Corona-Krise
09.02.2021, 16:37 Uhr
Wirtschaft fordert Öffnungen - Stimmung katastrophal
Bei vielen Firmen im Lockdown herrscht Verzweiflung und Frust. Eine Perspektive erhoffen sich viele von den Beratungen am heutigen Mittwoch. Die Industrie lenkt den Blick auf den EU-Binnenmarkt.
Die Corona-Krise nimmt kein Ende: Wirtschaftsverbände fordern angesichts des wochenlangen Lockdowns vehement einen Fahrplan zur Öffnung und warnen vor einer Pleitewelle. Die Stimmung gerade auch im Handel wird zunehmend schlechter.
Bund und Länder müssten eine klare Öffnungsperspektive schaffen, forderte daher der Handelsverband Deutschland. Ein Stufenplan für den Weg aus dem Lockdown müsse für den Einzelhandel auch bei Inzidenzwerten über 50 Lockerungsmaßnahmen vorsehen, so Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. "Denkbar wären Öffnungen unter noch strengeren Vorgaben für die maximale Kundenzahl oder verschärfte Hygieneregeln." Diese können nach Ansicht des Handelsverbands bei weiter sinkenden Corona-Zahlen gelockert werden.
Dabei geht es um die Zahl der binnen sieben Tagen gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner. Der Lockdown mit der Schließung der Gastronomie und vielen Geschäften ist bisher bis Mitte Februar angesetzt. Mehrere Länder haben Stufenpläne vorgelegt oder arbeiten daran. Am Mittwoch beraten Bund und Länder erneut über den Lockdown.
Der Handelsverband berichtete von der Verzweiflung vieler Einzelhändler im Lockdown. "Nach wie vor kommt das Geld aus den staatlichen Hilfsprogrammen nicht ausreichend an", sagte Genth.
Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer forderte ein bundesweites Ampel-System für Corona-Entscheidungen nach regionaler Inzidenz - "damit Betriebe planen können und eine Perspektive erhalten", sagte er. Ein Öffnungsplan müsse klare Voraussetzungen festlegen, mit denen Betriebe wieder arbeiten können. Außerdem müssten Hilfen deutlich schneller ausgezahlt werden. Bei einem großen Teil der Betriebe sei bisher nicht ein einziger Euro des versprochenen Geldes angekommen.
Öffnungsstrategie gefordert
Der Präsident des Bundesverbandes der Freien Berufe, Wolfgang Ewer, sagte, es müsse nach vielen Monaten des Lockdowns eine Öffnungsstrategie geben, die neben den gesundheitlichen stärker auch wirtschaftliche Perspektiven berücksichtige. "Es steht viel auf dem Spiel und es gibt ernsthafte Sorgen, dass die Krise dauerhafte Schäden hinterlässt, etwa bei der Bildung und der Infrastruktur", sagte Ewer. Bei den Hilfsprogrammen müsse nachgeschärft werden.
Unteressen blickt Industriepräsident Siegfried Russwurm mit Sorge auf die Entwicklung der Corona-Lage in Europa. Das europaweit steigende Infektionsgeschehen beunruhige die Industrie zunehmend. "Deutschland ist keine Insel, sondern liegt mitten in Europa. Unsere Industrie ist wie kaum eine andere eng mit grenzüberschreitenden Lieferketten und Mitarbeiterstrukturen verflochten", sagte Russwurm. Wenn es nicht gelinge, die Pandemie-Eindämmung europaweit erfolgreich voranzutreiben, sei jeder nationale Erfolg ein Strohfeuer.