Samsung 08.12.2011, 13:52 Uhr

"Nicht nachlassen und abheben"

Martin Börner, Chef des deutschen Handy-Geschäfts von Samsung, erläutert im Interview mit Telecom Handel seine Strategie zur Verteidigung der Marktführerschaft.
Samsung ist die Nummer eins auf dem deutschen Handy- und Smartphone-Markt. Wie die Koreaner diese Position verteidigen wollen, erklärt Martin Börner, Vice President Telecom Division im Gespräch mit Telecom Handel.
Telecom Handel: Wie ist Ihre Bilanz für 2011?
Martin Börner: Es war ein exzellentes Jahr, wir sind nie so stark gewachsen wie 2011. Unsere Galaxy-Serie hat sich bei den Smartphones an die Spitze der Android-Verkäufe gesetzt. Vor allem das Galaxy S II hat sich über die Erwartungen hinaus verkauft.
Telecom Handel: Sie sind jetzt auch bei Smartphones in Deutschland Marktführer.
Börner: Ja, wir liegen mit einem relativ komfortablen Abstand an der Spitze. Diese Position war unser Ziel und wir haben das in Deutschland schnell erreicht. Samsung hat die Philosophie, in jedem Markt, in dem wir antreten, langfristig die Nummer eins oder zwei zu werden, sonst ist ein Engagement nicht sinnvoll. Das ist eine starke Aussage unseres CEO. Aber genau das treibt uns an.
Telecom Handel: Vor zehn Jahren hätte kaum jemand an einen solchen Erfolg geglaubt…
Börner: Das A und O sind gute Produkte. Doch darf man das gesamte System nicht vergessen, von der richtigen Markteinführung bis zum Service. Wir verstehen, wie die Verbraucher vor Ort ticken.
Telecom Handel: Wie beurteilen Sie die aktuelle Konkurrenzsituation am Markt?
Börner: Die letzten drei oder fünf Jahre waren für manche Hersteller eine echte Achterbahnfahrt. Der Markt hat sich gravierend verändert. Das zeigt, dass man nicht nachlassen und nicht abheben darf. Unser CEO sagt, dass wir uns von jeder Stunde, die wir haben, eine Minute über die erzielten Erfolge freuen können und uns 59 Minuten für die Krisen von morgen wappnen müssen.
Telecom Handel: Wer sind die Gegner von morgen?
Börner: Nicht unbedingt jene von gestern – die sind teilweise in die Falle gelaufen, sich auf ihre alten Erfolge zu verlassen. Das Gewicht verschiebt sich zunehmend nach Asien, nicht nur nach Korea, sondern vor allem auch nach China.

"Es ist der große Kampf zwischen den Betriebssystemen ausgebrochen"

Telecom Handel: Wie beurteilen Sie den Patentstreit mit Apple?
Börner: Zunächst einmal gibt es da ein großes Medieninteresse, das die Ereignisse dramatisiert. Grundsätzlich versucht jeder seine geistigen Rechte offensiv zu schützen. Wir leiden da vielleicht unter dem Klischee, dass Asiaten gerne kopieren und das könnte auch manche Richter beeinflussen. Das war mal berechtigt, doch gerade für Samsung gilt das heute nicht mehr. Dass innovative Software vor allem aus den USA kommen muss, stimmt schon lange nicht mehr. Wir investieren auf diesem Gebiet inzwischen massiv in die Forschung und haben mit bada selbst ein Betriebssystem entwickelt.
Telecom Handel: Gleichzeitig ist Apple ein Kunde von Samsung…
Börner: Ja, dank der Streitereien weiß das jetzt auch die ganze Welt. Natürlich hat das aber keinerlei Einfluss auf die Marktgeschehnisse.
Telecom Handel: Ist Deutschland ein besonderer Fall?
Börner: Jedenfalls haben in zehn anderen europäischen Ländern die Richter für uns entschieden. Mit dem neuen Tablet Galaxy 10.1N kommen wir jetzt aber auf den Markt zurück und belegen, dass wir am Design schnell etwas ändern können. Grundsätzlich ist es kaum möglich, solche Geschmacksmuster zu schützen: Ein Auto sieht doch auch aus wie ein Auto – auf jeden Fall mit vier Rädern und bestmöglichem cw-Wert!
Telecom Handel: Was steht hinter dem Streit?
Börner: Es ist der große Kampf zwischen den Betriebssystemen ausgebrochen. Vor Android bekommt angesichts der Marktanteile jeder Angst. Bei den Tablets gab es bisher keinen gesunden Wettbewerb, und das hat Apple lange genossen.
Telecom Handel: Sind denn Tablets namhafter Hersteller nicht zu teuer für einen Massenmarkt?
Börner: Natürlich gibt es extrem günstige Hardware von anderen Anbietern, aber wir vermuten, dass diese teilweise unter den Produktionskosten verkauft wird. Wir sind
aber an der Schwelle zu einem Massenmarkt, dann werden durch Größeneffekte auch die Preise bei den namhaften Herstellern sinken.
Telecom Handel: Sehen Sie auch Verdrängungseffekte?
Börner: Ganz klar. Vor zwei Jahren hatten wir bei Netbooks einen Boom. Doch jetzt geht der Trend zum Tablet, das gepaart mit dem richtigen Zubehör einen kleinen Computer ersetzen kann. Wir sind das Thema aus der Consumer-Perspektive und nicht der IT-Sicht angegangen. Kleine und attraktive Apps gibt es in der IT-Welt gar nicht. Wir überlegen im Moment sogar, Android und Apps verstärkt in den CE-Bereich zu bringen.

"Ein Betriebssystem, das ich komplett kontrolliere, gibt Sicherheit und Unabhängigkeit"

Telecom Handel: Ist das ein langfristiger Wachstumsmarkt?
Börner: Absolut. Im Grunde sind Tablets ja nichts anderes als Computer: Wenn ich das Gerät mit einer drahtlosen Tastatur kombiniere, habe ich ein Netbook, bei dem ich aber nicht immer alle Komponenten mitnehmen muss.
Telecom Handel: Geht das aktuelle Feature-Rennen bei den Smartphones weiter?
Börner: Deutschland ist schon stark von Features getrieben und da muss man mitgehen. Wir sind aber von Haus aus zudem meist einen Schritt voraus. Es geht darum, die Innovationen wie die Prozessorleistung auch in die Sprache der Verbraucher zu übersetzen, etwa indem ich zeige, dass mehrere Prozesse viel flüssiger und auch parallel ablaufen.
Telecom Handel: Muss ein 3D-Display an einem Handy sein?
Börner: Unsere Maxime ist, dass Technik sinnvoll sein muss. Wir stehen der Konkurrenz im 3D-Bereich in nichts nach und sind durchaus in der Lage, die entsprechende Technologie bereitzustellen. Derzeit glauben wir aber nicht, dass dafür bei uns ein Markt existiert. Ein weiteres Beispiel ist das Thema Mobile TV. Wir hatten die Technologie damals fertig in der Schublade und hätten diese breit in Europa einführen können. Auch da haben wir keinen Markt gesehen und uns dagegen entschieden. Aus heutiger Sicht war das absolut richtig.
Telecom Handel: Sind drei Betriebssysteme nicht Luxus?
Börner: Das sieht nur auf den ersten Blick so aus. Um die Nummer eins zu sein und den Kundengeschmack bedienen zu können, muss ich diese Auswahl anbieten. Jedes der drei für sich betrachtet hat seine Vor- und Nachteile.
Telecom Handel: Bada scheint dabei eher strategisch angelegt zu sein?
Börner: Natürlich, da kommt auch das Thema Patente wieder zum Tragen. Ein Betriebssystem, das ich komplett kontrolliere, gibt Sicherheit und Unabhängigkeit. So ein System kann ich auch nach den Bedürfnissen der Kunden gestalten. Wir sind mit bada auf dem richtigen Weg und inzwischen erfolgreich.
Telecom Handel: Wie beurteilen Sie die Lage des Fachhandels?
Börner: Er war in den letzten zwei Jahren relativ stark gebeutelt.Wer heute noch die Lichter an hat, sieht aber besseren Zeiten entgegen. Wir glauben an den Fachhandel und wollen ihn optimal unterstützen. Gerade beim Smartphone-Thema kann er die Kompetenz am PoS vermitteln. Der Händler muss eine Anlaufstelle für die Kunden sein, die Beratung und Antworten auf ihre Fragen wollen. Auch beim Updaten von Software kann er eine wichtige Rolle spielen.
Telecom Handel: Was wollen Sie im nächsten Jahr für die Händler an Maßnahmen einführen?
Börner: Wir haben zum Beispiel das Team für den Fachhandel verdoppelt, um auch kleine Händler zu besuchen und sie zu trainieren. Außerdem erweitern wir die Themen, indem er am PoS auch andere Produkte von Samsung und die Konvergenz vermitteln kann.




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