Online-Shop 04.11.2011, 16:08 Uhr

Die Filiale im Netz

Auch TK-Händler können mit einem eigenen Internet-Shop ihre Umsätze steigern, wenn sie mit Professionalität punkten und mit spitzer Feder rechnen. Finden Sie hier Tipps für eine erfolgreiche Online-Strategie.
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Fast jeder zweite Konsument informiert sich über TK-Dienstleistungen und TK-Geräte im Internet – und so mancher schließt dort auch Verträge ab, so das Ergebnis der aktuellen Handelsstudie „The Retail Revolution“ der Multichannel-Agentur Interone. Hauptanlaufstelle für die Informationssuche sind die Websites der Netzbetreiber. Im stationären Fachgeschäft sucht nur ein gutes Drittel der potenziellen Käufer Antworten und Geräte.
Was bedeutet das also für TK-Fachhändler? Im Internet verkaufen oder sterben? Nicht unbedingt, meinen Experten. Denn die goldenen Zeiten, in denen Händler mit ein paar Klicks einen Online-Shop zusammenschusterten, der die Umsätze des Ladens innerhalb weniger Monate um ein Vielfaches übertraf, sind definitiv vorbei. Zu groß ist die Konkurrenz aus Netzbetreibern, Versandhäusern wie Amazon sowie etablierten Online-Spezialanbietern. Zu groß der Preisdruck, zu gesättigt der Markt. Wer heute über einen Online-Shop nachdenkt, sollte dabei ähnlich vorgehen wie bei der Konzeption einer weiteren Filiale: Ohne Strategie und sorgfältige Planung wird das nichts.
Generalstabsmäßige Planung
„Ein eigener Onlineshop kann neue Konsumentenschichten ansprechen und den Bekanntheitsgrad auch über die Region hinaus erhöhen“, zählt Marc Schürmann, Key Account Manager bei der Online-Agentur Phoenix Medien, die Vorteile auf. „Damit einhergehend erhöht sich jedoch neben der Zahl der Konkurrenten auch der Preisdruck. Den Schlüssel zum Erfolg sehe ich daher in der Spezialisierung und Konzentration auf Marktnischen.“ Die Frage, die sich Händler bei der Konzeption ihres Online-Shops stellen müssen, lautet also: Was finden die Kunden bei mir, was es anderswo nicht gibt?

Die Mischung macht´s

Mit den neuesten Smartphones oder den aktuellen Vertragsangeboten der Netzbetreiber können Händler nicht punkten – die gibt es überall im Netz, noch dazu häufig zu Preisen, die kleinere Reseller kaum verkraften können. „Sollte das Geschäftsmodell der Händler allerdings über Mobilfunkverträge hinausgehen und zum Beispiel auch den Vertrieb von TK-Anlagen und deren Vor-Ort-Installation vorsehen, so kann es dann durchaus auch Sinn machen, diese online anzubieten“, meint Stefan Ponitz, Berater E-Commerce und Business Development Manager bei der Webagentur netz98. „Die Frage, ob sich ein Online-Shop für einen TK-Händler lohnt, hängt also sehr stark von der Breite des Produktsortiments und der Diversifikation des Angebots ab.“
Wichtig: Die Online-Filiale muss keineswegs das gleiche Portfolio bieten wie das stationäre Geschäft. Eine Kombination von unterschiedlichen Services im On- und Offline-Angebot kann zu Synergieeffekten zwischen den beiden Filialen führen. Zudem kann so der Online-Shop den Preiskampf im Internet aufnehmen, ohne dass auch die Produkte im Filialgeschäft billiger werden müssen.
Was kostet die Welt
Ist klar, welches Sortiment im Online-Shop vermarktet werden soll, muss mit spitzer Feder gerechnet werden. Denn ebenso wie die Eröffnung einer neuen Filiale fordert auch die Eröffnung eines Online-Shops initiale Investitionen. Zu den wichtigsten Kosten gehören die monatlichen anfallenden Gebühren für das Hosting des Shops, auch das Shopsystem kommt auf die Soll-Liste. Hier muss eine grundsätzliche Entscheidung getroffen werden: Miet-Shop oder proprietäres System? Eine Miet-Shop-Lösung kostet eine monatliche Gebühr, in der meist das Hosting enthalten ist. Sie ist auch abhängig von der Größe des Shops, der Anzahl der Unterseiten, der angebotenen Produkte.
Die Shopsysteme sind einfach zu bedienen und einzurichten und bringen alle Standards mit, die Online-Shops heute bieten müssen, darunter auch professionelle Design-Vorlagen. Der Anbieter des Miet-Shops ist bei Problemen mit dem Shopsystem zentraler Ansprechpartner und aktualisiert seine Software in regelmäßigen Abständen. Dafür ist der Händler auch stark abhängig von seinem Shopsystem-Anbieter; individuelle Wünsche und schnelle Änderungen lassen sich nicht so leicht umsetzen.

Flexible Open-Source-Lösungen

Diese Flexibilität bieten dagegen proprietäre Shopsysteme, die der Händler einmal über eine Lizenzgebühr erwirbt, auf seinen eigenen Servern installiert und dann nach Herzenslust ändern, anpassen und erweitern kann, sofern er über die entsprechenden Kenntnisse verfügt. Wer ein Open-Source-Shopsystem verwendet, spart sich die Lizenzkosten – dafür ist der Aufwand für Anpassungen höher und die Lösung von Problemen komplizierter, weil es keinen zentralen Support gibt, den der Händler ansprechen kann. Stattdessen muss er sich mit seinen Schwierigkeiten an die Community wenden – und die reagiert je nach System mal schnell und kompetent, mal langsam und wenig hilfreich.
Wer sich mit seinem Shop von den Standard-Designs der angebotenen Shopsysteme abheben und sich Arbeit ersparen möchte, kann auch eine Online-Agentur mit der Einrichtung des Shops beauftragen. Als Faustregel gilt hier: Die Größe der Agentur sollte der Mitarbeiterzahl des Auftraggebers entsprechen, damit man sich in einer finanziellen Liga bewegt. Rund 10.000 Euro für einen optimierten, individuellen Shop sind ein grobes Mittelmaß. Wer sich angesichts dieser Kosten lieber selbst mit Templates und Produktdatenbanken herumschlägt, darf nicht vergessen: Ein einmal vergraulter Online-Kunde kommt nicht wieder.
„Die derzeitige Erwartungshaltung der Online-Käufer ist hoch“, warnt Silvan Dolezalek, Geschäftsführer von Zaunz, dem Hersteller des Shopsystems Cosmoshop. „Schon allein die rechtlichen Kriterien und die Bezahlmethoden dürfen nicht vernachlässigt werden. Das verprellt die Besucher nur unnötig.“ Auch abmahnsichere Texte, ein benutzerfreundliches Design, Produktfotos für jeden Artikel, gute Artikelbeschreibungen, eine SSL-Verschlüsselung im Kassenbereich und eine Lieferung binnen zwei bis vier Tagen sollte ein neuer Online-Shop ab Tag eins mitbringen, so Dolezalek.
Egal ob gemietet oder proprietär: Mit dem Shopsystem allein ist es nicht getan. „Produkte und Angebote müssen aktualisiert werden, der Shop muss permanent optimiert werden“, zählt Christian Kobrow, Key Account Manager bei spot-media, auf. Dazu kommen die Beantwortung von Kundenanfragen, der Aufwand für den Paketversand sowie die zeitaufwändige, aber unabdingbare Suchmaschinenoptimierung, durch die der Shop bei Google gefunden werden kann. Rund zwei Arbeitsstunden täglich verschlingt der Betrieb eines Online-Shops zu Anfang.
Die positive Nachricht ist: Wenn der Shop gut aussieht und stabil läuft, ein interessantes Sortiment bietet, Beratungskompetenz ausstrahlt und mit solidem Marketing beworben wird, können auch neue Web-Shops in der TK-Branche bestehen, ohne Kampfpreise bieten zu müssen. Der Interone-Studie zufolge entscheidet nur jeder zehnte Online-Käufer allein über den günstigsten Preis; für alle anderen sind auch Kriterien wie Service, Beratung, Kompetenz und Vertrauen wichtig. „Dass sich ein Online-Shop für einen stationären Händler lohnt, sehen wir fast jeden Tag anhand unserer Neukunden-Zuwächse“, macht Silvan Dolezalek Mut. „Da gibt es einige, die sich zwar in der gleichen Branche tummeln, aber erfolgreicher sind als andere. Oftmals zählen einfach das beste Marketingkonzept, die Professionalität der Umsetzung und manchmal auch der lange Atem.“ 

Händlerecho

„Als Händler wird man immer mehr dazu gezwungen, Umsatzvorgaben der Hersteller zu erfüllen, die im stationären Handel schwer realisierbar sind. Deshalb habe ich mit meinem Online-Shop ein zweites Standbein aufgebaut, mit dem ich zusätzlichen Umsatz generiere. Wenn ich beispielsweise ein Handy zu einem besonderen Schnäppchenpreis anbieten kann, stelle ich das in den Online-Shop und achte darauf, dass ich bei der Preissuchmaschine guenstiger.de auf Platz eins stehe.
Wir machen das aber nur bei bestimmten Aktionen und verkaufen dann täglich bis zu hundert Pakete. Daher baue ich mein Engagement in diesem Bereich aus: Ende des Monats geht mein neuer Online-Shop, den ich ausschließlich über guenstiger.de und die regionale Presse bewerbe, in einem erneuerten Design ins Netz. Meine Stärke sehe ich dennoch im stationären Handel. Gerade wenn es um komplexe Tarife geht, kann das Internet nicht mithalten.“