Online-Bewertungen
02.03.2011, 10:35 Uhr
Fünf Sterne für die Besten
Zwischen Meinungsfreiheit und Schmähkritik: Immer mehr Menschen bewerten auch stationäre Shops im Internet. Lesen Sie hier, wie Händler ihren guten Ruf im Internet pflegen können.
Eine Kundin erhält ihr iPhone einen Tag später als erwartet aus der Reparatur zurück – ein Mitarbeiter war krank geworden. Ärgerlich, aber das kommt vor. Diese Kundin sah das allerdings anders: „Wenn Sie mir im Preis nicht entgegenkommen, dann gebe ich eine schlechte Bewertung über Sie im Internet ab“ – mit dieser Drohung versuchte sie bei Jasmin Özerdem einen Rabatt auf den Reparaturpreis zu erzwingen.
Die Verkäuferin in der Münchner Phoneklinik.com, einem Spezialisten für iPhone- und iPad-Reparaturen, ließ sich jedoch nicht beirren: „Natürlich habe ich nicht nachgegeben.“ Dennoch: Ein wenig unwohl war ihr schon, denn Özerdem ist sich sehr wohl bewusst, dass das Internet mittlerweile zu einer der beliebtesten Bewertungsplattformen für Händler, gleichgültig ob stationär oder online, geworden ist.
„Vielen Händlern ist gar nicht bewusst, dass und vor allem was im Internet über sie geschrieben wird“, erklärt dazu Henning Langer, Mobile Specialist bei der Hamburger Online-Marketing-Agentur Eprofessional. Ein Fehler, denn schlechte Bewertungen können sehr schnell potenzielle Neukunden vergraulen – diejenigen nämlich, die zur großen Menge derer gehören, die sich vor einem Kauf, auch im stationären Handel, im Internet informieren.
Dabei müssen sich die Kunden nicht einmal am heimischen Rechner befinden, um über den Händler Schmidt oder Maier Erkundigungen einzuholen; durch die große Verbreitung von Smartphones ist dies auch unterwegs möglich. Vor allem Nutzer von Geo-Location-Diensten wie Google Latitude oder Facebook suchen gezielt mit dem Smartphone nach dem besten Shop in ihrer Nähe. Für Langer ist deshalb klar: „Längst gehört es auch für den stationären Handel zur Pflicht, sein Profil im Internet im Auge zu behalten.“
Diese Plattformen müssen Sie im Auge behalten
Und er gibt einige Tipps, wie dies ohne großen Aufwand geschehen kann. Erst einmal gilt es, zu erkennen. Dazu gehört Google, der Suchmaschinen-Gigant ist für die meisten Menschen die erste Anlaufstelle, wenn sie etwas suchen – und mit Latitude bietet er auch einen ausgefeilten Geo-Location-Dienst: User können so zum Beispiel die nächstgelegene Kneipe oder einen Handyshop suchen. Mit Hotpot wiederum können User Orte auch bewerten. Latitude saugt zudem jede Menge Informationen über den Shop aus dem Netz und ist unter anderem mit dem Bewertungsportal Qype verlinkt. Eine weitere wichtige Plattform ist Facebook, das soziale Netzwerk hat in Deutschland mittlerweile rund 15 Millionen Nutzer und bietet seit dem vergangenen Herbst auch einen eigenen Geo-Location-Dienst, Facebook Orte, an.
Um die Plattformen zu nutzen, müssen Anwender ein Konto eröffnen – und das rät Langer auch den Besitzern eines stationären Shops. Und: Händler sollten einen eigenen „Place“ für ihren Laden anlegen. Der Vorteil: „Nur so können Unternehmen sicherstellen, dass die Basisdaten wie beispielsweise eine Telefonnummer auch stimmen – und auch besser auf Bewertungen reagieren“, so Langer weiter. Denn eines ist gewiss: Nicht immer steht nur Positives in den Plattformen.
Denn leider sind es häufig die Nörgler und Besserwisser, die sich im Netz über andere äußern – und das kann schnell unter die Gürtellinie gehen. Mike Schnoor, Unitleiter Business Development/Marketing der Fachgruppe Social Media im Branchenverband BVDW, rät in diesem Fall dazu, erst einmal „Ruhe zu bewahren“ und kritisch zu hinterfragen, ob die Kritik vielleicht berechtigt ist. Denn schließlich ist schlechtes Feedback auch eine Chance, die eigene Präsenz im Shop zu verbessern.
Ist die Kritik indessen unangemessen, so gibt es erst einmal zwei Möglichkeiten: Hoffen, dass möglichst viele positive Urteile das schlechte schnell nivellieren, oder aber offen auf die Kritik reagieren und auf der Plattform Stellung beziehen. Ein Beispiel: Beschwert sich ein Kunde über schlechten Service, so kann der Händler durchaus nachfragen, was ihn konkret gestört hat – das wirkt sympathisch und kommt bei den Usern in der Regel gut an. Und auch um möglichst viele Bewertungen zu „sammeln“, gibt es einen recht einfachen Trick: Händler können im Verkaufsgespräch einfach Dienste wie beispielsweise Facebook Orte erklären und darauf hinweisen, dass sie sich über eine positive Bewertung freuen würden.
Tabu: Eigene Kommentare ins Netz stellen
Absolut tabu ist es indes, unter einem Pseudonym selbst positive Kommentare ins Netz zu stellen. „Kein Fake!“, warnt deshalb Michael Gebert, „denn Lügen im Internet fliegen immer auf und schaden damit dem Image eines Unternehmens erheblich.“ Gebert ist Manager bei der Münchner Agentur Reputeer, die Kunden – sowohl Unternehmen als auch Privatpersonen – beim Aufbau und Schutz ihres guten Rufs im Internet unterstützt. Und er weist auf eine weitere Unsitte hin: Manche Unternehmen versuchen, ihre Wettbewerber durch schlechte Bewertungen zu diskreditieren. Allerdings ist dies ein gewagtes Spiel – denn letztendlich riskieren sie damit eine Abmahnung. Dies gilt im Übrigen auch für Privatleute, die im Internet falsche Tatsachen behaupten.
Meinungsfreiheit oder Schmähkritik?
Juristisch bewegen sich Bewertungen im Spannungsfeld zwischen Meinungsfreiheit und Schmähungen. So können Personen beispielsweise schreiben, dass sie nie wieder bei einem Unternehmen einkaufen werden und absolut unzufrieden waren – ohne dies näher zu begründen. Das betroffene Unternehmen hat in diesem Fall keine Grundlage, gegen die Kritik vorzugehen, „da die Gerichte regelmäßig bestätigen, dass die Meinungsfreiheit auch scharfe Kritik abdeckt“, erklärt dazu Thomas Schwenke, Partner der Kanzlei Schwenke & Dramburg. „Die Grenzen dieser Freiheit liegen allerdings in der Behauptung falscher Tatsachen und Schmähungen“, so Schwenke weiter. Und er nennt ein Beispiel: Wenn ein Kunde schreibt, dass ein Handy wochenlang nicht geliefert wurde, obwohl die Lieferung nur eine Woche dauerte, so ist dies eine falsche Tatsache, gegen die sich der Händler wehren kann.
Juristisch bewegen sich Bewertungen im Spannungsfeld zwischen Meinungsfreiheit und Schmähungen. So können Personen beispielsweise schreiben, dass sie nie wieder bei einem Unternehmen einkaufen werden und absolut unzufrieden waren – ohne dies näher zu begründen. Das betroffene Unternehmen hat in diesem Fall keine Grundlage, gegen die Kritik vorzugehen, „da die Gerichte regelmäßig bestätigen, dass die Meinungsfreiheit auch scharfe Kritik abdeckt“, erklärt dazu Thomas Schwenke, Partner der Kanzlei Schwenke & Dramburg. „Die Grenzen dieser Freiheit liegen allerdings in der Behauptung falscher Tatsachen und Schmähungen“, so Schwenke weiter. Und er nennt ein Beispiel: Wenn ein Kunde schreibt, dass ein Handy wochenlang nicht geliefert wurde, obwohl die Lieferung nur eine Woche dauerte, so ist dies eine falsche Tatsache, gegen die sich der Händler wehren kann.
Abmahnung: Nicht immer der beste Weg
Und wie? In einem ersten Schritt sollte er sich an den Verfasser wenden, rät Schwenke. Da die Bewertungen allerdings oft anonym abgegeben werden, ist der nächste Anlaufpunkt der Plattform- oder Forenbetreiber. Dieser lenkt meist ein, wenn die falschen Tatsachen dargelegt werden oder auf die Schmähung hingewiesen wird. Denn sobald er davon Kenntnis hat, haftet er auch selbst für die rechtswidrigen Äußerungen.
Weigert er sich dennoch, so bleibt dem Händler meist nur noch der Schritt zum Anwalt, der den Forenbetreiber abmahnen sowie eine einstweilige Verfügung gegen diesen vor Gericht beantragen kann. Zusätzlich kann er eine Strafanzeige stellen und über die Akteneinsicht bei der Staatsanwaltschaft den Namen des eigentlichen Verfassers herausfinden.
Allerdings ist der Weg über eine Abmahnung nicht immer die beste Lösung, denn „schnell kann dies eine Lawine an negativen Folgekommentaren auslösen“, warnt Schwenke. Er rät seinen Mandanten meist zu einem „weicheren Weg“, statt einer Abmahnung beispielsweise ein überzeugendes Schreiben an den Plattformbetreiber zu formulieren und auf diese Art eine Einigung zu erzielen. Letztendlich aber ist er sich sicher, dass sich in Zukunft sowohl bei den Unternehmen als auch bei den Kunden mehr Fingerspitzengefühl ausbilden wird, „denn auch die Kunden müssen lernen, dass die Bewertungsmöglichkeiten keine zügellosen Ventile für ihren Frust sind“.