TK- und UCC-Anbieter
01.08.2023, 07:45 Uhr
Leserwahl: Agfeo und Mitel stürmen auf den Gipfel
Das sind die Gewinner der Leserwahl zum besten TK- und UCC-Anbieter des Jahres: Agfeo wird Erster im SOHO-Bereich vor AVM; und Mitel verdrängt den früheren Gewinner Starface auf den zweiten Platz im Bereich Mittelstand/Enterprise.
Bereits zum siebten Mal haben die Leser von Telecom Handel die besten TK- und UCC-Hersteller bewertet. Wie schon im Vorjahr wurden die Gewinner in zwei Kategorien gekürt: SOHO mit bis zu zehn Nutzern und Mittelstand/Enterprise ab elf Anwendern. Bereits im vergangenen Jahr hatten wir uns entschlossen, Mittelstand und Enterprise gemeinsam zu werten, da die Lösungen mittlerweile weiter skalierbar sind, als es noch vor einigen Jahren der Fall war. Neu ist in diesem Jahr: Wir haben die Kategorie „Anzahl der SIP-Provider-Templates“ gestrichen. Damit konnten die Teilnehmer der Leserwahl in 16 Kategorien bewerten. Die Gewichtung in den einzelnen Disziplinen hat sich dadurch kaum verändert.
Die Auswertung von knapp 900 vollständig abgegebenen Stimmen ergab aber einige Verschiebungen in einem, wie immer, sehr knappen Finale. In diesem Jahr konnte Agfeo den Gipfel als erster Hersteller im SOHO-Segment erklimmen – gemeinsam mit Mitel bei Mittelstand/Enterprise: Das ist durchaus eine Überraschung, denn im früheren Enterprise-Sektor konnte Mitel bisher durchaus Achtungserfolge erzielen, nicht aber im Brot-und-Butter-Bereich, dem Mittelstand. Doch dazu später ...
Agfeo erobert den ersten Platz im SOHO-Bereich
Im SOHO-Bereich wechseln sich AVM und Agfeo an der Spitze ab – und das seit Beginn unserer Leserwahlen. In diesem Jahr kann sich Agfeo in dieser Kategorie mit der Gesamtnote 2,17 durchsetzen. Zum Vergleich: 2022 reichte die Note 2,22 „nur“ für Rang zwei. Agfeo kann insgesamt fünf Einzelkategorien für sich entscheiden – darunter wichtige Disziplinen wie der Support oder die Funktionsvielfalt. Hier kommt den Bielefeldern zugute, dass sie schon seit Jahren auch für den Bereich Smart Home Angebote haben. Diese Lösungen werden im klassischen SOHO-Bereich, etwa bei Arztpraxen, gerne genutzt. Und man muss konstatieren, dass der Hersteller – wie viele andere auch – eine treue Fangemeinde hat. Dazu kommt noch, dass Agfeo ein Familienunternehmen ist: Viele Händler kennen den Hersteller seit Jahren und schätzen die kurzen Wege. Das goutieren auch einige Teilnehmer dieser Leserwahl. So heißt es seit längerem bei den offenen Fragen, dass die Händler die schnellen Reaktionszeiten bei dem Hersteller schätzen und auch den persönlichen Austausch mit dem Vertrieb sowie dem Support. Aber, und das ist die Kehrseite: Der Hersteller erhält immer wieder Kritik für seine Preise, die viele als zu hoch empfinden – und Agfeo fehlen zum Teil die Ressourcen für die Entwicklung neuer Lösungen und Systeme. Im Bereich Innovationskraft liegt Agfeo deshalb deutlich hinter dem Zweitplatzierten dieser Leserwahl, AVM.
Mit der Gesamtnote 2,23 ist der Berliner Hersteller, der mit seiner FritzBox eine gewichtige Marke im SOHO-Bereich etabliert hat, in diesem Jahr auf Platz zwei. Bei der Leserwahl 2022 war AVM mit der Note 2,18 auf dem ersten Rang. Diese Noten zeigen einmal mehr, wie eng das Ringen um die vorderen Plätze mittlerweile ist.
In vier Einzeldisziplinen ist AVM auf dem ersten Platz. Dazu gehört die Bekanntheit der Marke, die in der Gewichtung der einzelnen Kategorien nicht so sehr ins Gewicht fällt. Eine wichtige Rolle für die Reseller spielt aber die Produktqualität/Stabilität. Und hier ist AVM schon seit Jahren auf den vorderen Plätzen vertreten. Aber auch im Bereich Innovationskraft haben die Berliner immer wieder die Nase vorn.
Platz drei im SOHO-Bereich erringt der Hersteller Starface. Die Gesamtnote beträgt 2,36, hat sich also im Vergleich zum Vorjahr (Gesamtnote 2,33) nur wenig verändert. Dennoch reicht dies aus, um einen Platz nach vorne zu rücken. 2022 war die Deutsche Telefon Standard mit der Note 2,29 noch auf Rang drei. Die Tochter des Münchner Cloud-PBX-Anbieters Nfon rangiert bei dieser Leserwahl im SOHO-Bereich mit der Note 2,60 auf Platz sechs – hinter der Mutter Nfon (Note 2,52). Hier hat also ein deutlicher Wechsel stattgefunden.
Ein Blick auf die einzelnen Disziplinen zeigt: Starface kann drei Siege in Einzelkategorien verbuchen, und zwar in den Bereichen Partnertreue, einfache Zertifizierung und Projektunterstützung. Die nachfolgenden Teilnehmer liegen im Mittelfeld – und Auerswald hat sich von Platz fünf im vergangenen Jahr (Note 2,51) auf Platz vier mit der Note 2,43 verbessert. Ab Rang vier gibt es keinen Sieg eines Herstellers in einer einzelnen Kategorie – im Vorjahr war das noch anders. Da konnte die Deutsche Telefon Standard beispielsweise beim Partnerprogramm punkten, in diesem Jahr geht der erste Platz in dieser Disziplin an Starface.
Eine Erklärung für diese Tendenzen liefern – zumindest zum Teil – die offenen Fragen, bei denen Teilnehmer ihre Meinung zu den Herstellern ohne Vorgaben äußern können. Bei Starface beispielsweise gibt die Mehrheit der Partner eine gute Note für die Partnertreue ab – andere monieren, dass der Hersteller gerade im SOHO-Segment mit Starface up, dem Angebot für den SOHO-Bereich, schon vor Jahren in die Direktvermarktung über das Internet eingestiegen ist. Der Hersteller selbst sieht das Angebot im Übrigen vor allem als Mittel zur Leadgenerierung.
Bei Auerswald wiederum gibt es eine ganze Reihe von Händlern, die dem Unternehmen seit Jahren verbunden sind. Die einen freuen sich in den offenen Fragen darüber, dass der Hersteller aus Cremlingen im vergangenen Jahr mit COMuniq ONE eine Cloud-PBX auf den Markt gebracht hat. Andere bemängeln, dass dies ein OEM-Produkt von Enreach, konkret dem Wholesale-Anbieter Voiceworks, ist. Sehr häufig wird zudem angemerkt, dass es kaum mehr neue Produkte oder Lösungen aus dem Haus Auerswald gibt.
Und nun zu den Schwestern Deutsche Telefon Standard und Nfon: In der vergangenen Leserwahl hatte die Deutsche Telefon Standard noch einen Bonus mit ihrem neuen Partnerprogramm und damit in dieser Kategorie einen Einzelsieg für sich verbuchen können. Bei dieser Leserwahl geht der Preis in diesem Segment an Starface – und die DTS liegt bei der Gesamtnote hinter Nfon. In den offenen Fragen gibt es bei beiden Anbietern häufig die Kritik, dass der Leistungsumfang nicht dem State of the Art entspreche, einige Funktionen als OEM-Produkt zugekauft würden oder nicht vorhanden wären. Generell monieren auch einige Teilnehmer den abgespeckten Funktionsumfang der DTS-Lösung – obwohl der Anbieter immer wieder betont, dies sei Teil der Unternehmensstrategie. Insgesamt aber ist auffällig, dass Nfon in diesem Jahr im SOHO-Bereich besser bewertet wird als die Schwester DTS.
Die anderen Hersteller landen überwiegend im Mittelfeld oder im unteren Segment bei den einzelnen Disziplinen. Ein Anbieter, Bintec Elmeg, konnte bei dieser Leserwahl nicht mehr berücksichtigt werden. Die Nürnberger erhielten zu wenig Stimmen für eine qualifizierte Bewertung, und sie konzentrieren sich seit geraumer Zeit zunehmend auf die Bereiche Netzwerk und Security. Im PBX-Umfeld gibt es letztlich kaum Neuerungen.
Mitel gewinnt bei Mittelstand/Enterprise
Im Segment Mittelstand/Enterprise gibt es in diesem Jahr wie schon erwähnt einen neuen Erstplatzierten: Mitel liegt mit der Gesamtnote 2,23 vor dem Gewinner der Vorjahre Starface (Note 2,28) – der Vorsprung ist also hauchdünn. Mitel kann vor allem in den Kategorien Partnertreue, Funktionsvielfalt und Projektunterstützung punkten. Einen Einzelsieg verbucht der Hersteller zudem in der Disziplin Produktqualität/Stabilität. Ein Grund hierfür mag sein, dass Mitel in den vergangenen Monaten kaum neue Lösungen auf den Markt gebracht hat – das bestehende Portfolio ist etabliert und in der Praxis erprobt. Auch bei den Demo- und Vorführgeräten schneidet Mitel besser als die Wettbewerber ab. Schlechte Bewertungen wiederum erhält der Hersteller beim Preis-Leistungs-Verhältnis, das Reseller als nicht gerechtfertigt sehen. Dies kritisieren auch einige Teilnehmer bei den offenen Fragen. Tenor ist, der Anbieter habe in den vergangenen Monaten zu oft an der Preisschraube gedreht – offenbar mehr als mancher Wettbewerber.
Erstaunlicherweise scheint die geplante Übernahme des Wettbewerbers Unify/Atos – die während der Leserwahl angekündigt wurde – kaum Einfluss auf das Gesamtergebnis zu haben. So mancher Teilnehmer kommentierte dies zwar bei den offenen Fragen, aber meist im Sinne von: Das habe man ja jetzt öfter schon erlebt und Mitel habe Übung in der Integration neuer Unternehmen. Ähnlich verhält es sich wohl bei Unify/Atos: Wie im Vorjahr belegt der Hersteller Platz elf, die Gesamtnote ist 2,76 und hat sich kaum verändert (2022: 2,77). Der geplante Zusammenschluss mit Mitel wird indes kaum erwähnt. Dies kann aber auch daran liegen, dass schon lange bekannt war, dass Atos sich von Unify trennen möchte – und Mitel galt als aussichtsreichster Kandidat. Zufriedenstellend kann diese Platzierung für die Münchner dennoch nicht sein.
Der Karlsruher Hersteller Starface muss sich in diesem Jahr mit dem zweiten Platz zufrieden geben – nachdem er drei Jahre in diesem Segment an der Spitze stand. Die Gesamtnote ist mit 2,28 im Vergleich zum Vorjahr gleich geblieben, 2022 konnte Starface aber noch in acht Kategorien Einzelsiege für sich verbuchen, bei dieser Leserwahl sind es vier. So wird der Hersteller für seine einfache Zertifizierung gelobt, auch für die Innovationskraft und das Preis-Leistungs-Verhältnis sowie die stabilen Preise. Doch beim Support, der für die meisten Reseller immer noch am wichtigsten ist, liegt Starface immer noch im Mittelfeld – und deutlich hinter Mitel, obwohl dieser Hersteller bereits vor Jahren große Teile des Supports an die Distributoren ausgelagert hat. Mittlerweile scheint sich dies besser eingespielt zu haben, Starface hingegen ist für den Support selbst zuständig – und ächzt nach eigenen Angaben unter dem Fachkräftemangel.
Auf Platz drei im Bereich Mittelstand/Enterprise kommt Agfeo mit der Gesamtnote 2,30 und erzielt im Ranking dasselbe Ergebnis wie im Vorjahr (Gesamtnote 2,33). Gelobt werden die Bielefelder – wie bereits bei vergangenen Leserwahlen – für ihren Support. Kritik gibt es – wie auch schon im SOHO-Bereich – für die Preisgestaltung. Viele Reseller halten die Lösungen einfach für zu teuer. Und auch die Strategie, weiterhin überwiegend auf proprietäre Systeme zu setzen, finden manche Reseller überholt. Doch Agfeo plant nach Unternehmensangaben in einigen Bereichen einen Strategiewechsel. So werden die Bielefelder in Zukunft das Cloud-Geschäft und auch Abomodelle ausbauen und einführen. Wie das bei den Resellern ankommt, wird die Leserwahl 2024 zeigen.
Neben den Veränderungen unter den Top 3 der beiden Bereiche gibt es aber auch andere Tendenzen bei den Teilnehmern und ihren Bewertungen, die einen näheren Blick wert sind.
So manche Turbulenzen
Im Vergleich zum Vorjahr fällt beispielsweise auf, dass Alcatel-Lucent Enterprise von Platz zwei im Mittelstand/Enterprise auf Platz sieben in diesem Jahr gerutscht ist. Die Gesamtnote war im vergangenen Jahr 2,31, in diesem Jahr beträgt sie 2,55. Federn lassen muss der Hersteller in letztlich allen Bereichen und kann keinen Einzelsieg in einer Kategorie für sich verbuchen. Im Vorjahr waren es noch vier Bereiche, in denen ALE das Feld anführte. Darunter waren wichtige Disziplinen wie Produktqualität und -stabilität oder die Funktionsvielfalt. In den offenen Fragen wünschen sich die Teilnehmer vor allem mehr Neuigkeiten und Innovationen – und auch mehr Sichtbarkeit des Herstellers. Die Kooperation mit dem amerikanischen UCaaS-Anbieter RingCentral, die ALE ebenso wie Atos/Unify, Avaya und auch Mitel hat, spielt in diesem Jahr zumindest bei den offenen Fragen nur eine untergeordnete Rolle. Und zwar bei allen vier Herstellern. In den vergangenen Jahren war dies noch ganz anders. Da wurde immer wieder kritisiert, dass bei diesem Konstrukt RingCentral den Vertrag mit den Endkunden hält. Bei dieser Leserwahl wird dies kaum thematisiert.
Der Hersteller Innovaphone, der im vergangenen Jahr zu wenige Stimmen hatte und deshalb nicht berücksichtigt werden konnte, meldet sich bei dieser Leserwahl zurück und bewegt sich im oberen Mittelfeld wie auch in den Leserwahlen zuvor. Placetel hingegen, die 2022 erstmals in dieser Leserwahl vertreten war, erhält in diesem Jahr wiederum zu wenig Stimmen für eine qualifizierte Bewertung.
Ein Trend, der sich schon in den vergangenen Leserwahlen abzeichnete, ist: Immer mehr Reseller stimmen für Microsoft ab. Ausgelöst durch die Pandemie und damit verbunden dem Siegeszug von Teams beschäftigen sich Reseller zunehmend mit den Collaboration-Lösungen des Software-Riesen. In den offenen Fragen attestierten einige, zwar sei die Telefonie in Teams weiterhin nur in einer abgespeckten Version möglich – und in vielen Fällen auch zu teuer. Am Ende aber komme man auch in der Telefonie an Microsoft nicht mehr vorbei. Die Integration von TK-Systemen in Teams wird laut den Resellern zudem immer wichtiger. Die KI-Revolution, die Microsoft mit der Integration von ChatGPT in vielen seiner Bereiche ausgelöst hat – und die mittlerweile auch in das Partnerprogramm integriert wurde (siehe auch Seite 20) –, war zum Zeitpunkt der Abstimmung noch nicht in der Tiefe erkennbar.
In den offenen Fragen, die wir im Rahmen der Leserwahl stellen, haben wir nach weiteren Tendenzen gefragt: Welche Zukunft hat On-Prem, wie sieht es mit dem Cloud-Geschäft aus? Dies sind nur einige Themen, die wir zum Teil seit sieben Jahren aufgreifen. Erste Ergebnisse veröffentlichen wir in der nächsten Ausgabe der Telecom Handel. Nur so viel vorab: Die Orientierung der Reseller in Richtung Cloud geht langsamer voran, als von so manchem Hersteller erhofft und auch erwartet wurde.
Das sagen die Gewinner
Niko Timm, Leitung strategisches Marketing bei Agfeo
Niko Timm, Leitung strategisches Marketing bei Agfeo
Quelle: Agfeo
Darüber hinaus ist es schön zu wissen, dass auch unsere Support- und Serviceleistungen mit sehr guten Noten bewertet wurden. Für uns ist das aber nicht nur ein Indikator dafür, dass unser stetiges Bemühen nun Früchte trägt, sondern ist auch Ansporn, weiterhin diesen hohen Standard zu halten und zu optimieren.“
Markus Henk, Geschäftsführer Mitel Deutschland
Markus Henk, Geschäftsführer Mitel Deutschland
Quelle: Mitel
Wir setzen auch zukünftig alles daran, diese Ansprüche zu erfüllen und uns stetig zu verbessern. Diese Auszeichnung zeigt uns, dass wir mit unserem ,Partner First‘-Ansatz auf dem richtigen Weg sind. Wir sehen diese Auszeichnung als Motivation und Ansporn, unser Engagement in der Channel-Community weiter auszubauen und uns für nachhaltige Qualität und Professionalität unserer Produkte einzusetzen. Vielen Dank für das Vertrauen und die Unterstützung.“