Schaufenstergestaltung 21.04.2010, 17:09 Uhr

Tiefe Einblicke für den Kunden

Das eigene Schaufenster vernachlässigen viele Shop-Besitzer. Dabei ist seine Gestaltung ausschlaggebend dafür, ob potenzielle Kunden einen Laden betreten, oder auch nicht.
Die Angebote sind unschlagbar, das Programm stimmt – und trotzdem bleibt der Laden leer? Vielleicht liegt es an der Gestaltung des Schaufensters? Telecom Handel fragte Verkaufsprofis nach Tipps und Tricks, wie man seinen Shop zu einem Blickfang für mögliche Kunden macht – und umgekehrt nach den häufigsten Fehlern der Ladenbesitzer bei diesem Thema. Einer der Experten ist Jon Christoph Berndt, Geschäftsführer der Münchner Markenberatung Brandamazing. Er vertritt – sehr beredt – die These, der Point of Sale müsse zu einem „Point of Genuss“ werden. Und dazu gehört nicht zuletzt ein ansprechendes Schaufenster. „Das Wichtigste ist, sich immer daran zu erinnern, dass es ,Schaufenster‘ heißt – und nicht ,Papp-Aufsteller-‘ oder ,Aufkleber-Fenster‘“, so Berndt.
Der häufigste Fehler bei Handy-Shops sei nämlich eine mit Logos und anderen Werbematerialien zugepflasterte Schaufläche. Dadurch werde es unmöglich, einen Blick in den Laden zu werfen – und zu entscheiden, ob er sympathisch wirkt oder nicht. Grundsätzlich gilt also: „Lassen Sie die Leute reinschauen!“, appelliert Berndt. Dem gewohnten Promotion-Material zu entsagen, fällt vielen wahrscheinlich zunächst schwer. „Aber Menschen, die einen Handy-Vertrag abschließen möchten, binden sich für mehrere Jahre“, so Berndt. „Die wollen doch wissen, wer hinterm Tresen steht.“ Absolut verboten seien daher auch „Abschottungs-Maßnahmen“ wie Lamellenjalousien; Offenheit ist das A und O. Das heißt auch: „Nur wenn draußen Minustemperaturen herrschen, darf die Eingangstür geschlossen bleiben!“

Schaufenstergestaltung: Tiefe Einblicke für den Kunden

Freier Blick auf das Angebot
„Transparenz ist das oberste Credo bei der Schaufenstergestaltung“, pflichtet Nils Zimmermann, Art-Direktor bei der Hamburger Design-Agentur Mutabor, Jon Christoph Berndt bei. „Das Fenster ist die Visitenkarte eines Ladens. Egal ob Handy oder Blumen – es muss deutlich werden, was man verkaufen will.“ Und dann sei es Aufgabe der Gestaltung, beim Laufpublikum innerhalb von Augenblicken das Interesse auf das Fenster zu ziehen. „Dafür eignet sich ein Highlight sehr viel besser als ein zugestelltes Fenster“, so Zimmermann, der im Jahr 2008 den Telekom-Shop „4010“ in Berlin Mitte mitgestaltet hat.
Aufgabenstellung des Kommunikationsriesen war es gewesen, eine jüngere Zielgruppe in den Laden zu locken. So hat Mutabor im Concept-Store „4010“ Platz für Tische und bequeme Sitzmöglichkeiten geschaffen, so dass die Leute Lust zum Verweilen und Ausprobieren der Produkte bekommen. Auch Tee wird gereicht. Wichtig sei eine Atmosphäre der Gastfreundschaft: Man müsse sehen, dass das Gespräch im Vordergrund steht.

Schaufenstergestaltung

Keine Frage: Was Apple in seine Flagship-Stores und die Telekom in die Arbeit von Design-Agenturen investiert, kann ein Mittelständler nicht aufbringen. „Muss er aber auch nicht“, beruhigt Jon Christoph Berndt von Brandamazing. Denn ein einladendes Schaufenster ist nicht unbedingt teuer. Außer durch das Ausmisten sämtlichen Promotion-Materials kann man sich schon mit ein paar Kleinigkeiten von Wettbewerbern abheben. Zum Beispiel mit Sauberkeit. „Tote Fliegen im Schaufenster – ein absolutes Tabu“, so Berndt. Und wie schon Nils Zimmermann von Mutabor, spricht sich auch Berndt dafür aus, nur wenige oder gar nur ein Produkt-Highlight zu präsentieren. Dann bleibt noch genug Platz für den Blick nach innen. Noch ein Tipp: Shop-Besitzer sollten im gesamten Laden das Konzept der „aufsteigenden Blickrichtung“ verfolgen. Das heißt: Hohe Sachen gehören nach hinten, niedrige nach vorne.
Eine Fläche für aktuelle Aktionen
Trotz des vorweg proklamierten tiefen Einblicks – auf Ankündigungen im Fenster muss man nicht vollständig verzichten. Es bietet sich an, eine feste Fläche für wechselnde Aktionen einzurichten, etwa in einem Bilderrahmen. „So hat man einen definierten Raum für Aktionen. Aber bitte den Text nicht mit einem fast leeren Edding oder in fünf verschiedenen Schriftarten auftragen.“ Sauber und sachlich – das reiche. „Es soll ja nicht aussehen wie bei der Post“, lacht Berndt. Und was man im Grunde immer tun sollte, wenn man unsicher ist: „Fragen Sie Ihre Putzfrau, ob sie den Laden betreten würde! Sagt sie ,Nein‘, müssen Sie ganz schnell etwas ändern.“
Katja Schönherr