Weltweites Verkaufen
15.06.2016, 12:00 Uhr
Amazon: "Der Händler entscheidet selbst"
Beim E-Commerce-Riesen Amazon gab es in letzter Zeit Diskussionen in Sachen "Global Selling". Telecom Handel fragte Markus Schöberl, Director Sellers Services Germany bei Amazon, nach den Hintergründen.
Telecom Handel: Herr Schöberl, vor kurzem wurde das neue paneuropäische FBA-Programm gestartet. Welchem Mehrwert bietet das den Händlern?
Markus Schöberl: Wir wollen internationales Verkaufen so einfach wie möglich für Verkäufer machen. Wenn Händler an dem Programm teilnehmen, sind ihre Produkte auf den Amazon Websites in England, Spanien, Italien, Frankreich und Deutschland gelistet. Trotzdem muss der Händler seine Ware nur an ein lokales Logistikzentrum von Amazon schicken. Ab dort übernehmen wir alles für ihn - angefangen von der automatischen Verteilung des Warenbestands anhand der zu erwartenden Nachfrage in den einzelnen Ländern physisch über Ländergrenzen hinweg bis zur Auslieferung an den Kunden.
Die Kosten, die dem Händler entstehen, sind dieselben Kosten, die er hätte, wenn er in diesem Land lokal "Versand durch Amazon" nutzen würde. Davon sind die Händler wirklich begeistert. Wenn Sie sich das Gesamtpaket ansehen, dann investieren wir dort schon sehr viel und bieten dem Händler auch viel, nämlich eine europaweite Verkaufschance, bei der Amazon die Komplexität für Händler um ein ganz ordentliches Stück reduziert. Um steuerrechtliche Themen muss sich der Händler - wie immer bei internationalen Verkaufsaktivitäten - natürlich selber kümmern. Wir unterstützen - können ihm das aber nicht abnehmen.
Wie ist denn die Response für das paneuropäische FBA-Angebot?
Schöberl: Wir sind erst gestartet und die bisherigen Rückmeldungen sind positiv. Ist alles perfekt? Nein, es gibt immer Dinge zu optimieren. Und die Händler helfen uns dabei, genaue Zahlen veröffentlichen wir nicht.
In den vergangenen Wochen gab es Diskussionen darüber, dass Marktplatz-Händler der Lagerung ihrer Waren in den Logistikzentren in Tschechien und Polen zustimmen müssten, wenn sie Zuschläge auf den Paketversand vermeiden wollen. Was hat es denn damit auf sich?
Schöberl: Es geht um ein Programm, das die Effizienz und die Schnelligkeit des europäischen Amazon-Logistiknetzwerks weiter ausbaut. Wir haben in Europa inzwischen ein Logistik-Netzwerk mit insgesamt 29 Zentren. Es ist notwendig, Lagerbestand im gesamten europäischen Logistiknetzwerk zu verteilen, einschließlich der Amazon-Standorte in Polen und Tschechien, um Bestellungen an Kunden weiterhin schnell und zuverlässig auszuliefern. Händler, die ihren Lagerbestand in Logistikzentren in Deutschland haben, können auch die Logistikzentren in Polen und Tschechien zur Lagerung ihrer Waren nutzen, weil dies zur Optimierung der Kundenerfahrung beiträgt.
Welchen Vorteil hat denn ein Händler von einer Lagerung seiner Ware in Polen und Tschechien. Was entschädigt ihn für den Mehraufwand beispielsweise in steuerrechtlichen Belangen?
Schöberl: Es geht darum, dass Waren der Händler auf optimalem Weg schnell und zuverlässig zum Kunden kommen. Dafür sorgt das Gesamtnetzwerk über die 29 Logistikzentren in Europa hinweg. Das machen auch schon viele Händler, wir arbeiten ja schon seit März 2015 an dem Thema. Wichtig ist uns, eine Balance zu finden. Händler, die sich bewusst gegen eine Lagerung in Tschechien und Polen entscheiden, aber letzten Endes trotzdem von der Gesamtoptimierung profitieren, stellen wir daher vom 8. Juni an 25 Cent mehr pro Einheit in Rechnung. Und wir unterstützen Händler auch, indem wir beispielsweise sehr gute Steuerberatungspakete bei KPMG für Händler ausgehandelt haben.