30. Rid Zukunftskongress
29.10.2018, 09:30 Uhr
"Der Point of Sale wird zum Point of Emotion werden"
Auf dem 30. Rid Zukunftskongress warf Zukunftsforscher Andreas Reiter einen Blick in die Zukunft der Innenstadt und des Handels. Städte müssen Menschen emotionale Erlebnisse bieten, denn der reine Handel wird nicht ausreichen, um Kunden in die Innenstädte zu locken.
Der Rid Zukunftskongress hat bereits 30 Jahre auf dem Buckel. Er wird jährlich von der Rid Stiftung veranstaltet und fand 2018 im Sofitel Bayerpost in München statt. Ein Blick in die Zukunft wurde dabei auch geworfen. Andreas Reiter, Zukunftsforscher bei ZTB Zukunftsbüro, prognostizierte in seinem Vortrag, wie sich die Innenstadt und der Handel in den kommenden 30 Jahren verändern könnten.
Aktuell befinden sich die Innenstadt und der Handel in einem Transformationsprozess. Dieser sei aber nicht disruptiv. Denn der Wandel vollzieht sich langsam und die Prozesse sind absehbar. Die Treiber der Transformation sind dabei die Urbanisierung, der gesellschaftliche Wandel und eine Welt, die immer smarter wird.
Die Alten, die Ausrangierten und die Abgehängten
Aktuell ist es so, erklärte Reiter, dass sieben von zehn Europäer in Stadtgebieten leben. "2050 werden allein acht von zehn Deutschen in Städten leben", so der Zukunftsforscher. Für ländliche Gebiete wird dieser Prozess schmerzhaft. Denn die Jungen ziehen weg. "Und auf dem Land bleiben die drei As zurück: die Alten, die Ausrangierten und die Abgehängten."
Sogenannte second und third Cities, die sich im direkten Umland zu großen Ballungsgebieten befinden, werden an Relevanz gewinnen. Den Trend kann man heute bereits im Umland von Berlin erkennen, wo Brandenburg immer mehr an Attraktivität gewinnt. Auch Schwarmstädte werden beliebter werden. Das sind Universitätsstädte wie Freiburg, wo die Einwohner sehr jung sind.
Digitale Transformation der Stadt
Die digitale Transformation sorgt dafür, dass Menschen immer weniger an Ort und Zeit gebunden sind. Somit verändert sich laut Reiter auch das Gewebe der Stadt. Es kommt zu einer Flächenreduktion durch die Digitalisierung - zum Beispiel beim Handel.
Um dem Ganzen entgegen zu wirken, müssen Städte den Menschen Erlebnisse bieten. Denn der Handel alleine wird keine Kunden mehr in die Stadt locken können. In der Stadt von morgen sollte sich daher die virtuelle mit der analogen Welt überlagern. Alles ist mit allem vernetzt. "Eine Stadt der Zukunft muss für Menschen von acht bis 80 Jahren passend sein", so Reiter.
Zudem muss es der Stadt gelingen, eine kollektive DNA zu schaffen. Der Zukunftsvorscher ist der Ansicht, dass "die Emotionalisierung der Innenstadt die Chance ist." Die Innenstadt wird dabei mit neuer Bedeutung aufgeladen. Erlebnisse und die Customer Experience werden immer wichtiger. "Der Point of Sale wird zum Point of Emotion werden", prognostiziert der Zukunftsforscher.
Der USP der Innenstadt wird zum UEP
Der USP der Innenstadt wird zum UEP - Unique Emotional Point. Algorithmen geben nicht wie im Webshop die Auswahl vor, sondern die Menschen können Sachen selbst entdecken und sich überraschen lassen. Das fördert auch Möglichkeiten, sich in dem lokalen Mindset einzuspeichern. Als Beispiel führt Reiter die Möbelkette Ikea an. Das Möbelhaus plant in zwei Jahren im Zentrum von Wien eine Filiale zu eröffnen - ähnlich dem Vorbild der zentralen Filiale in Hamburg. Obwohl der Laden erst in zwei Jahren eröffnen wird, hat Ikea diesen Sommer ein Stadtfest veranstaltet. Ziel davon war es, sich bereits jetzt im Mindset der Bewohner zur verankern und eine gemeinsame Identität zu stiften.
Wenn es der Innenstadt gelingt, besondere Erlebnisse zu schaffen, die Identität stiften und emotional aufgeladen sind, wird sie nicht aussterben.