Abo-Abzocke 11.03.2013, 10:35 Uhr

So schützen Händler ihre Mobilfunk-Kunden

Spiele, Erotik und "Gratis"-Apps können hohe Kosten verursachen. Telecom Handel zeigt, wie Sie als Händler ihre Mobilfunk-Kunden vor fiesen Abofallen bewahren können.
(Quelle: Schlierner / volkann - Fotolia.com)
„Fast zwei Jahre lang hatte meine Kundin zwischen 40 und 45 Euro zu viel auf ihrer monatlichen Handyrechnung“, berichtet Manfred Kremer, Geschäftsführer des Handyshops Ebelsbach. Was war passiert? Kremers Kundin hatte das Handy ihrer Tochter gegeben. Das Mädchen spielte mit dem Smartphone und ist dabei in eine sogenannte Abofalle getappt.
Dabei handelt es sich um Dienstleistungen im Internet, bei denen die Kosten nicht klar ausgewiesen sind. „Die Mutter kam zu mir in den Laden und wollte wegen der hohen Rechnungen ihren Vertrag kündigen. Jede Woche kommen mindestens fünf bis zehn Leute zu mir, die solche dubiosen Posten auf der Rechnung haben – das geht mir einfach auf den Wecker!“, macht der Händler seinem Ärger Luft.
Die Betreiber von Abofallen werben beispielsweise mit Downloads von Klingeltönen, Videos und Spielen oder mit „lustiger“ Software wie einem vermeintlichen Nacktscanner. Außerdem locken die Betrüger ihre Opfer häufig mit erotischen Inhalten oder zweifelhaften Shopping-Angeboten in die Falle – oft reicht schon ein falscher Klick.

Button-Lösung brachte erste Besserung

Dabei trat Anfang August 2012 eine Gesetzesänderung in Kraft, die dem unfairen Treiben Einhalt gebieten sollte. Die sogenannte Button-Lösung besagt, dass die Schaltfläche, über die der Verbraucher seine Bestellung abgibt, mit den Worten „zahlungspflichtig bestellen“ oder einer ähnlichen, eindeutigen Formulierung beschriftet sein muss. Hält ein Unternehmen die Vorschrift nicht ein, kommt kein gültiger Vertrag zustande.
Eine Prüfung des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (VZBV) ergab, dass viele Abofallen nach der Gesetzesänderung tatsächlich von der Bildfläche verschwunden sind. Einen Grund zur Entwarnung sehen die Verbraucherschützer allerdings nicht. „Eine Gefahr geht weiterhin von kostenlosen Apps aus, die sich durch Bannerwerbung finanzieren. Eine Berührung des Touchscreens an falscher Stelle und schon hat der Kunde eine Zahlung auf seiner Mobilfunkrechnung ausgelöst“, erklärt Tatjana Halm von der Verbraucherzentrale Bayern im Gespräch mit ­Telecom ­Handel.

Abzock-Masche "WAP-Billing"

Die Masche, die dahintersteckt, bedient sich einer Technik namens „WAP-Billing“: Nach einem Fingertip auf einen Link oder ein Banner in der Gratis-App wird der Benutzer auf eine WAP-Seite geleitet. Diese ist nicht von einer herkömmlichen HTML-Seite zu unterscheiden. Der Trick dabei: Das Wire­less Application Protocol erlaubt es, die eindeutige Mobile Subscriber Integrated Services Digital Network Number (MSISDN) der SIM-Karte auszulesen.
Hat der Abofallen-Betreiber die MSISDN auf diese Weise ergattert – sowie eine entsprechende Vereinbarung mit dem Mobilfunkanbieter –, kann er seine Forderung über die nächste Handyrechnung einziehen. „Die Verbraucher merken das häufig erst dann, wenn der gewohnte Rechnungsbetrag deutlich und ohne offensichtlichen Grund überschritten wird“, heißt es vom VZBV. Verschärft wird das Problem dadurch, dass viele Kunden statt einer Papier-Rechnung nur noch online ihre Mobilfunkkosten einsehen können – so fallen dubiose Posten noch weniger auf.
Gefahr durch WAP-Billing droht jedoch nur dann, wenn das Smartphone per Mobilfunk ins Internet eingewählt ist. Geht das Gerät dagegen über WLAN ins Netz, funktioniert die Masche nicht.

Händler können den Spuk beenden

Wenn sich ein Kunde wegen überhöhter Abbuchungen an seinen Händler wendet, lohnt sich zunächst ein genauer Blick auf die Rechnungen. Findet sich dort ein ungewünschtes Abo, sollte die Kostenfalle sofort storniert werden. „Für den Händler, der sich ein bisschen auskennt, ist das einfach“, sagt Bernd Nentwig, Mobilfunkhändler aus Zörbig.
„Ich lasse den Kunden unterschreiben, dass er das Abo nicht möchte. Dann schicke ich ein Fax und einen Brief an die Abofirma. Das hat in der Vergangenheit immer gut geklappt, dabei war auch kein Einschreiben nötig, nur ein normaler Brief mit 58 Cent Porto.“ Die Adresse und Faxnummer finden Händler in der Regel auf der Handyrechnung des Kunden. Alternativ können viele Abos auch per SMS oder E-Mail gestoppt werden.

Drittanbieter sperren

Noch einen Schritt weiter geht die Empfehlung von Tatjana Halm von der Verbraucherzentrale: „Wenn der Abo-Anbieter vor der Bestellung nicht eindeutig mit einem Button auf die Kosten hingewiesen hat, ist von einem unwirksamen Vertrag auszugehen. Buchen Sie den kompletten Rechnungsbetrag zurück, überweisen Sie dann den unstrittigen Teil der Rechnung erneut an Ihren Mobilfunkanbieter und teilen Sie ihm das Vorgehen schriftlich mit.“ Das ist jedoch mit dem Risiko verbunden, das Verhältnis zum Mobilfunkanbieter zu belasten.
Manfred Kremer schützt seine Kunden schon im Vorfeld, indem er für sie eine Drittanbieter-Sperre bei der Telefongesellschaft beantragt. Ist die Sperre aktiv, darf der Mobilfunkanbieter keine Gebühren mehr für Drittanbieter über die Handyrechnung einziehen. Insbesondere, wenn auch Kinder oder Teenager das Mobiltelefon benutzen, sollten Händler zudem 0137- und 0900-Nummern sperren. Kremer: „Ich kenne keine sinnvolle 0137-Nummer und nur zwei sinnvolle 0900-Nummern: Ein Infotelefon für Heizungsmonteure und eine Anwaltshotline – alles andere ist Unsinn.“