Coaching 27.09.2022, 15:40 Uhr

Beratungsgespräch: Auge in Auge mit dem Kunden

Telecom Handel spricht mit dem Coach Dominik Reinhardt über die Bedeutung von Mimik im Beratungsgespräch und erfährt, wie man unausgesprochene Einwände des Kunden am besten erkennen kann.
Dominik Reinhardt, Inhaber von Train4Success
(Quelle: Dominik Reinhardt)
Wie kann ich erkennen, dass sich mein Kunde eigentlich längst gegen einen Kauf entschieden hat, obwohl er mir beim Beratungsgespräch weiter freundlich zunickt? Coach Dominik Reinhardt erklärt in seinem Workshop auf dem Branchentreff Communicate! am 14. Oktober (Hier geht es zum Programm), wie jeder die unausgesprochenen Signale seines Gegenübers im Gespräch erkennen kann und wie man am besten darauf reagiert.   
Telecom Handel: Sie sprechen auf der Communicate! zum Thema Mimikresonanz – was kann man sich darunter vorstellen?
Dominik Reinhardt: Vereinfacht gesagt geht es darum, wie ich auf die Emotionen des Gegenübers reagieren kann, aber zunächst einmal natürlich, dass ich diese überhaupt erst mal wahrnehme. Die Universität Bonn hat in einer Studie herausgefunden, dass Menschen, die eine hohe Fähigkeit haben, Emotionen zu erkennen, erfolgreicher im Beruf und auch glücklicher in Beziehungen sind.
Kann man diese Fähigkeit denn lernen oder trainieren?
Reinhardt: Auf jeden Fall. Man sagt, wenn man eine Sache 200-mal wiederholt hat, kann man sie im Schlaf. Es ist wie bei allem – nur durch Übung lernt man etwas wirklich, nicht nur durch das theoretische Ansehen von Videos oder Lesen von Büchern. Ziel ist die Veränderung der inneren Haltung. In meinen Seminaren – und auch auf der Communicate! – zeige ich, wie man an der Mimik des Kunden sofort erkennt, welche Emotion er gerade hat, und wie man im Idealfall darauf eingehen kann.
Geben Sie uns doch ein Beispiel.
Reinhardt: Wenn der Kunde im Beratungsgespräch sagt: ,Das klingt aber wirklich spannend, ich überlege mir das noch mal‘, und in dem Moment beide Augenbrauen-­Innenseiten nach oben zieht, dann ist das ein Zeichen für die Emotion Trauer. Wir können hier den Grund der Emotion Trauer nicht ­direkt lesen, aber wir erkennen die Emotion und können darauf eingehen. Die Trauer könnte daher kommen, dass er kein Budget hat, Sie als Verkäufer aber nicht enttäuschen mag. Dann können wir eine Resonanzaussage verwenden wie: ,Ich habe den Eindruck, es gibt noch Dinge die Ihnen noch nicht ganz passen …‘
Manchmal brauche ich gar kein Fachwissen, um zu sehen, was der Kunde gerade denkt. Beispielsweise, wenn er zu mir in den Laden stürmt und mir das defekte Smartphone auf den Tresen knallt …
Reinhardt: Klar, das kann jeder dann natürlich einordnen – die Frage ist aber, wie reagiere ich ­darauf? Möchte ich mit viel Kraft und Zeit ­dafür sorgen, dass der Kunde wieder runterkommt und ich die Kunden­beziehung noch rette? Oder lohnt es sich nicht, weil ich weiß, dass er ohnehin wegen jeder Kleinigkeit zu mir kommt und mir kostbare Zeit raubt? Manchmal muss man sich auch eingestehen, dass man in dem Moment vielleicht selber gerade keine Kraft, keine Motivation hat, um den Kunden wieder runterzubringen.
Es wird sicher viele Händler geben, die sagen: ‚Ich brauche keinen Coach, der mir sagt, wie ich auf Kunden eingehen soll, ich mach’ das seit 20 Jahren.‘
Reinhardt: Ich habe jahrelang auch als Fußballtrainer gearbeitet und kann sagen: Spieler, die denken, sie können schon alles, hören auf zu trainieren. Und wenn ich aufhöre zu trainieren, dann wird mein Passspiel eben nach und nach ein Stück weit schwächer werden. Und wie beim Fußball – trainieren muss man selber, das macht nicht der Trainer für dich. Um auf unser Thema zurückzukommen: Wenn ich die Zeichen in der Mimik einmal kenne, dann kann ich darauf eingehen und werde sie mit jedem Mal besser erkennen und besser reagieren. Und üben kann man ja auch im Privaten oder mit den Kollegen, es ist einfacher, als mancher jetzt vielleicht denkt.
Mitunter zeigt das Gegenüber nur schwache Mimik, wie kann ich die Emotionen dann unterscheiden?
Reinhardt:  Hier geht es um die sogenannten Mikroexpressionen, also Emotionen, die nur ganz kurz auftreten. Genau diese schauen wir uns an. Angst und Überraschung liegen mimisch recht eng beieinander. Bei beiden Emotionen sind die Augenbrauen mit im Spiel. Überraschung zeigt sich durch das Hochziehen der Brauen und einen leicht geöffneten Mund, außerdem nimmt man unwillkürlich den Kopf leicht zurück. Bei Angst zieht man die Augenbrauen ebenfalls hoch, aber leicht zusammen, so dass auf der Stirn eine kleine ,Welle‘ zu sehen ist. Außerdem kann man ein angespanntes unteres Augenlid und angehobenes oberes Augenlid feststellen.
Wir haben bislang nur über das Privatkundengeschäft gesprochen, aber auch bei GK-Terminen kann einem dieses Wissen helfen, oder?
Reinhardt: Ja, und hier geht es meist auch um deutlich mehr Geld.
Viele Händler haben in den vergangenen Jahren gelernt, ihre Kunden auch telefonisch zu beraten, die wenigsten machen das aber per Videocall. Am Telefon kann ich jedoch nicht auf Mimik reagieren …
Reinhardt: Das ist ein entscheidender Punkt. Auf der einen Seite ist es ein großer Vorteil, die Mimik des Gegenübers zu sehen, auf der anderen Seite betrachten viele Kunden ein Videotelefonat noch als Eindringen in ihre Privatsphäre und haben Bedenken oder Ängste – auch aufgrund fehlender digitaler Erfahrung. Ich empfehle deshalb, im Vertrieb auf beide Szenarien vorbereitet zu sein und den Kunden entscheiden zu lassen, ob ihm ein solcher Termin mit Video recht wäre. Gleichzeitig kann ich aber auch erklären, wie ich ihm dabei Geräte zeigen könnte, eine Übersicht über die Kosten und Ähnliches. Die Entscheidung muss aber stets beim Kunden liegen, da sein Sicherheitsgefühl auch entscheidend für den späteren Vertriebserfolg ist.
Stichwort Cross-Selling: Wenn ich auch Webcams und Internet-Anschlüsse verkaufe …
Reinhardt: ... dann kann ich beim Videocall mit dem Kunden unter Umständen auch gleich das Gespräch auf die verbesserungswürdige Qualität seiner Kamera lenken oder auf die langsame Internet-Verbindung. Wichtig ist an dieser Stelle nur, dass man seinen Arbeitsplatz, von dem man den Kunden anruft, professionell ausstattet, also mit guter Kamera, gutem Licht und so weiter.




Das könnte Sie auch interessieren