Interview
10.08.2021, 09:00 Uhr
Shop-Konzept: „Binden Sie Ihre Mitarbeiter bei der Gestaltung mit ein“
Der Regio-Carrier M-net führt in seinen Filialen ein neues Shop-Konzept ein, das von Tim Widua, Geschäftsführer der Wi Pro GmbH entwickelt wurde.
Eine Wohnzimmer-Atmosphäre sollen die künftigen M-net-Shops haben, erklärt Tim Widua, Geschäftsführer der Wi Pro GmbH, der das Konzept entwickelt hat. Und er gibt im Interview Tipps für freie Händler, wie sie ihren Shop gestalten könnten, auch ohne großen finanziellen Aufwand.
Telecom Handel: Herr Widua, eigentlich haben Sie ja eine Event- und Promotion-Agentur – wieso jetzt Ladenbau, und wie haben Sie das umgesetzt?
Tim Widua: Das war letztlich ein Zufall, wir haben uns an einer Ausschreibung des Regio-Carriers M-net beteiligt und dann den Zuschlag bekommen. Wir konnten da ganz frei herangehen und vielleicht auch eine externe Sicht einbringen. Dabei haben wir versucht, es als Projekt zu sehen und es in unserem Stil zu erarbeiten.
TH: Wie, zum Beispiel?
Widua: Wir sind im Vorfeld in die Läden gefahren und haben die Mitarbeiter gefragt, was sie eigentlich wollen – womit sie sich gut fühlen würden. Ich bin kein Freund davon, etwas aus dem gläsernen Turm heraus zu planen. Uns war es wichtig, vor Ort zu fragen, welche Bedürfnisse es gibt.
TH: Und was war die Quintessenz aus diesen Gesprächen?
Widua: Der Mitarbeiter vor Ort soll stärker im Mittelpunkt stehen. Denn er hat alle Informationen, welche Angebote es gerade gibt und was ein Vertrag kostet. Wir haben versucht, den Fokus von den ganzen Störern, Plakaten und unterschiedlichsten Flyern zu nehmen. Bei der Vorrecherche in vielen TK-Shops ist mir aufgefallen, dass ich in einen Laden gehe und vollkommen erschlagen bin ob all der Angebote, Poster, Störer und Flyer. Wir hatten das Gefühl, dass hier häufig die Prämisse gilt: Viel ist mehr. Wir wollten genau anders herangehen und dadurch den Mitarbeiter in dem Shop stärker hervorheben.
TH: Und was heißt das jetzt in der konkreten Umsetzung?
Widua: Wir haben jetzt zum Beispiel nicht mehr drei Counter im Shop, sondern einen. Wenn ein Kunde den Laden betritt, geht er direkt auf ihn zu. Im besten Fall steht dort ein Mitarbeiter, und der nimmt den Kunden in Empfang und fragt erst einmal, worum es ihm geht. Geht es um komplexere Anliegen, so haben wir kleinere Tische und Stühle geschaffen, damit man auf Augenhöhe miteinander sprechen kann. Ist gerade kein Verkäufer zur Verfügung, so gibt es eine Couch mit einem Getränkeangebot, um die Wartezeit zu überbrücken.
TH: Und was würden Sie sofort abschaffen aufgrund Ihrer Recherche?
Widua: Für mich das Schlimmste sind offen gestanden die Clipboards, die noch einmal handschriftlich das aktuelle Tagesangebot anpreisen. Deshalb haben wir zum Beispiel digitale Anzeigentafeln eingesetzt, die die aktuellen Tagesangebote bewerben. Das geschieht aus der Zentrale heraus, kann aber auch von einem Distributor oder Netzbetreiber gesteuert werden. Wichtig ist: Es müssen keine Poster mehr geklebt werden. Diese sind auch im Hochkantformat gehängt, damit man diesen Plakat-Effekt hat.
TH: Aber haben Sie im Shop jetzt keine aktuellen Angebote mehr?
Widua: Doch, aber nur vereinzelt – und die sind allesamt in einem Holzrahmen, damit die Wohnzimmer-Atmosphäre nicht gestört wird. Wir wollen, dass sich die Kunden und vor allem die Mitarbeiter im Shop wohlfühlen. Wir haben das im Vorfeld mit den Optikern verglichen. Wenn Sie einen besuchen, dann sind wahrscheinlich alle Mitarbeiter im Gespräch – aber zumindest ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich gleich angesprochen wurde. ‚Wir sind gleich bei Ihnen, wollen Sie bitte hier kurz warten?‘ – und da war dann eine Sitzgelegenheit mit Getränken. Und genau das wollten wir übertragen.
TH: Sie sprachen vorhin von den Gehweg-Störern, die Sie abgeschafft haben – neben der Schaufensterbeklebung. Viele Shops haben nur 20 bis 40 Quadratmeter Fläche und damit ein Platzproblem …
Widua: Hier gibt es mehrere Möglichkeiten. So kann man beispielsweise alle Mitarbeiter mit einem Laptop ausstatten, damit sich alle im Raum frei bewegen können und sich auch an ihrem Arbeitsplatz wohlfühlen. Die sind manchmal acht bis zehn Stunden an einem Ort, da ist das enorm wichtig. Und sie haben damit Zugriff auf den aktuellen Lagerbestand.
Digitale Anzeigentafeln ersetzen die sonst üblichen Poster an den Schaufensterscheiben
Quelle: M-net
Widua: Ich denke schon, manchmal ist das eine reine Rumpelkammer … Wir haben deshalb bei der Konzeption der Shops auch diesen Bereich sehr ernst genommen. Wir haben mit Trockenbauwänden und Schränken Ordnung in das Backoffice gebracht, zusätzlich haben wir aber auch noch für eine angenehme Atmosphäre bei den Pausen der Mitarbeiter gesorgt, durch einen Tisch, einen Kühlschrank oder auch eine Mikrowelle, in der man sich auch mal sein Mittagessen aufwärmen kann.
TH: Aber was würden Sie als freier Händler mit mehreren Marken tun, wie würden Sie da einen Shop gestalten? Diese bekommen ja Shop-Möbel von den einzelnen Netzbetreibern – wenn auch in unterschiedlichen Farben, aber zu günstigen Konditionen, manchmal können sie sogar über WKZ bezahlt werden …
Widua: Das ist sicherlich die günstigere Lösung, macht den Shop aber unruhig und kann ihn zum ‚Chaos-Laden‘ werden lassen. Wir würden in diesem Fall für eine einheitliche Lösung plädieren, um dem Shop einfach einen gewissen Look zu geben. Am Ende ist es aber immer eine Preisfrage, und ich kann gut verstehen, wenn ein Inhaber sagt, damit kann er auch leben.
TH: Aber ist ein Shop damit nicht auch vergleichbar mit anderen?
Widua: Absolut, deshalb haben wir uns auch für ein anderes Konzept entschieden. Unsere Umsetzung war sicherlich teurer, weil wir beispielsweise großen Wert auf Designer-Möbel gelegt haben. Das geht aber auch günstiger, von billig rate ich allerdings ab. Meine Tipps sind aber auf jeden Fall: Fragen Sie Ihre Mitarbeiter, binden Sie sie mit ein und suchen Sie gemeinsam nach einem Konzept, das Sie von Wettbewerbern unterscheidet.