E-Plus-Interview 07.05.2013, 09:55 Uhr

"Das Leben ist kein Ponyhof"

Mit seiner zweigeteilten Vertriebsorganisation will E-Plus die Wettbewerber gezielter attackieren. Telecom Handel sprach mit den beiden Vertriebsleitern Oliver Hofmann und Markus Schneider.
Vor einigen Monaten hat E-Plus seine Vertriebsorganisation komplett neu aufgestellt. Telecom Handel hat nachgefragt, welche Erfahrungen der Carrier damit gemacht hat.
Telecom Handel: In den letzten Wochen wurde in der Branche heiß diskutiert, welche Bedeutung Partnershops oder -agenturen zukünftig noch haben werden. Zumindest bei Ihrem Düsseldorfer Wettbewerber denken angeblich einige Betreiber darüber nach, in den freien Fachhandel zu wechseln …
Markus Schneider: Ich weiß nicht, wie das auf der anderen Rheinseite ist, aber bei uns finden Partnershop-Kündigungen so gut wie gar nicht statt.
Und Sie sehen auch keinen Trend in Richtung freier Fachhandel?
Oliver Hofmann: Überhaupt nicht. Das wäre für die Partner ja auch ein Statusverlust, weil diese dann auf einen Teil ihrer Airtime-Provision verzichten müssten. Und die ist ja eine Lebensversicherung, die man nicht einfach ohne Grund riskiert. Glücklicherweise haben wir aber auch die Situation, dass die allermeistern Betreiber ein wirtschaftliches Geschäft betreiben.
Schneider: Im Übrigen haben wir in vielen Regionen auch keine so große PoS-Oberfläche wie der Wettbewerb. Wir fahren hier jetzt sogar eine klare Expansionsstrategie und wollen bis Jahresende 160 neue PoS eröffnen, und das quer über alle Bereiche. Also Partnershops, Quality-Partner und eigene Filialen.
Sie haben ihre Vertriebsorganisation kürzlich in „Farmer“ und „Jäger“ aufgeteilt und damit den Marktbedingungen angepasst …
Hofmann: Das stimmt, auch wenn wir intern nicht von „Jägern“, sondern von „Attackern“ sprechen. Wir haben festgestellt, dass wir Regionen mit einem überdurchschnittlich hohen Marktanteil haben, so etwa die Stadt  Köln, die wir auch als unser „Wohnzimmer“ bezeichnen. Und es gibt Märkte, wo wir noch ganz stark wachsen müssen. Jetzt haben wir unsere Organisation entsprechend ausgerichtet. Ich verantworte den „Farmer“-Kanal, in dem es vorrangig darum geht, unseren hohen Kundenbestand zu beschützen und zu sichern ...
Schneider: … und mein Auftrag ist es, in den schwachen Gebieten zu verhindern, dass der Wettbewerb so weitermachen kann wie bisher und seine Margen rauszieht. Hier wollen wir richtig attackieren.

Farmer und Attacker

Erfunden haben Sie diese Zweiteilung ja nicht, diese gibt es ja auch bei anderen Anbietern…
Hofmann: Aber organisatorisch so klar und konsequent umgesetzt haben das unter den Netzbetreibern meines Wissens nur wir.
Was bedeutet diese Unterteilung in der Praxis für Ihre Partner im Handel?
Schneider: Um zu attackieren haben wir fünf Regionen mit jeweils einem Retail-Manager, der sowohl für die Shops als auch für den Handel zuständig ist. Das ist in dieser Form ziemlich einmalig im Mobilfunkmarkt, aber auch wichtig. Da werden die Outlets dann im ureigensten Interesse des Retail-Managers nicht gegeneinander ausgespielt. Um ein gewisses Gleichgewicht im Markt zu haben, brauchen wir auch immer alle Formen: Filialen, Partner-Shops und Quality-Partner. Und deshalb müssen wir die Märkte immer zunächst analysieren, welche Strukturen schon vorhanden sind, und dann entsprechend investieren. Unsere Erfahrung zeigt, dass auch ein Händler nur dann gut existieren kann, wenn es zusätzlich eigene Filialen gibt.
Neuen Partnern fehlt ja die so wichtige Airtime-Provision. Wie kompensieren Sie dies?
Schneider: Der neue Partner kann als Anschubfinanzierung ein Startpaket bekommen. Dabei wird er in einem bestimmten Zeitraum finanziell abgefedert. Es muss sich beispielsweise nicht um die Einrichtung kümmern, sondern hat den Kopf frei, um sich auf seine Kunden und den Aufbau des Geschäfts zu fokussieren. Außerdem übernehmen wir den Mietvertrag und helfen beim Marketing. Aber letztlich braucht es immer maßgeschneiderte Lösungen.
Hofmann: Auch von unserer Neukunden-Prämie profitieren die Partner in den „Attacker“-Regionen natürlich noch stärker als im „Farmer“-Märkten.
Und wie unterstützen Sie Ihre Partner dann in den „Farmer“-Markten?
Hofmann: Zunächst ist auch hier ganz wichtig, dass wir einen starken Handel mit einer starken eigenen Filialkette verzahnen. Also nicht Shop gegen Handel, sondern weitestgehend gleiche Chancen in beiden Kanälen.
Wie wollen Sie das sicherstellen?
Hofmann: In den „Farmer“-Märkten ist ja ein relativ hoher Kundenbestand vorhanden. Damit wir diesen halten, haben wir in allen Kanälen das gleiche Bestandskunden-Tool „WoM plus“. Hiermit versetzen wir unsere Quality-Partner, Partnershops und die eigenen Filialen in die Lage, den aktuellen Tarif und die Historie des Kunden einzusehen. Auch die Hotline hat übrigens dieses Tool …
… und ist damit in der Lage, Ihren Partnern die Kunden wegzunehmen?
Schneider: Der Shop hat zunächst das Recht, seinen Kunden zu kontaktieren und auf seine Seite zu ziehen. Wenn ihm das nicht gelingt, gibt es über die Hotline die Möglichkeit, diesen Kunden doch noch zu retten.
Hofmann: Die Hotline greift auch ein, wenn der Kunde im Kündigungsstatus ist. Dann macht diese schon auch mal Angebote, die die Shops und Betreiber nicht machen können.

Tarifempfehlungen von WoM plus

Wie handhabt E-Plus das Thema Tarif-Empfehlungen?
Hofmann: „WoM plus“ ist bei uns ein Belohnungstool. Es spricht drei Tarifempfehlungen aus, die sowohl für den Betreiber als auch für den Kunden interessant sind. Folgt der Betreiber der Empfehlung, dann bekommt er  einen Empfehlungsbonus von 50 Euro. Folgt er nicht, bekommt er aber auch keinen Malus. Was das Tool auch besonders macht, ist der Handlungsspielraum für den Betreiber. Wenn der Kunde eine gewisse Wertigkeit besitzt, hat der Partner einen Verhandlungsspielraum, bei dem er selber entscheiden kann, ob er mit einem bestimmten Betrag seine Provision optimiert oder diese in den Kunden investiert.
Apropos Provision: Wie unterscheidet sich diese zwischen Partnershops und dem freien Fachhändlern?
Hofmann: Die Grundprämie ist zunächst einmal gleich. Über die Airtime profitiert ein Partnershop mit zehn Prozent Umsatzbeteiligung jedoch mehr als ein Quality-Partner mit sechs Prozent. Oftmals zahlen Partner, die von der ersten Stunde an dabei sind, allein davon die Miete sowie ein bis zwei Mitarbeiter. Die Airtime ist nicht davon abhängig, wie viele Aktivierungen man macht, wobei wir bei Quality-Partnern eine Aktivierungsleistung von 15 Verträgen im Monat sehen wollen.
Der „normale“ Fachhandelspartner, der nicht Quality-Partner ist, bekommt allerdings gar keine Airtime-Beteiligung. Spielt dieser bei Ihnen überhaupt noch eine Rolle?
Hofmann: Ich würde es positiv formulieren: Unsere Betreuung fokussiert sich auf Partnershops und Quality-Partner. Und von diesen fordern wir schon auch Leistung ein, aber dafür gib es eben auch ordentliche Prämien. Das Leben ist auch bei E-Plus kein Pony-Hof. Aber nur so funktioniert eine Zusammenarbeit dauerhaft.




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