Distribution 15.10.2023, 16:06 Uhr

Marktreport Broadliner: Die Aufgaben ändern sich

Broadline-Distribution ist eine Geschäftsstrategie, bei der ein Unternehmen oder Distributor eine breite Palette von Produkten und Lösungen aus verschiedenen Kategorien anbietet. Cloud und Services werden für die ­Distributoren immer wichtiger.
(Quelle: Blue_Planet_Studio_shutterstock)
Unkenrufe, dass die Distribution am Scheideweg sei, gibt es schon seit ­vielen Jahren. Doch in der jüngsten Vergangenheit wurde die Branche in der Tat kräftig durchgerüttelt, und das hat durchaus Spuren hinterlassen. Erst Corona, dann die Lieferengpässe – und als man glaubte, Erholung sei in Sicht, folgte der Ukrainekrieg ­sowie vor kurzem auch die Eskalation des Nahostkonflikts.
Dabei steht die ITK-Branche insgesamt unter Druck – einige Bereiche sogar besonders stark: So hat die Talfahrt der PC-Verkäufe auch im dritten Quartal kein Ende gefunden. Im Juli, August und September lieferten Hersteller den Analysten von Gartner zufolge weltweit 64,3 Millionen Einheiten aus. Das entspricht einem Rückgang von neun Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Damit schrumpfte der Markt für Desktops und Laptops im achten Quartal in Folge. Die Marktforscher gehen jedoch inzwischen von einem leichten Wachstum im vierten Quartal aus. Das ist zumindest ein Hoffnungsschimmer, denn das PC-Geschäft war jahrelang einer der Hauptumsatzbringer in der Distribution – vor allem bei den Broadlinern wie Also, Ingram Micro oder TD Synnex, ehemals Tech Data.
Ein weiteres Beispiel: Auch die Smart­phone-Verkäufe stehen in diesem Jahr unter Druck. Weltweit sollen sie gegenüber dem auch schon schwachen Vorjahr laut IDC um 4,7 Prozent auf 1,15 Milliarden Geräte zurückgehen. Deutschland ist besonders betroffen. Hierzulande ging der Absatz laut der GfK in den ersten drei Quartalen im Jahresvergleich um 15,9 Prozent auf zwölf Millionen Geräte zurück. Für Europa rechnen Analysten erst für das nächste Jahr wieder mit einer Erholung. Dies trifft vor allem die TK-Distributoren hart, für die der Smartphone-Verkauf viele Jahre lang der Goldesel war.
Unterm Strich, und das ist schon lange klar, muss sich die Distribution neu erfinden – das gilt vor allem für den B2B-Bereich, die Zusammenarbeit mit Systemhäusern und Integratoren. Denn die GK-Reseller entwickeln sich immer mehr zu Managed Service Providern und stellen ihre Geschäftsmodelle sukzessive vom Projekt- auf das On-Prem-Geschäft um – was vermehrt den Verkauf von Cloud-Lösungen zur Folge hat.

Handel im Wandel

Durch die Pandemie wurde diese Entwicklung noch einmal deutlich beschleunigt: Großunternehmen, die bereits seit Jahren gewohnt waren, Private wie Public Cloud zu nutzen, bauten diese Nutzung weiter aus. Über 80 Prozent der Großunternehmen nutzen die Public Cloud laut verschiedenen Studien mittlerweile auch für unternehmenskritische Anwendungen. Hauptzielgruppe für den Channel ist aber der Mittelstand – und mittlerweile nutzen knapp 50 Prozent der Mittelständler die Cloud für unternehmenskritische Anwendungen. Im Bereich UCC liegt dieser Anteil zwar noch bei knapp 13 Prozent, wird in den kommenden Jahren aber ebenfalls deutlich ansteigen.
Der Mittelstand, die Hauptklientel Tausender von Systemhäusern, hat Lockdown-bedingt und in Ermangelung von Alternativen innerhalb sehr kurzer Zeit eine Trendwende vollzogen. Der früher weit verbreitete Ansatz „On-Premises First“ wurde aufgegeben. Als Folge wurden der Channel und die Distribution mit einer gestiegenen Nachfrage an Hardware konfrontiert, um mobiles, Cloud-zentriertes Arbeiten zu ermöglichen. Parallel aber wurden bestehende Prozesse in die Cloud verlagert und neue begonnen, mit der Prämisse, „Cloud First aufzubauen“. Damit verändern sich aber auch die Aufgaben der Distributoren.
Einerseits gibt es bezogen auf die Hardware ein Auf und Ab bei den verschiedenen Warengruppen: Headsets, Webcams und Co. werden immer noch gut nachgefragt – auch weil die Ansprüche der Mitarbeiter im Homeoffice gestiegen sind. Auch die Ausstattung kleiner Konferenzräume, sogenannter Huddle Rooms, erlebt eine Renaissance – ein Bereich, der während der Homeoffice-Pflicht weitgehend zum Erliegen kam. Im Gegenzug geht der Absatz von Festnetztelefonen seit Jahren zurück, das gilt auch für die Geschäfte mit Druckern und anderen Peripheriegeräten.
Quelle: Aun_Photographer_shutterstock
Eine Herausforderung für die Distributoren. Auf der einen Seite müssen sie entsprechende Hardware vorrätig halten, auf der anderen Seite kann es aber sein, dass Modellgruppen längere Zeit im Lager liegen. Das ist kostenintensiv. Auf der anderen Seite gilt es, die Cloud-Geschäfte voranzutreiben. Die Broadliner haben sich in dem Bereich bereits gut aufgestellt und bauen ihre Cloud-Marktplätze beständig aus. Komsa wiederum hat ebenfalls einen eigenen Marktplatz am Start, der allerdings von Beginn an stark darauf zugeschnitten wurde, dass Reseller den Vertrag mit ihren Kunden halten können – das war und ist bei den Broadlinern nicht immer der Fall. Andere Distributoren wie beispielsweise ADN konzentrieren sich dabei zunehmend auf ausgewählte Bereiche und bauen eine MSP-Plattform für das Security-Umfeld auf. Diese Entwicklung ist auch nötig, denn die Bedürfnisse der Systemhäuser haben sich geändert. Das zeigt auch eine Umfrage des iSCM-Instituts. Reseller wünschen sich von ihren Distributionspartnern vor allem Value Added Services wie technische Beratung, Software und Lizenzen, technischen Support, Cloud-Services und Managed Services.
Allerdings müssen diese Services auch finanziert werden, und hier sind die Hersteller ebenfalls gefragt.



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