Texten statt telefonieren 19.04.2017, 10:20 Uhr

Die Smartphone-Generation wird maulfaul

Jugendliche Smartphone-Nutzer kommunizieren immer häufiger über Messaging-Dienste - klassische Telefonie spielt hingegen kaum mehr eine Rolle. Kummer bereitet Experten der sorglose Umgang vieler junger Menschen mit privaten Daten.
(Quelle: Syda Productions - Shutterstock)
Telefonieren ist out - Texten in. Zumindest bei der Gruppe der unter 17-Jährigen, weiß Digital-Experte Gerald Lembke. "Alle Studien zeigen, dass das Telefon kaum noch genutzt wird", sagt der in Mannheim lehrende Professor für Digitale Medien. "Über alle Altersgruppen hinweg wird im Schnitt gerade mal acht Minuten täglich telefoniert - bei der Gruppe der bis zu 17 Jahre alten Nutzer ist die Zeit aber kaum noch erfassbar." Viele von ihnen kommunizieren heute nur noch per Text- oder Sprachnachricht.
Der 15-jährige Hamburger Autor Robert Campe sieht darin keinen Widerspruch. "Klar, das Telefonieren nimmt ab", sagt er. "Ich telefoniere auch nur noch, wenn ich mal sehr schnell Informationen brauche." Doch das Versenden von Sprach- oder Textnachrichten sieht er als eine andere Form des traditionellen Telefonats. In seinem gerade erschienenen Buch "What's App, Mama?" beschreibt der Schüler das Lebensgefühl der Smartphone-Teenager. Gefühle werden kaum noch per Stimme, sondern non-verbal ausgedrückt. "Dafür gibt es ja Emojis", sagt er mit Hinweis auf die kleinen Symbolbilder, die Freude, Wut, Verärgerung oder Überraschung ausdrücken sollen. Und für die Mimik gibt es Selfie-Videos, die der Absender von sich macht.
Aktuell nutzen laut Branchenverband Bitkom 54 Millionen Deutsche ab 14 Jahren ein internetfähiges Mobiltelefon. Damit hat sich der Nutzeranteil seit 2012 mehr als verdoppelt. Innerhalb eines Jahrzehnts sei das internetfähige Mobiltelefon vom Nischenprodukt zum unverzichtbaren Begleiter im Alltag fast aller Menschen geworden.
Digital-Experte Lembke sieht die Entwicklung durchaus kritisch: "Das Digitale verdrängt das Soziale - und schwächt die Persönlichkeit der Jugendlichen", sagt Lembke. Auf der sozialen Ebene sieht er kaum noch Austausch, sondern eine Art Einbahnstraßen-Kommunikation. "Ich-Botschaften" stünden anstelle von Inhalt und Dialog im Vordergrund. "Es findet kein Austausch der Argumente mehr statt und öffnet zudem Tür und Tor für Missverständnisse und Missbrauch aller Art."




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