12.06.2012, 10:46 Uhr

Exklusiv-Interview mit Gerhard Sturm, Zentraleuropachef bei Sony Mobile Communications

Die Integration von Sony Ericsson ist vollzogen, nun wollen die Japaner erneut auf dem Smartphone-Markt angreifen. Dabei will man auch die Synergieeffekte in Bezug auf den Mutterkonzern Sony besser nutzen.
Es hat sich viel getan bei Sony­ Mobile Communications, nachdem der japanische UE-Riese Anfang des Jahres alle Anteile an Sony Ericsson übernommen hatte. Telecom Handel sprach mit dem neuen Leiter des Geschäfts in Zentraleuropa, Gerhard Sturm, über die Smartphone-Strategie.
Telecom Handel: Statt Sony Erics­son heißt es jetzt Sony. Wann wird der alte Markenname endgültig verschwinden?
Gerhard Sturm: Unser neuer Name ist Sony Mobile Communications. Wir nutzen bis auf Weiteres auch das grüne ?Liquid Identity!?-Symbol von Sony Ericsson auf den Geräten. Der Schwerpunkt liegt aber ganz klar auf der Kommunikation der Marke Xperia für Smartphones, sie steht für die Sony-Smartphones.
Wie wichtig ist der Bereich im Sony-Konzern?
Sturm: Der neue CEO der Sony Corpora­tion Kazuo Hirai hat drei wichtige Geschäfts­felder für den Konzern genannt: Foto, Gaming und eben Mobile.
Welche Rolle spielt die Marke Sony?
Sturm: Eine große, wir profitieren vom Ruf der Marke, in den auch weiter investiert wird. Sony hat ein sehr gutes Image bei den Kunden und gilt im UE-Bereich als Premiummarke. Wir wollen nicht kopieren, sondern stehen für Innovation. Vom Design und der Technik zeigt das Xperia S, wie sehr wir uns vom Wettbewerb abheben können.
Der globale Marktanteil lag im ersten Quartal bei drei Prozent, das kann aber nicht der Anspruch von Sony sein ?
Sturm: Nein, absolut nicht. Aber der Trend ist wieder positiv, da wir in einigen schwierigen Märkten schon weiter sind: In Deutschland sind wir zum Beispiel bei Smart­phones ­gerade auf den dritten Platz vorgestoßen ? sowohl beim Volumen als auch beim Wert. Bei Android sind wir sogar die Nummer zwei. Das zeigt, dass wir ein ungeheures Potenzial haben, wenn wir auf unseren Stärken aufbauen.

Bedeutung des deutschen Marktes

Wie wichtig ist der deutsche Markt für Sony Mobile Communications?
Sturm: Deutschland ist ein zentraler Markt für uns. Deshalb haben wir unser Team verstärkt und erhöhen unsere Investitionen. Wir wollen Partner der Netzbetreiber und Provider sein und deren Strategie unterstützen. Das gilt auch für den Fachhandel. Wir wollen vor Ort zuhören und mit unserem Team Ideen entwickeln.
Wie kann denn der Fachhandel das komplexe Thema Konvergenz darstellen?
Sturm: Wir arbeiten da an Lösungen mit mehreren Bildschirmen, die Händler aufstellen können. Smartphones und Tablets, die Sony ja auch hat, bieten diese Möglichkeit ebenfalls. Es gibt kaum Anbieter, die ein so umfangreiches Produktprogramm in diesem Bereich haben wie wir.
Sollen das auch kleinere Fachhändler übernehmen?
Sturm: Auch die sind uns sehr wichtig, so haben wir in den letzten Monaten unser Außendienst-Team verdoppelt. Auch das Training und die Programme um den PoS werden ausgebaut.
Wie kommen die neuen Geräte bei den Endkunden an?
Sturm: Das Xperia S hat sich noch besser verkauft, als wir erwartet haben. Auch die Netzbetreiber sind froh, nicht nur zwei Lieferanten zu haben, sondern eine starke Alternative zu bekommen. Wir bieten zudem nicht nur Hardware an, sondern wir haben mehr im Programm.
Was ist das?
Sturm: Vor allem die Konvergenz mit anderen Produkten der Unterhaltungselektronik und Inhalte. Unsere Smartphones sind Teil von etwas Größerem. Zudem erweitern wir mit den neuen Modellen Xperia P und U jetzt die Palette. Die Erweiterung des Portfolios ist noch nicht am Ende, denn wir wollen kein Nischenanbieter sein, sondern möglichst viele Kunden bedienen.
Nimmt der Markt das Thema Konvergenz denn schon an?
Sturm: Absolut. Ich höre von Kunden immer wieder, dass sie ihre Unterhaltungs­elektronik am liebsten aus einer Hand hätten, und dann so verbunden, dass alles funktio­niert. Darüber hinaus bieten wir mit Sony Pictures und Sony Music Inhalte von Weltklasse.
Spielen ?normale? Handys da überhaupt noch eine Rolle?
Sturm: 80 Prozent unseres Umsatzes im Mobile-Markt machen wir bereits mit Smartphones, der Wandel der Firma zu diesem Thema ist vollzogen. Das Marktpotenzial ist noch groß, denn in Deutschland nutzt nur ungefähr jeder Dritte ein Smartphone.

Anhaltender Preisverfall bei Smartphones

Ist der seit einigen Monaten anhaltende Preisverfall bei Smartphones eine Gefahr oder eine Chance für Sony?
Sturm: Das ist eine Chance, denn mit erschwinglicheren Smartphones können wir viel mehr Käufer erreichen und neue Segmente für das Thema erschließen. Wir sehen, dass viele Kunden, die ein sehr einfaches Gerät kaufen, schnell den Wunsch nach einem besseren Smartphone entwickeln. Aber nur um Preispunkte zu erreichen, wollen wir nicht die Technik einfach reduzieren, denn das ist nicht unser Anspruch und auch nicht das, was die Kunden von Sony erwarten.
Warum war das Xperia Play kein großer ­Erfolg im Verkauf?
Sturm: Dieses Produkt haben wir noch als Sony Ericsson gebracht, es hätte aber in der Wahrnehmung der Kunden wohl besser zur Marke Sony gepasst. Außerdem konnten wir nicht so viel in die Vermarktung investieren, wie es nötig gewesen wäre. Aber trotzdem ist es ein einzigartiges und innovatives Produkt, das unserem Ruf als Pionier gutgetan hat. Das war ein Statement, und weniger ein Mittel, neue Verkaufsrekorde zu erreichen.
Ein anderes Betriebssystem als Android zu verwenden ist bei Sony vorerst nicht geplant?
Sturm: Wir sind grundsätzlich offen, wir wollen dem Endkunden das anbieten, was er will. Im Moment ist das Android, aber die Sony-Gruppe hat auch gute Beziehungen zu Microsoft. Doch um das Thema auf Smartphones kurzfristig zu forcieren, reicht die Nachfrage der Kunden nicht aus.
Die Smartphone- und Tablet-Sparten sind bei Sony noch getrennt?
Sturm: Wir arbeiten schon viel intensiver zusammen als früher. Die Kannibalisierung zwischen den Produkten ist ja auch nicht so groß, denn ich kenne keinen Kunden, der sein Smartphone komplett durch ein Ta­b­let ersetzt hat. Damit telefoniert man eben nicht, das grenzt Tablets noch von Smartphones ab. Doch wir wollen sehen, was die Zukunft bringt.
Die Grenze zwischen den Segmenten macht auch die Display-Größe aus ?
Sturm: Ja, wobei aber nicht jeder Endkunde immer zwangsläufig ein Riesen-Display will. Vor allem bei weiblichen Käufern kommen unsere kompakten Geräte wie das Xperia ray sehr gut an und verkaufen sich entsprechend gut.
Wann kommt denn das erste LTE-Gerät von Sony?
Sturm: Für Japan haben wir das erste Modell jetzt angekündigt, beherrschen also die Technik. In Deutschland warten wir darauf, dass auch die Nachfrage der Kunden entsteht.
In der Vergangenheit kamen viele Trends aus Japan, was erwartet uns da?
Sturm: Dort sind die Endkunden sehr anspruchsvoll, vor allem erwarten sie mehr, als nur die Hardware zu bekommen. Sie übernehmen auch neue Technologien wie mobiles Fernsehen schneller. Die Erfahrungen, die wir dort machen, sind sehr wichtig. 




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