Talkrunde 08.10.2010, 10:00 Uhr

"Händler müssen geistig online gehen"

Auf der „Perspectives mobile“ haben sich die Fachhandels-Verantwortlichen der Netzbetreiber sowie Jörg Herweck den Fragen von Telecom Handel gestellt. Das Thema: "Zukunft und Perspektiven des Mobilfunkfachhandels.“
Marktsättigung, sinkende Margen und Provisionen - kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken: Auf der Podiumsdiskussion im Rahmen der Herweck-Roadshow „Perspectives mobile“ haben Axel Burkhard (Deutsche Telekom), Michael Sadranowski (Vodafone), Jens Barth (Telefónica O2 Germany) sowie Herweck-Vorstand Jörg Herweck Zuversicht verbreitet – und die Zukunftschancen des Mobilfunkfachhandels aufgezeigt.
Offen stellten sie sich dabei den Fragen von Moderator und Telecom Handel-Redakteur Christopher Bertele. Einhelliges Fazit der Talk-Runde: Wer sich Trendthemen wie Smartphones, Tablet-PCs oder dem Bereich „Heimvernetzung“ öffnet und das Web 2.0 nicht als Bedrohung, sondern als zusätzliche Marketingplattform begreift, wird auch morgen noch gutes Geld verdienen.
Telecom Handel: Die eigenen Online-Angebote der Netzbetreiber machen dem Handel das Leben schwer. Muss das sein?
Jens Barth, Telefónica O2: Die Märkte werden sich weiter in Richtung Online entwickeln, und als internationales Unternehmen, das den gesamten Markt bedienen will, führt kein Weg an der Online-Vermarktung vorbei – weder von der Frequenz und Menge her noch von den Umsatzzahlen.
Axel Burkhard, Deutsche Telekom: Online gibt es und wird es auch in Zukunft geben. Aber das erklärungsbedürftige Produkt wird immer noch am Point of Sale verkauft.
Michael Sadranowski, Vodafone: Gerade die Welt der Telekommunikation wird immer komplexer, der Beratungsbedarf des Kunden steigt. Beraten, erklären, vergleichen – das kann Online nicht.
Jörg Herweck: Ich habe manchmal den Eindruck, dass Online-Rabatte oft nur dazu dienen, dass die Absatzzahlen stimmen. Wenn die Netzbetreiber den Händlern die gleichen Werkzeuge an die Hand geben, dann können die mit diesen Rabatten ebenfalls zusätzliches Geschäft generieren. Auch über den Fachhandel ist Zusatzgeschäft möglich – wenn mit den gleichen Waffen gekämpft wird.

"Wichtig ist, dem Kunden Attraktionen zu bieten"

Telecom Handel: Was kann der Fachhandel denn angesichts der Online-Konkurrenz tun?
Barth: Meiner Meinung nach ist die ganze Online-Offline-Diskussion ein Mythos, der oft als Begründung dient, wenn das Geschäft eines Fachhändlers nicht mehr so gut läuft. Ich glaube nicht, dass der Fachhandel im Allgemeinen von einem schwächeren Online-Handel profitieren würde. Am wichtigsten ist jedoch meiner Ansicht nach, dass jeder Händler selbst geistig online geht – sowohl privat als auch beruflich. Der Händler muss wissen: Was ist Facebook, was ist ein Blog, was ist Social Media Marketing? Wenn er in fünf Jahren nicht glaubhafter Teil dieser neuen Welt ist, wird sein Unternehmen gegebenenfalls keine Existenzberechtigung mehr haben.
Telecom Handel: Nicht nur Online stellt eine Konkurrenz für den Fachhandel dar. Discounter wie Aldi greifen ebenfalls Kunden ab …
Sadranowski: Wichtig ist daher, dem Kunden Attraktionen zu bieten und zu erklären, warum er beispielsweise ein wertiges Smartphone und kein Billig-Handy benötigt. Das Geschäft wird heute mit gut geschultem Personal mit komplexeren Produkten gemacht – Discounter können da nicht mithalten.
Telecom Handel: Welche Produkte versprechen auch in Zukunft Potenzial für den Fachhandel?
Burkhard: Mobilfunk aus der alten Welt ist heute nur noch ein Mitnahmeprodukt. Dem Thema Tablet-PCs gehört beispielsweise die Zukunft.
Sadranowski: Die Menükarte ist heute wahnsinnig lang. Irgendwann kommen 3D-Handys, Handys mit holografischen Displays, Handys, die man einrollen kann … Auch beim Thema Heimvernetzung ist Musik drin. Da sind die Bedürfnisse da, aber welchen Händler kann der Kunde heute danach fragen?

"Fachhandel muss innovationshungrig bleiben"

Telecom Handel: Ist LTE ein Thema, von dem der Handel schon bald profitieren kann?
Burkhard: Die Hoffnung, dass LTE morgen oder zum Jahresendgeschäft ein verkaufbares Produkt ist, will ich hier nicht schüren.
Barth: Momentan befinden wir uns in der Testphase und haben bereits ein funktionierendes LTE-Netz in München. LTE wird kommen und 2011 eine wesentliche Bedeutung für den Handel haben – insbesondere als Ergänzungsprodukt zu aktuellen Breitbandangeboten.
Telecom Handel: Was raten Sie dem Fachhandel, um auch in Zukunft bestehen zu können?
Herweck: Uns einfach anzusprechen. Gerne schauen wir uns die Unternehmenskennzahlen der Händler an. So können wir zum Beispiel sagen: ,Deine Abschlussrate ist zu gering‘ oder ,Du könntest 20 Prozent mehr VVLs machen‘ oder ,Dein Personaleinsatz ist um 15 Prozent zu hoch‘. Wir können Tipps geben, an welchen Stellschrauben gedreht werden muss.
Sadranowski: Der Fachhandel muss innovationshungrig bleiben und schauen, in welchem Teich noch viele Fische schwimmen – wo man nicht mit einem engmaschigen Netz, sondern mit der bloßen Hand einen guten Fang machen kann.
Burkhard: Zunächst einmal muss er auf den richtigen Distributor setzen. Aber ein Schiff wie die MS Herweck hat keinen Motor, da müssen alle mitrudern, um die neue Welt zu erreichen. Natürlich kann man sich auch zu Herrn Herweck aufs Deck legen und den Tag genießen. Aber das wird langfristig nicht funktionieren. Man muss schon selbst das Ruder in die Hand nehmen und für den nötigen Schub sorgen.




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