Verkaufsgespräch 28.06.2010, 11:21 Uhr

Auf Augenhöhe mit dem Kunden

Manche Verkäufer neigen zu Schubladendenken und reden am Kunden vorbei. Telecom Handel zeigt, wie Berater Kunden bei der Stange halten und schwierige Gespräche doch noch zum Abschluss bringen können.
Ein 65-jähriger Mann, auf den ersten Blick nicht sonderlich technikaffin, aber auch nicht tatterig, kommt in den Handy-Shop. Später betritt eine etwa 20-jährige junge Frau den Laden, gekleidet mit teuren Markenklamotten, auf den ersten Blick sehr trendy. Beide Kunden erwarten eine individuelle Beratung, wollen ein Handy kaufen, einen Vertrag abschließen, vielleicht sogar beides. Eine Routineangelegenheit, denkt sich der Verkäufer, der schließlich schon seit Jahren Kunden berät.
Doch dann passiert Folgendes: Die junge Frau wippt während der ausführlichen Erklärungen zum Für und Wider eines hippen Designer-Handys plötzlich mit den Fußspitzen, ihr Blick wandert über die Regale, und mit einer gemurmelten Erklärung – „Ich muss noch einmal darüber schlafen“ – verlässt sie den Shop.
Der 65-Jährige hingegen verschränkt die Arme, als der Verkäufer ihm die Vorzüge eines Senioren-Handys erklärt, zwar hört er dem Verkäufer noch zu – allerdings mehr aus Höflichkeit denn aus echtem Interesse. Insgeheim sucht auch er schon seit einiger Zeit nach einer Möglichkeit, den Laden zu verlassen. Am Ende kaufen weder der Golden Ager noch die hippe 20-Jährige ein Handy. Was ist passiert?

Verkaufsgespräch: Auf Augenhöhe mit dem Kunden

Schubladendenken vermeiden
Der Verkäufer hat während des Gesprächs die Kunden „verloren“, er hat nicht bemerkt, dass sie ihm nicht mehr zuhören, er im Wortsinn an ihnen vorbeiredet. Ein Szenario, wie man es laut Alexander Christiani, Geschäftsführer der Kölner Christiani Consulting KG, allzu oft am Point of Sale erlebt. Und oft passieren die ersten Fehler schon dann, wenn die Kunden den Shop betreten. „Du sollst dir kein Bild von deinem Kunden machen, bevor du ihn nicht gefragt hast“, wandelt er ein Bild aus der Bibel in eine Verkaufsregel um.
Anders formuliert: Der Verkäufer hat die Kunden schon beim Betreten des Shops in die sprichwörtliche Schublade gesteckt und glaubte ihre Bedürfnisse zu kennen. „Von dieser Position aus brauchte er die Kunden auch nicht mehr genau zu fragen – und signalisierte so zum ersten Mal sein Desinteresse, das die Kunden dann letztendlich aus dem Laden vertrieben hat“, erklärt Christiani weiter.
Sein Rat an Verkäufer lautet deshalb: „Aufmerksamkeit und Interesse sind die Schlüssel für ein erfolgreiches Verkaufsgespräch.“ Aufmerksamkeit signalisiere man beispielsweise durch ein leichtes Lächeln, Freundlichkeit oder ganz einfach, indem man dem Kunden den Blick zuwendet. „Wir alle wissen diese Dinge, aber wir halten uns nur dann daran, wenn wir dem Kunden wirklich offen begegnen“, so der Trainer. Oft stimme der berühmte erste Eindruck zwar, doch allzu oft liege man eben auch daneben – die Folgen sind bekannt.

Verkaufsgespräch: Auf Augenhöhe mit dem Kunden

Den Kunden bei der Stange halten
So mancher Verkäufer wiederum bemerkt zwar, wenn er einen Kunden zu verlieren beginnt. Er weiß aber nicht, wie er ihn zurückgewinnen kann. „Viele argumentieren mehr, schneller und lauter, sobald sie merken, dass das Interesse des Kunden schwindet“, berichtet Christiani. In seinen Augen ein fataler Fehler. „Viel besser wäre es, den Kunden offen auf sein Verhalten anzusprechen“, rät der Coach. „Ich bin mir nicht sicher, ob das hier genau in die Richtung geht, die Ihnen vorschwebt.“ Oder: „Gibt es von Ihrer Seite weitere Wünsche und Infos, die wichtig sind und die ich kennen sollte?“
Mit solchen offenen Fragen kann ein guter Verkäufer seine Kunden in das Gespräch zurückholen – und verhindern, dass sie den Laden mit der bei Verkäufern wahrlich verhassten Ausrede „Das möchte ich mir noch einmal überlegen“ verlassen. Kommt diese Floskel aber doch zum Einsatz, so hat Christiani auch hier einige Tipps parat. Zunächst sollte der Verkäufer versuchen, im Gespräch zu bleiben. Dies kann er beispielsweise, indem er dem Kunden sagt: „Danke für das offene Feedback. Wenn Sie mir sagen, was Sie konkret noch überlegen wollen, vielleicht kann ich Ihnen noch die eine oder andere Info mitgeben?“ – mit dieser Frage kann der Verkäufer zugleich versuchen, in das Gespräch wieder einzusteigen.
Tipp zwei des Verkaufsexperten ist vor allem für Schnelldreher geeignet, Handys zum Beispiel, die schnell ausverkauft sind. Hat der Kunde bereits ein deutliches Interesse an diesem Produkt signalisiert, kann der Verkäufer ihm anbieten, das Handy für einige Tage zurückzulegen. Viele Kunden entscheiden sich in dieser Situation dann doch spontan für einen Kauf. Und falls nicht, hat der Händler zumindest seinen guten Service unter Beweis gestellt. Kunden schätzen das – und kommen dann vielleicht wieder.