Hardware-Subventionierung 01.03.2010, 11:29 Uhr

Die fetten Zeiten sind vorbei

Die Netzbetreiber und Service-Provider haben die Endgeräte-Subventionierung stark zurückgefahren. Das Ergebnis: Das Mobiltelefon gewinnt bei den Kunden wieder mehr an Wert.
Noch bis vor wenigen Jahren war es für Mobilfunkkunden eine Selbstverständlichkeit, dass man zu seinem Vertrag immer auch gleich ein neues Handy bekam, am besten natürlich für den symbolischen Preis von einem Euro. Das 1-Euro-Handy gibt es auch heute noch, verändert hat sich jedoch die Art der Subventionierung.
Früher warfen die Anbieter auch hochwertige Geräte zu äußerst niedrigen Preisen auf den Markt, um möglichst schnell viele Kunden zu gewinnen. Mitunter konnten sich die Gerätekosten dabei auch über die Grundgebühr während der Vertragslaufzeit von 24 Monaten nicht amortisieren – das heißt, der Anbieter zahlte unter Umständen sogar drauf.
Auf einmal oder auf Raten
Heute ist der Markt weitestgehend aufgeteilt, rein rechnerisch hat jeder Deutsche sogar mehr als ein Mobiltelefon zu Hause. Entsprechend erfolgte vor einigen Jahren ein Umdenken bei den Anbietern, die Entwicklung ging weg von der starken Subventionierung hin zu einem Ratenkaufmodell für den Endkunden. De facto zahlte der Mobilfunkkunde sein Endgerät zwar schon immer über die Mobilfunknutzung und die Grundgebühr „auf Raten“ ab, da es aber kaum SIM-only-Verträge gab, war die Kostenstruktur dahinter wenig transparent. Mittlerweile kann der Kunde selbst entscheiden, ob er seinen Vertrag inklusive Mobiltelefon möchte oder ohne.
Anhand der Differenz zwischen den Grundgebühren, die je nach Anbieter und Endgerät zwischen fünf Euro und 15 Euro pro Monat betragen kann, lässt sich so relativ leicht errechnen, was das Handy dann im Endeffekt kostet (siehe Tabelle im Download-Bereich). Dabei können sich teilweise extreme Preisunterschiede ergeben – mitunter zahlt der Kunde im Vergleich zum Direktkauf mehr als doppelt so viel, wenn er das Handy in Kombination mit einem Vertrag nimmt.

Hardware-Subventionierung: Die fetten Zeiten sind vorbei

Wer beispielsweise bei Telefónica O2 Germany das Samsung S3650 Corby zu einem Vertrag für 9,99 Euro kauft, zahlt monatlich 15 Euro Hardware-Zuschlag und kommt so auf stolze 369,99 Euro. Beim Kauf über das Portal O2 My Handy ist ebenfalls eine Ratenzahlung möglich, der Endpreis beträgt dann nach zwei Jahren aber nur 149 Euro. Zum Vergleich: In verschiedenen Webshops ist das Einsteigergerät schon für unter 100 Euro erhältlich.
Doch weshalb hat sich das Subventionierungsmodell der Mobilfunkanbieter derart stark verändert? Hans-Jürgen Witfeld, Vertriebschef beim Distributor Herweck, erklärt dies wie folgt: „Der Preisdruck auf die Netzbetreiber ist spätestens seit der Einführung von Base stärker geworden, damit ging natürlich auch der ARPU deutlich nach unten. Entsprechend hatten die Netzbetreiber immer weniger Geld für die Subventionierung der Hardware zur Verfügung.“
Die Anbieter können es sich also schlichtweg nicht mehr leisten, teures Geld in die Hardware zu stecken, und subventionieren deshalb nur noch bestimmte Geräte mit stärkeren Zuzahlungen. „Früher pushten die Carrier viele Geräte mit enorm hohen Aktions-WKZ, das ist heute nur noch selten der Fall“, so Witfeld weiter. Dies trifft vor allem auf Datenprodukte wie etwa Netbooks und Laptops zu, aber auch bestimmte Smartphones werden gut subventioniert.

Hardware-Subventionierung: Die fetten Zeiten sind vorbei

Bewusstseinsveränderung
Während in Ländern mit einem traditionell hohen Prepaid-Anteil wie etwa Italien der separate Kauf eines Handys gang und gäbe ist, müssen sich die deutschen Kunden erst langsam daran gewöhnen. Mittlerweile scheint es aber in den Köpfen vieler Konsumenten angekommen zu sein, dass das Handy zum Vertrag nicht immer die günstigste Variante sein muss.
„Im Segment der niedrigpreisigen Handys können wir feststellen, dass viele Kunden eher die SIM-only-Variante eines Tarifs wählen und das Gerät über andere Kanäle kaufen“, sagt Thorsten Hoepken, Unternehmenssprecher Vodafone. Höherpreisige Geräte würden dagegen nach wie vor häufig über Laufzeitverträge finanziert. Außerdem stellen die Anbieter immer öfter den Tarif in den Vordergrund ihrer Marketingkampagnen und weniger besagtes 1-Euro-Handy.
Welche Auswirkungen hat diese Bewusstseinsveränderung bei der Kundschaft auf Handel und Distribution? Früher hat der Händler, auch aufgrund der Aktions-WKZ, das Gerät bei dem Anbieter gekauft, über den er dann auch die Freischaltung durchgeführt hat. Heute nutzen die Händler dagegen zunehmend andere Kanäle, um freie Hardware zu kaufen und diese selbst mit Verträgen zu bündeln. Das merken auch die Distributoren anhand steigender Absätze bei freier Hardware.
Diese im Grunde positive Entwicklung hat allerdings auch ihre Schattenseiten: Zwar bleiben die meisten Händler ihren Distributoren bei kleineren Mengen treu, auch wenn es anderswo einen besseren Preis gibt. Spezialisierte Großhändler greifen hier aber einen nicht unbeträchtlichen Teil ab, indem sie mit einem sehr kleinen Produktportfolio arbeiten und dies in großen Mengen zu sehr günstigen Preisen ein- und auch wieder verkaufen können.

Hardware-Subventionierung: Die fetten Zeiten sind vorbei

Der einzelne Händler steht aufgrund der veränderten Subventionierungspolitik der Netzbetreiber und Service-Provider vor der Frage, ob er besser ein selbst gebündeltes Paket aus Tarif und Handy anbietet, eine 1:1 Aktion des Netzbetreibers vermarktet oder dem Kunden sogar selbst ein Ratenkaufmodell offeriert. Letzteres wird derzeit nur von einzelnen Distributoren angeboten, den Banken ist einerseits der zeitliche Aufwand zu hoch und zudem die Sicherheit, die ein einzelner Händler bieten kann, zu gering.
Verkauft ein Händler ein Gerät ohne Vertrag, muss er den Verkaufspreis unter Berücksichtigung des Einkaufspreises und der Margenkalkulation berechnen. Unter Umständen kann er dem Kunden so zwar einen besseren Preis machen, eine stärkere Kundenbindung verspricht aber der Verkauf mit einem Laufzeitvertrag.
„Dabei kann der Händler die Abschlussprämie berücksichtigen, die er für eine erfolgreiche Vertragsvermittlung vom Netzanbieter erhält. Je nach Höhe kann er so zusätzliches Geld in die VK-Kalkulation einrechnen“, erklärt Markus Jodl, Unternehmenssprecher bei der Deutschen Telekom. Letztlich muss der Händler aber selbst bei jedem Kunden aufs Neue ausloten, welche Variante dem Bedürfnis des Kunden am ehesten entspricht und womit er selbst am meisten verdienen kann.




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