schröder, HDE-Bereichsleiter Recht und Verbraucherpolitik. Im Ergebnis würde der Wettbewerb voraussichtlich gedämpft und nicht intensiviert. „Der Bundeswirtschaftsminister stellt mit seinem Vorhaben die Grundlagen unserer freien Wettbewerbsordnung infrage, die über Jahrzehnte für Wohlstand und Wachstum gesorgt hat“, betonte Schröder.

In der gemeinsamen Kurzposition bewerten die Verbände die geplante Möglichkeit des Bundeskartellamts, unternehmerische Handlungsspielräume zu definieren und damit einzuschränken, als Paradigmenwechsel in der Wettbewerbspolitik. Die geplanten Möglichkeiten sind aus Sicht der Verbände besonders bedenklich, weil die betroffenen Unternehmen keine Chance haben, diese vorherzusehen oder durch rechtskonformes Verhalten zu verhindern. Insgesamt bestehe die Gefahr, dass Märkte und Unternehmen in Zukunft aufgrund politisch-administrativer Entscheidungen und ohne gesetzliche Grundlage einer Neuordnung unterzogen werden könnten.