Cross-Selling 24.01.2012, 16:50 Uhr

Viele Wege führen zum Ziel

Welche Möglichkeiten gibt es, um den monatlichen Umsatz in die Höhe zu schrauben? Telecom Handel hat nachgefragt - und stellt die erfolgreichen Cross-Selling-Konzepte von Mobilfunkhändlern vor.
Ebbe in der Kasse und keine Kunden in Sicht? Es gibt viele Möglichkeiten, das eigene Geschäft mit Querverkäufen anzukurbeln.
Manfred Lainer beispielsweise vermarktet BOS-Funkgeräte, Frank Knoche hat einen DPD-Paketshop in jeder Filiale und Giuseppe Nicastro setzt auf individuelle Services rund um das Kerngeschäft.
Telecom Handel hat mit fünf erfolgreichen Inhabern und Geschäftsführern von Mobilfunkshops über ihre Cross-Selling-Konzepte gesprochen. Lesen Sie auf den nächsten Seiten, wie kreativ und einfallsreich die Händler auf der Suche nach ihrer Nische vorgegangen sind.

Feuerwehrmann im Einsatz

Heulende Sirenen künden einen Feuerwehreinsatz an. In ganz Berchtesgaden piepen die Funkmeldeempfänger der Feuerwehrmänner – auch der von Manfred Lainer. Der Mobilfunkhändler ist selbst in der freiwilligen Feuerwehr aktiv und hat sein Hobby ins Berufsleben integriert. Das Ergebnis ist eine ungewöhnliche Cross-Selling-Strategie: BOS-Funkgeräte, Funkmeldeempfänger und Hör-/Sprechgarnituren, wie sie in den Helmen von Feuerwehrmännern verwendet werden, vermarktet er ebenso wie das TK-Sortiment. Mit dem professionellen Equipment stattet er nicht nur seine Kameraden von der Feuerwehr aus, auch die Bergwacht gehört mittlerweile zu seinem Kundenstamm.
„Einem normalen Kunden kann ich natürlich keinen Funkmeldeempfänger verkaufen“, erläutert er, mit bayerischem Akzent. Daher sind diese Geräte auch nicht in seinen Läden in Berchtesgaden und Bad Reichenhall ausgestellt. „Die Interessenten kommen bei Bedarf gezielt auf mich zu, weil sie vom Kommandanten oder meinen Kameraden zu uns geschickt werden“, führt Manfred Lainer weiter aus. Geht eines der Funkgeräte beim Feuerwehreinsatz kaputt, ist er auch gleich zur Stelle: „Durch die Tätigkeit in der Feuerwehr habe ich die Möglichkeit, kleinere Reparaturen vor Ort durchzuführen. Da kann ich schnell und unproblematisch reagieren, abgerechnet wird über die Kommune“, sagt Lainer.
Eine weitere Besonderheit in seinem Angebot – der Verkauf von EC-Cash-Terminals – ergibt sich aus dem Standort. „Im Berchtesgadener Land ist unser wichtigstes Gewerbe der Tourismus und viele unserer Geschäftspartner kommen aus der Gastronomie und Hotellerie“, so Lainer. Wenn ein Kunde also eine Telefonanlage für ein Hotel oder seine Pension bei Lainer Mobilfunk & Telekommunikation in Auftrag gibt, wird im Beratungsgespräch nachgefragt, ob auch Interesse an bargeldlosem Bezahlen besteht.
Für die Zukunft plant Lainer eine Erweiterung seines Leistungsspektrums um weitere Hardware-Produkte, die der Kunde ohne aufwendige Beratung in der Filiale on top mitnehmen kann. Denn: „Cross-Selling ist in Ordnung, solange es im Rahmen bleibt. Ich möchte nicht, dass die Produktgruppen zu weit verstreut sind. Wir sind immerhin ein Fachhandel, und Verkaufen um jeden Preis muss nicht sein. Ich würde zum Beispiel nie auf die Idee kommen, Winterjacken anzubieten“, resümiert er mit einem verschmitzten Lächeln.

?Cross-Selling ist praktisch?

Ein DPD-Paketshop im Handy-Laden hat viele Vorteile, findet wiederum Frank Knoche, Inhaber von KnoSch.net Telecom im Sauerland: „Es ist praktisch, dass wir auf diese Weise sehr kurze Wege haben. Wenn wir selbst Warensendungen haben, können wir zusichern, dass die Ware national am nächsten Tag beim Kunden ankommt.“
In den drei Filialen von KnoSch.net Telecom in Lennestadt und Eslohe bietet Knoche weiterhin schwerpunktmäßig Telekommunikationsprodukte, EDV- und Netzwerktechnik, Internet und Mobilfunk an. Auch den technischen Support beim Kunden vor Ort, wie ihn Router- und Anlageninstallationen erfordern, leisten Knoche und sein achtköpfiges Team.
Der DPD-Paketshop ist grundsätzlich als Kundenfrequenzbringer gedacht. „Der Gedanke war im Ursprung: Wenn ein Kunde ein Paket bringt, dann kann man ihn einfach auf das eigene Produktportfolio ansprechen“, erläutert der dynamische Jungunternehmer, der die Entscheidung für die integrierten DPD-Shops sehr pragmatisch getroffen hat. „Da das immer wiederkehrende Kunden sind, relativiert sich dieser Effekt jedoch“, schränkt er ein. „Wenn der Kunde aber einmal bei uns war, kennt er unser Portfolio und entscheidet sich gegebenenfalls für die Beratungsleistung und im Idealfall für einen Abschluss.“

Bleistift, Spitzer & Co.

Das Cross-Selling-Konzept von Heinz Bauer ist dagegen aus seiner beruflichen Historie gewachsen. Bevor er sich 2004 selbstständig machte, war er in einer Druckerei mit eigenem Kopierzentrum und kleinerem Schreibwarenladen angestellt. Dieses erfolgreiche Modell hat er weitgehend übernommen und darüber hinaus durch die Telekommunikations-Sparte ergänzt.
Heute führt er auf rund 150 Quadratmetern einen Telekom-Exklusivpartnershop mit angegliedertem Copy-Center und einer Schreibwarenabteilung in Daun, einer Kleinstadt in der Vulkaneifel. „Die TK-Produkte machen 50 bis 60 Prozent des Umsatzes aus. Aber durch Cross-Selling können wir mit anderen Produkten und Produktmärkten Flauten ausgleichen“, berichtet Bauer stolz.
Dies sei zum Beispiel in den Sommerferien der Fall, wenn Kunden bei ihm die Schulbücher für ihre Kinder bestellen. „Meistens nehmen sie noch Bürobedarf mit und lassen sich im Idealfall auch über Telekommunikation beraten. So haben wir im Gegensatz zu anderen Kollegen im Sommer immer ein gutes Umsatzplus“, freut sich der Unternehmer. Das Kernsortiment an Bürobedarf, das vom Bleistift über Aktenvernichter bis zum Druckerzubehör alles umfasst, was in Haushalt und Schule gebraucht wird, hat Bauer immer im Lager vorrätig. „Nebenbei betreiben wir einen Online-Shop, in dem weitere 60.000 Produkte bestellbar sind“, berichtet er.
Sein Ladengeschäft hat Bauer in drei etwa gleich große Bereiche für Telekom, Schreibwaren und Copyshop aufgeteilt. So werden die Kunden beim Einkaufen und auf dem Weg zur Kasse zwangsläufig an den unterschiedlichen Produktgruppen vorbeigeleitet. Diese Chance nutzt Bauer: „Wenn Zeit ist und genug Personal anwesend, dann sprechen wir die Kunden direkt auf die TK-Produkte an.“
Besonders seine langjährigen Angestellten können eine grundlegende Beratung in allen Bereichen leisten. Allerdings sei jeder Mitarbeiter auf ein Thema spezialisiert, denn angesichts der Angebotsbreite und des schnellen Wandels könne nicht jeder alles kennen. Das umfangreiche Sortiment und die unübersehbare Lage von Heinzbauer Telekommunikation, Copy, Print, Büro vis-à-vis des Dauner Busbahnhofs seien ein Erfolgsgarant: „Weil wir uns so breit gefächert aufgestellt haben und sich unser Shop unübersehbar am Ortseingang von Daun befindet, haben wir eine sehr hohe Kundenfrequenz“, strahlt Bauer und schaut zufrieden auf die prall gefüllten Regale mit Bürozubehör.

Erfolg hängt vom Mitarbeiter ab

„Wir leben in einer Zeit, in der das Neukundengeschäft stagniert. Wenn ich einen Kunden im Laden habe, muss es das Ziel sein, das komplette Potenzial dieses Kunden auszunutzen“, argumentiert indes Sven Liebert. Als Chef von sechs My-extra- und einem E-Plus Shop, die sich unter anderem in Aschersleben, Staßfurt und Schönebeck in Sachsen-Anhalt befinden, kennt er sich mit Cross-Selling bestens aus.
In seinen Läden bietet er nicht nur das TK-Kernsortiment, sondern auch Zubehör, Strom, Finanzierungsmodelle und Handy-Versicherungen an. Diese Konvergenzprodukte könne man am besten nach dem eigentlichen Abschluss zur Sprache bringen, erklärt Liebert. Der Erfolg dieser Strategie sei jedoch abhängig vom einzelnen Mitarbeiter. „Zum Beispiel machen wir die Stromvermarktung momentan nebenbei. Da bleibt leider noch viel liegen.
Auch an das Thema Handy-Versicherungen gehen die Mitarbeiter nicht gerne heran“, verrät Liebert. Dennoch plant er, diese Bereiche auszubauen. „In unserer Branche sollte man nie von Stillstand sprechen“, so Liebert. Wichtig sei es jedenfalls, sich als Spezialist zu positionieren: „Wer sich von den Mitbewerbern abheben will, muss besonderes Fachwissen auf hohem Niveau haben.“

Mit Services punkten

„Cross-Selling ist für mich das Zusammenspiel von Hardware und Dienstleistung“, stellt dagegen Giuseppe Nicastro fest. Um die schwindenden Margen im Tagesgeschäft auszugleichen, bietet er in seinen Telekommunikationsstores im saarländischen St. Wendel und dem nahe gelegenen Wadern Dienstleistungen an.
Damit schlägt der temperamentvolle Unternehmer zwei Fliegen mit einer Klappe: Einerseits sorgt er so für zusätzliche Umsätze. Andererseits hat er als Händler die Chance, „dem Kunden Kompetenz, Flexibilität und Kundenorientierung zu zeigen“. Und dies sei letztlich neben dem persönlichen Kontakt zwischen Kunde und Händler das wichtigste Kriterium bei der Positionierung des stationären Fachhandels gegenüber den Discountern und Online-Shops.
Nicastro bringt beispielsweise nach dem Kauf eines Smartphones oder Tablets die passende Schutzfolie fachkundig auf dem Gerät an – gegen einen kleinen Aufpreis. „Unsere Kunden dürfen in der Zwischenzeit im Café um die Ecke kostenlos einen Cappuccino trinken. Im Sommer gibt’s einen Gutschein vom Eismann“, verrät er mit einem Augenzwinkern. Diese Kooperationen sind ein weiterer Schritt hin zur erfolgreichen Kundenbindung.
Aber: „Ich lehne alles ab, was nicht zu meinem Kerngeschäft gehört“, stellt Nicastro klar und schließt somit aus, auch fachfremde Produkte anzubieten. Auch ein Shop-in-Shop-Konzept kommt für ihn nicht infrage. „Aufwand und Arbeit müssen sich lohnen“, führt er weiter aus. Eine Post-Agentur würde zum Beispiel zwar grundsätzlich die Kundenfrequenz steigern. Diese Kunden hätten allerdings meist kein Interesse am eigentlichen Kernsortiment. Daher würde unnötig Personalkapazität gebunden, ohne dass sich der Arbeitsaufwand finanziell rentiere. In Zukunft könnte jedoch ein Homeservice das Portfolio des Saarländers abrunden: Angedacht ist eine Beratung beim Kunden zu Hause gegen einen Kostenbeitrag, der bei erfolgreichem Geschäftsabschluss verrechnet wird.
In Nicastros Läden hängen übrigens gut sichtbar zwei Preislisten für die zahlreichen Dienstleistungen rund um den eigentlichen Verkauf des Telekommunikations-Sortiments aus: Eine für Stammkunden – die zweite mit höheren Preisen ist für Leute, die ihr Gerät nicht bei ihm gekauft haben und nur den Service in Anspruch nehmen wollen. So kann jeder sehen, wovon Nicastro fest überzeugt ist: „Service bringt bares Geld.“ Und der Erfolg gibt ihm recht.