Mobile Payment
05.07.2011, 13:32 Uhr
Handys zu Geldbörsen
Bislang konnte sich das Bezahlen mit dem Handy noch nicht an breiter Front durchsetzen. Die Olympischen Spiele in London 2012 sollen das Thema nun endlich in Europa voranbringen.
von Christiane Fröhlich
Montag, der 30. Juli 2012, morgens um 9 Uhr in London. Eine Gruppe deutscher Olympia-Besucher schlendert durch die fahnengeschmückte Themse-Metropole. In einer Starbucks-Filiale bestellen die Touristen eine Runde Latte Macchiato, zücken ihre Smartphones und bezahlen damit die überteuerten Milchkaffees. Später, auf dem Weg ins Leichtathletikstadion, erobern die fünf Sport-Fans die Tube, Londons U-Bahn, mit der die Menschenmassen effizient durch die Stadt kutschiert werden.
Unser Quintett hat Glück, ohne Warten passieren sie – das Handy kurz ans Lesegerät gehalten – die Ticket-Schleuse. Am Nachmittag: Hunger! Die fünf kehren bei McDonald’s ein, Burger, Pommes und Alibi-Salat werden einfach per Mobiltelefon bezahlt. Nach den Wettkämpfen rasch noch zum Tesco-Supermarkt und zur Drogeriekette Boots. Auch hier: Das Handy ersetzt den Geldbeutel. Möglich macht den Komfort Near Field Communication, kurz NFC. Eine Technologie, mit der sich per Funk über kurze Entfernungen Daten austauschen lassen – etwa vom Handy auf ein Lesegerät.
London zeigt, wie es geht
Was für deutsche Ohren noch ein wenig futuristisch klingt, ist in London beinahe schon Alltag. Bereits heute gibt es rund 60.000 Läden, Taxis, U-Bahn-Stationen, Restaurants und Cafés, in denen diese Technologie zur Verfügung steht. Und bis zum Sommer 2012 sollen es noch deutlich mehr werden. Das Kreditkartenunternehmen Visa und der Handy-Hersteller Samsung haben sich auf die Fahnen geschrieben, die Olympischen Sommerspiele in London zu nutzen, um das mobile Bezahlen via NFC ein gutes Stück voranzubringen.
Was für deutsche Ohren noch ein wenig futuristisch klingt, ist in London beinahe schon Alltag. Bereits heute gibt es rund 60.000 Läden, Taxis, U-Bahn-Stationen, Restaurants und Cafés, in denen diese Technologie zur Verfügung steht. Und bis zum Sommer 2012 sollen es noch deutlich mehr werden. Das Kreditkartenunternehmen Visa und der Handy-Hersteller Samsung haben sich auf die Fahnen geschrieben, die Olympischen Sommerspiele in London zu nutzen, um das mobile Bezahlen via NFC ein gutes Stück voranzubringen.
Alle Athleten erhalten von den beiden offiziellen Olympia-Sponsoren ein Samsung-Gerät mit NFC-Chip – die technische Voraussetzung für das Mobile Payment – sowie die entsprechende Visa-SIM-Karte. „Für uns ist dies eine optimale Kulisse, vor der wir veranschaulichen können, wie diese Technologie das Leben der Menschen bereichert, indem sie ihnen die Olympischen und Paralympischen Spiele näherbringt“, begründet Seokpil Kim, Präsident und CEO von Samsung Electronics Europe, das Engagement.
Start mit angezogener Handbremse
In Deutschland hingegen steht das mobile Bezahlen (immer) noch ganz am Anfang. Zwar gab und gibt es erste Projekte, etwa von der Deutschen Bahn: Unter dem Namen Touch & Travel testet das Unternehmen bereits seit geraumer Zeit das eTicketing in ausgewählten Regionen wie im Großraum Frankfurt und in Nordrhein-Westfalen. Auch hier genügt es, das Handy an ein Lesegerät zu halten, um die Fahrt in den öffentlichen Verkehrsmitteln zu bezahlen. Der große Durchbruch steht jedoch noch aus. Denn für viele Handy-Nutzer birgt das Bezahlen mit dem Mobiltelefon noch zu große Unsicherheit, wie verschiedene Studien, etwa von der Beratungsgesellschaft KMPG, belegen. Sie fürchten dabei vor allem um die Sicherheit ihrer persönlichen Daten – insbesondere der sensiblen Zahldaten. Außerdem wissen viele nicht so genau, ob und wenn ja, welche Gebühren anfallen, wenn sie ihr Handy als Geldbörse einsetzen. Transparenz und Kostenkontrolle sind hier die Stichworte.
Darüber hinaus sind die beteiligten Akteure bislang recht zurückhaltend, wenn es um umfassende Informationen über die Möglichkeiten des Mobile Payment geht. Viele potenzielle Nutzer beklagen deshalb, dass sie zu wenig darüber aufgeklärt werden, wie ein Verfahren genau funktioniert und welche Vorteile es bietet. Die Marktakteure täten also gut daran, offensiv, transparent und vor allem ausführlich über ihr Angebot zu informieren – und auch dafür zu werben. Denn das Interesse ist da: Laut einer GfK-Studie fände mehr als die Hälfte der HandyNutzer in Deutschland es durchaus interessant, mit dem Mobiltelefon zu bezahlen.
Entscheidend ist jedoch das Vertrauen in den Anbieter. Die größte Glaubwürdigkeit genießen – trotz Finanzkrise – noch immer Banken und Sparkassen sowie Kreditkartenunternehmen. Dahinter folgen etablierte Payment-Anbieter wie etwa PayPal und Mobilfunkbetreiber. Insbesondere Kooperationen zwischen verschiedenen Akteuren, beispielsweise Mobilfunkanbieter plus Kreditkartenunternehmen oder Bank, wirken für viele Nutzer vertrauenerweckend.
Dass solche Allianzen Erfolg haben können, zeigt wiederum ein Beispiel aus Spanien. In der Stadt Sitges, knapp 50 Kilometer südlich von Barcelona gelegen, wurden für einen sechsmonatigen Feldversuch im Frühjahr vergangenen Jahres 1.500 Personen mit NFC-fähigen Samsung S5230 ausgestattet. 500 Händler in dem beliebten Urlaubsort erhielten die nötigen Leseterminals. Das Ergebnis des Pilotprojekts, das vom Mobilfunkbetreiber Telefónica und der Bank La Caixa getragen wurde: 90 Prozent der Testpersonen nutzen das Gerät tatsächlich zum Bezahlen, vor allem im Supermarkt und im Restaurant. 85 Prozent fühlten sich sicher beim Mobile Payment, 90 Prozent möchten es auch in Zukunft nutzen.
Anlaufprobleme in Deutschland
Bis es hierzulande so weit ist, wird es noch ein wenig dauern. Das einzige flächendeckende Mobile-Payment-Verfahren, das in Deutschland derzeit verfügbar ist, ist mPass. Dahinter stehen die drei großen Mobilfunkanbieter O2, Vodafone und die Deutsche Telekom. Allerdings ist das Verfahren derzeit noch SMS-basiert, der Nutzer muss seine Zahlung also mittels einer SMS freigeben.
Doch die drei Unternehmen stehen in den Startlöchern, was NFC angeht: „Wir treiben das Thema gemeinsam mit O2 und der Telekom voran und werden noch 2011 erste Anwendungen präsentieren“, verspricht Jochen Bornemann, als Leiter Wholesale Payments & Enabling Services bei Vodafone Deutschland zuständig für mPass. Gleichzeitig hat die Telekom, die erst im Herbst 2010 bei mPass eingestiegen ist, eigene Pläne. Noch in diesem Jahr wollen die Bonner in Deutschland und in Polen ein „Mobile Wallet“, basierend auf der NFC-Technologie, starten, anschließend soll das Handy-Portemonnaie 2012 dann in den Niederlanden, in Tschechien und in den USA eingeführt werden.
Und auch andere wollen sich ein Stück vom lukrativen Payment-Kuchen sichern: Google hat unlängst in den USA eine Wallet-Lösung gestartet (siehe Kasten), und auch Apple plant angeblich, einen NFC-basierten Bezahlservice anzubieten. Mitmischen will auch der Zahlungsdienstleister PayPal: Im März bereits hat die eBay-Tochter angekündigt, in absehbarer Zeit mit einer Bezahllösung auf Basis von NFC starten zu wollen. Die Chancen stehen also gut, dass Besucher der Olympischen Sommerspiele 2016 in Rio de Janeiro aus einer breiten Palette an Payment-Anbietern auswählen und ihre kühlen Cocktails ganz bequem mit dem Handy bezahlen können.