Marktreport LTE 12.02.2010, 10:09 Uhr

Kommt Zeit, kommt Netz

Deutsche Netzbetreiber planen für die vierte Mobilfunkgeneration LTE – Aussagen zum kommerziellen Start und zum Tempo der Datenübertragungen werden weitgehend vermieden – Bundesnetzagentur versteigert Frequenzen im Sommer.
Es ist eine Aufholjagd, die noch lange nicht zu Ende ist: Wer vor zehn Jahren Mobilfunk-Datenübertragungen mit 9,6 KBit/s durchgeführt hat, dürfte kaum gedacht haben, dass es bald mit über 100 MBit/s im Downlink durch die Netze geht. Solche Geschwindigkeiten werden mit der vierten Mobilfunkgeneration LTE (Long Term Evolution) keine Hexerei sein. Doch der Weg zu 4G ist nicht einfach, wir haben bei den deutschen Netzbetreibern nachgefragt, wie sie das Thema angehen.
Vor dem Aufbau der LTE-Netze steht erst einmal die Hürde der Frequenzvergabe: Für die neue Technologie muss im Spektrum Platz geschaffen werden. Deshalb versteigert die Bundesnetzagentur voraussichtlich noch in der ersten Jahreshälfte Frequenzen auf 800, 1.800, 2.000 und 2.600 MHz. Diese müssen nicht zwangsläufig mit LTE belegt werden, möglich sind laut der Agentur alle breitbandigen Mobilfunktechnologien – also auch UMTS oder WiMAX. Bisher funkt GSM in Deutschland in den Bändern mit 900 und 1.800 MHz sowie UMTS auf 2.100 MHz.
Da niedrigere Frequenzen grundsätzlich eine größere Reichweite der Antennen bedingen, werden die 800er-Frequenzen wohl vor allem für die Abdeckung auf dem Land gefragt sein, während das 2.600er-Band in Ballungsräumen zur Anwendung kommen dürfte. Auch weltweit werden unterschiedliche Frequenzen genutzt: In den USA favorisieren Netzbetreiber Bänder mit 600 und 700 MHz für den Flächenausbau, während die skandinavischen Carrier, die in Europa als LTE-Pioniere gelten, das 2.600-MHz-Band favorisieren. Bei globalen Unterschieden wird es also für das Roaming erforderlich sein, Multiband-Terminals für Endkunden zu entwickeln. Diese müssen zudem auch weiter in den Netzen älterer Generationen funken, da diese weiter betrieben werden.

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Sechs wollen dabei sein
Für die Versteigerung der freien Frequenzen haben sich bei der Bundesnetzagentur insgesamt sechs Unternehmen bis Ende Januar beworben. Die Agentur gibt die Namen nicht bekannt, auf Nachfrage räumten lediglich E-Plus und Telefónica O2 Germany ein, dazuzugehören. T-Mobile und Vodafone äußerten sich nicht konkret zu dem Thema, es ist aber unwahrscheinlich, dass sie nicht teilnehmen, da sie LTE auf jeden Fall anbieten wollen. So heißt es von Vodafone Deutschland: „Mit LTE als Mobilfunktechnik der nächsten Generation könnten auch ländliche Regionen schnell mit Breitband-Internet-Zugängen versorgt werden.“
Wer die zwei restlichen Bieter sind, ist noch unklar. Denkbar wären ausländische Telcos wie Orange oder ganz neue Player wie WiMAX-Provider, auch wenn diese Funktechnik in den letzten Monaten in Deutschland weitgehend aus der öffentlichen Diskussion verschwunden ist. Die Bundesnetzagentur will bis Ende Februar bekanntgeben, wer nun an der Versteigerung teilnehmen darf. Wenn dann Mitte des Jahres die Frequenzen versteigert und zugeteilt sind, kann die technologische Realisierung von LTE in Angriff genommen werden.
Rasante Downloads im Netz
Dann zündet im mobilen Web der Turbo: Theoretisch sind im Download mit aktueller LTE-Technik bis zu 143 MBit/s und im Upload bis zu 75 MBit/s möglich. In der Realität schätzen Hardware-Ausrüster wie der Chip-Lieferant Qualcomm, dass die erzielbaren Bandbreiten niedriger sein werden. Denn die Geschwindigkeit wird von vielen Faktoren wie der Zahl der Nutzer im Netz, den lokalen Empfangsbedingungen und der Position zum Standort der Antenne beeinflusst. Bei Feldversuchen wurden realistisch bereits rund 60 MBit/s für kontinuierliche Downloads erreicht. Ende Januar haben LG und Nokia Siemens Networks in einem Versuch 100 MBit/s erzielt, wobei ein Modem zum Einsatz kam, das den ersten für dieses Jahr geplanten Endgeräten der Klasse 3 weitgehend entsprechen soll.

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Die Netzbetreiber halten sich zu konkreten Datenraten für ihre LTE-Pläne noch bedeckt, T-Mobile will „fünf- bis zehnmal höhere Datenraten“ als aktuell erreichen. Bei E-Plus heißt es: „Datenratenprognosen halten wir für wenig zielführend. Letztlich kommt es darauf an, dass der Verbraucher die Datenraten erhält, die ihm ein zufriedenstellendes Nutzungsverhalten ermöglichen.“
Noch wollen die deutschen Netzbetreiber auch mögliche Starttermine nicht nennen: Die Lösung der regulatorischen Fragen und die Verfügbarkeit von Endgeräten stehen dem laut allen vier befragten Carriern entgegen. Andere Länder werden zwischenzeitlich die Vorreiterrolle übernehmen: So könnten noch in diesem Jahr Verizon Wireless in den USA, NTT Docomo in Japan sowie TeliaSonera, Telenor und Tele 2 in Schweden erste kommerzielle LTE-Datendienste in Ballungsräumen anbieten.
Viel wird davon abhängen, welche Endgeräte verfügbar sein werden und wie sich diese technisch verhalten. Sicher ist wohl, dass zunächst Dualmode-Produkte auf den Markt kommen, die ohne Unterbrechung zwischen UMTS- und LTE-Netzen wechseln können
(seamless handover).
Zu den möglichen Endgeräten äußert sich Thomas Nindl, Director Business Development, Qualcomm Zentraleuropa: „Ähnlich wie schon bei UMTS erwarten wir als erste Endgeräte reine Datenprodukte, zum Beispiel in Form von USB-Sticks oder PCMCIA-Karten.“ Mögliche Probleme wie ein hoher Stromverbrauch werden dort weniger ins Gewicht fallen als bei Handys, die später auf den Markt kommen dürften. Die Probleme mit den ersten UMTS-Telefonen dürften den Anbietern eine Warnung sein, zumal das Nutzerszenario von LTE ohnehin eher auf Daten abzielt.

HSPA+ verkürzt das Warten auf LTE

Bis LTE in zwei bis drei Jahren Realität wird, gibt es mit HSPA+ bereits dieses Jahr eine relativ kostengünstig realisierbare Zwischentechnologie, die Bandbreiten von bis zu 42 MBit/s im Downlink möglich macht. So führt O2 in München einen entsprechenden Live-Versuch mit Endkunden durch, die Surfsticks des Technologiepartners Huawei nutzen und aktuell mit bis zu 28 MBit/s online gehen. Details eines weiteren Ausbaus würden derzeit beim Netzbetreiber geprüft, erklärt Michael Fränkle, Vice President Network Access & Transport bei Telefónica O2 Germany.
Auch E-Plus will die Technologie „bei der weiteren Ausbauplanung“ in Betracht ziehen, wobei ZTE aus China einer der Technologiepartner sein wird. T-Mobile will HSPA+ in diesem Jahr auf jeden Fall einführen und verspricht eine „stufenweise bis auf 42 MBit/s erhöhte Geschwindigkeit“. Passende Endgeräte wollen die Bonner demnächst vorstellen. Lediglich Vodafone hielt sich zum Thema noch bedeckt, es ist aber unwahrscheinlich, dass der Mobile-Data-Pionier diesen Schritt auslässt. Noch im November 2009 hatte Vodafone-CEO Vittorio Colao erklärt, dass HSPA+ als Übertragungstechnologie für die nächsten zwei bis Jahre ausreichen werde, bis LTE Realität wird.
Für die deutschen Kunden wird es dieses Jahr auf jeden Fall interessant, denn das Tempo von HSPA+ macht die Technolgie auch zur Konkurrenz für das Festnetz. Viel wird vom Pricing der Netzbetreiber abhängen – möglich wäre erstmals ein Zuschlag für das höhere Tempo, wie er zum Beispiel vom Netzbetreiber CSL in Hongkong bereits für sein realisiertes HSPA+-Angebot verlangt wird.




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