Partnerprogramme
02.08.2010, 14:48 Uhr
Carrier fordern Präzision
Im B2B-Segment setzen Carrier verstärkt auf den indirekten Vertrieb. Der Channel soll vor allem im SMB-Bereich Standardprodukte vermarkten. Einige Anbieter binden Systemhäuser vemehrt in das Projektgeschäft ein.
Ein Rad greift ins andere – anders als im Privatkundenbereich setzen die Carrier im B2B-Segment immer stärker auf den indirekten Vertrieb. Dies gilt vor allem für den SoHo- und SMB-Bereich, kleinere Büros oder mittelständische Unternehmen also, die das Gros der Anbieter am liebsten von Fachhändlern und Systemhäusern betreut sieht.
Einen Grund für die intensivere Zusammenarbeit mit Partnern nennt Jürgen Paurat, Head of Business Indirect Sales bei Versatel: „Es gibt niemanden, der mehr über die Kunden und den Markt weiß, als die Partner.“ Frei nach dem Motto: „Der Reseller vor Ort hat einen besseren Draht zum Kunden.“
Ein weiterer Grund für das tendenziell immer stärkere Channel-Engagement der Carrier im Geschäftskundenbereich ist aber sicherlich auch monetärer Natur: Es ist für die Carrier schlicht günstiger, in den Aufbau eines starken indirekten Vertriebs zu investieren, als eine eigene Mannschaft – auch in den Regionen – bereitzuhalten. Telecom Handel hat deshalb bei den Kommunikationsanbietern nachgefragt, welche Programme sie für Partner entwickelt haben und welche Voraussetzungen der Channel für den jeweiligen Partnerstatus erfüllen muss.
Zwei Anbieter, QSC und seit Anfang dieses Jahres auch Colt, haben die Betreuung und Akquisition dieser Kunden mittlerweile komplett an den Channel ausgelagert und den Direktvertrieb aus diesem Kundensegment zurückgezogen. Bei QSC gab es allerdings nach der Einführung des neuen Partnerprogramms PEP2 (Partner Excellence Program) in den vergangenen Monaten ein gehöriges Knirschen im Getriebe des Partnervertriebs. Die Folge: Die Umsätze im Partnervertrieb gingen zurück. Dies und auch die zähen Verhandlungen einiger Systemhäuser führten schließlich dazu, dass QSC sein Partnerprogramm derzeit überarbeitet. Das neue Programm soll Anfang 2011 greifen.
Altes, neues Trendthema Konvergenz
Ein Auslaufmodell ist derzeit auch das Partnerprogramm der Telekom Deutschland GmbH: Hintergrund ist die neue „One-Company-Strategie“ des Unternehmens, mit der die Bonner die Bereiche Mobilfunk und Festnetz zusammengeführt haben. Anfang 2011 soll dann auch das neue Partnerprogramm stehen.
Wohin die Reise konkret geht, ist noch offen. Sehr wahrscheinlich ist indes, dass das Thema Fixed Mobile Convergence (FMC) seinen Nachhall in dem Programm finden wird, schließlich war dies auch das Hauptargument für die neue Unternehmensstruktur und wird sich auch in der Partnerlandschaft bemerkbar machen. Denn in einem ist sich Roland Angst, Leiter Indirekter Vertrieb und Service Geschäftskunden bei den Bonnern, sicher: „Der Trend geht deutlich in Richtung Konvergenz und Breitbandigkeit. Partner müssen sich deshalb auf zunehmend integrierte Vermarktung einstellen.“
Achim Hager, CEO der HFO Telecom AG, schränkt diese Aussage allerdings etwas ein: „Wir hören seit zwölf Jahren von Konvergenz, passiert ist bislang jedoch herzlich wenig.“ Dennoch hält er es für ausgesprochen wichtig, dass sich der Channel mit diesem Thema auseinandersetzt, denn allein „die Tatsache, dass die beiden großen Anbieter Telekom und Vodafone sich die Verschmelzung der Sparten Mobilfunk und Festnetz auf die Fahnen geschrieben haben, lässt erwarten, dass in den kommenden Monaten neue Lösungen in diesem Bereich auf den Markt kommen“, so Hager weiter.
Hintergrund: Vodafone hat im Zuge der Verschmelzung mit Arcor sein Partnerprogramm gründlich überarbeitet und die bisherigen Arcor-Partner mit den ehemaligen ProIT-Partnern zusammengeführt. Damit einher ging auch ein deutliches Bekenntnis zum Partnervertrieb, der zum Beispiel künftig zeitgleich mit dem Direktvertrieb neue Produkte und Lösungen vermarkten soll.
Anforderungen an die Partner steigen
Mit dem Einzug konvergenter Lösungen – sowohl bei Fixed-Mobile als auch zwischen Telekommunikation und IT – wachsen unterdessen auch die Ansprüche an das Know-how der Partner. Neben der TK-Kompetenz fordern immer mehr Carrier von ihren Händlern auch profunde Kenntnisse aus dem IT-Bereich – und umgekehrt natürlich auch TK-Kenntnisse von IT-Händlern.
Das Schlagwort im B2B-Bereich heißt heute: Lösungsgeschäft. „Bedingt durch die Verschmelzung von IT und TK wird der Lösungsverkauf weiter wachsen“, ist sich auch Wolfgang Hohwieler, Vertriebsleiter BusinessPartner bei Vodafone, sicher. Und Telekom-Manager Roland Angst bekräftigt: „Es gibt eine zunehmende Kundennachfrage nach branchenindividuellen Lösungen zur Prozess- und Kostenoptimierung.“
Im Umkehrschluss heißt das auch: Nur die Partner, die bereit sind, sich in beiden Welten zu bewegen, haben auch die Chance, am lukrativen Lösungsgeschäft zu partizipieren. Denn sicher ist: Heute zählt nicht mehr allein die Einhaltung von Mindestumsätzen oder Businessplänen, um den Status quo als Partner zu erhalten, vielmehr ist auch die Bereitschaft gefordert, gemeinsam mit dem Carrier neue Märkte zu erschließen.