Kevin Kelly: "Google und Facebook sind Phänomene, die vorüber gehen"

Wird die Dominanz von Google schwinden?

Aktuell sind Google, Facebook, Amazon und Co diejenigen, die die Digital-Branche dominieren. Glauben Sie, dass das in zehn, 20 oder 30 Jahren immer noch so sein wird?
Kelly: Das ist unwahrscheinlich. Viele dieser Phänomene, die wir im Moment erleben, werden vorüber gehen. Ich glaube also nicht, dass die genannten Player in 20 oder 30 Jahren noch so einen Erfolg haben werden. Aktuell sind sie auf der Höchstphase ihres Erfolges, sie werden aber Probleme bekommen, genauso wie Microsoft oder IBM. Sie werden nicht komplett verschwinden. Das ist keine Frage. Aber sie werden stark an Macht verlieren und nicht mehr so dominant sein, wie sie es jetzt sind. Die nächsten fünf bis zehn Jahre werden Google, Facebook und Co noch stark sein, aber nur deswegen, weil sie so viele Daten besitzen. Sie haben aktuell die Macht über "big data" - und noch ist das essentiell für KI-Systeme. Menschen hingegen brauchen "big data" nicht. Und wir brauchen auch bald keine riesigen Datenansammlungen für KI mehr. Denn die nächste Revolutionsstufe wird jemandem gehören, der es schafft, KI-Systeme zu entwickeln, die mit "smart data" und "small data" funktionieren. Firmen, die das können, werden disruptiv sein. Sie können Google und Amazon überwältigen.
Gibt es für Sie keine Firmen, die jetzt schon mit Google und Co in den Wettbewerb treten können?
Kelly: Nein. Es gibt zwar viele Versuche, aber keiner weiß aktuell wie es wirklich geht und was man wirklich anstellen muss, um dagegen anzukommen.
 
Sie gehen ja grundsätzlich sehr optimistisch und hoffnungsvoll an das Thema "Technik der Zukunft" heran. Sie sagen, wir müssen keine Angst vor Technik haben - auch wenn diese unser ganzes Leben bestimmen wird. Nun gibt es aber ja auch Menschen, die keinen Amazon Echo im Wohnzimmer wollen. Menschen, die sich nicht auf eine Zukunft mit Künstlicher Intelligenz freuen. Was ist mit diesen Leuten?
Kelly: Natürlich gibt es die. Die wird es auch immer geben. Ich komme in den USA hin und wieder mit den Amischen in Kontakt, einer täuferisch-protestantischen Glaubensgemeinschaft, die quasi ohne Technologie lebt. Und die leben gut so. Mit diesem Beispiel will ich sagen: Jeder Mensch hat die Wahl. Das wird auch in Zukunft so sein. Ich kann jederzeit bewusst sagen, dass ich eine Auszeit, ein Sabbatical etwa, will. Technologie sollte in erster Linie unser Leben erleichtern. Auch als Digital Native, als technik-affiner Mensch, muss man ständig eine Wahl treffen. Ich kann nicht auf Facebook und Twitter und Instagram und so weiter gleichzeitig sein. Zumindest nicht, wenn ich alle Kanäle gleichermaßen gut bedienen möchte. Und das wird auch in 30 Jahren so sein. Ich muss mich für die Technik entscheiden, für die Kanäle, die mir persönlich helfen und die ich brauche. Es geht also auch in Zukunft nicht darum, alle Spielarten der Technik zu nutzen. Das wird für einen Einzelnen nie möglich sein.




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