Eigentümer von Philips' UE-Sparte
02.05.2018, 16:09 Uhr
Gibson meldet Insolvenz an
Die Gitarren des legendären US-Herstellers Gibson haben Kultstatus, doch nun droht die Firma von ihrer Schuldenlast erdrückt zu werden. Gibson-Chef Henry Juszkiewicz hat sich mit Kreditgebern auf einen Rettungsplan geeinigt - letzter Ausweg: Insolvenzverfahren.
Dem Pionier der elektrischen Gitarre droht der Schlussakkord: Die Kultfirma Gibson kann ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen. Das Unternehmen mit Sitz in der Country-Hochburg Nashville im US-Bundesstaat Tennessee teilte am Dienstag (Ortszeit) mit, Gläubigerschutz nach Kapitel 11 des US-Insolvenzgesetzes beantragt zu haben. Gibson steht mit rund 500 Millionen Dollar (415,6 Mio Euro) bei Geldgebern in der Kreide.
Eine Umschuldung, bei der Firmenchef Henry Juszkiewicz zwar bleiben darf, im Hintergrund aber Hedgefonds-Investoren die Macht übernehmen, ist der letzte Strohhalm.
Das Unternehmen glaubt fest an die Rettung: Die Insolvenz erfolge im Rahmen eines von mehr als 69 Prozent der Anleihegläubiger und Hauptaktionären mitgetragenen Sanierungsplans, erklärte Gibson-Chef Juszkiewicz. Durch die Vereinbarung würden 135 Millionen Dollar (113 Mio Euro) an frischen Krediten fließen. Der Geschäftsbetrieb könne dadurch während der Umstrukturierung aufrecht erhalten werden. Für genau diese Summe hatte Gibson im Jahr 2014 die Unterhaltungselektronik-Sparte Woox von Philips gekauft.
Die Firma, auf deren Gitarren schon Legenden wie Elvis, John Lennon oder Johnny Cash spielten, steckt trotz eines Jahresumsatzes von rund 1,2 Milliarden Dollar in akuter Finanznot. Analysten hatten schon länger vor Problemen bei der Rückzahlung von Bankkrediten und Anleihen gewarnt. Gibson kratzte in den vergangenen Monaten bereits Mittel durch den Verkauf von Beteiligungen, Immobilien und Geschäftsbereichen zusammen - offenbar nicht genügend.
Das 1902 gegründete Unternehmen, dessen Wurzeln bis 1894 zurückreichen, war in Schieflage geraten, nachdem es sich mit gewagten Zukäufen wie der 135 Millionen Dollar teuren Übernahme der Unterhaltungssparte des Philips-Konzerns 2014 verhoben hatte. Gibson schickte 1936 die weltweit erste E-Gitarre in die Serienfertigung und verkauft pro Jahr mehr als 170 000 Gitarren in rund 80 Ländern. Die Sparte Gibson Innovations mit Lautsprechern, Kopfhörern und DJ-Bedarf, die als Hauptgrund der Misere gilt, wird abgewickelt.
Firmenchef Juszkiewicz, der schon seit geraumer Zeit unter Druck steht und den einige Investoren lieber heute als morgen aus dem Unternehmen gedrängt hätten, will nun mit einer Rückbesinnung auf Gibsons Kernkompetenz die Wende schaffen. «Die Entscheidung, sich wieder auf das Hauptgeschäft - Musikinstrumente - auszurichten, dürfte zusammen mit der großen Unterstützung unserer Gläubiger zu langfristiger Stabilität und finanzieller Gesundheit führen.»
Es gibt jedoch durchaus Skeptiker, die nicht nur die teuren Expansions-Abenteuer als Grund für Gibsons Niedergang sehen. Spätestens seit die «Washington Post» in einer großen Story den «schleichenden Tod» der E-Gitarre ausrief, wird in der Musikwelt diskutiert, ob es nicht ein größerer kultureller Wandel sein könnte, unter dem Branchen-Urgesteine wie Gibson und dessen Erzrivale Fender leiden. Denn beim jüngeren Publikum hat Gitarrensound es heutzutage schwer - hier geben Rap und elektronische Musik den Ton an.