Drahtlose Connectivity
11.08.2022, 08:51 Uhr
Ein Netz reicht nicht immer
Wenn die Internet-Verbindung im Homeoffice Probleme bereitet, gibt es immer bessere Alternativen mit Mobilfunk oder Satellit.
Für die meisten Anwender ist das Internet fast immer verfügbar, Ausfälle kommen eher selten vor. Keine Backup-Lösung zu haben kann dann allerdings teuer werden. Gerade während Corona hat sich gezeigt, dass viele Homeoffice-Worker immer wieder vom Netz abgeschnitten wurden. Die Gründe sind vielfältig, noch immer sind viele Heimzugänge von der Bandbreite her nicht ausreichend – sei es, weil Anwender nicht in mehr Speed investieren wollen oder mangels Verfügbarkeit gar nicht können. Auch Konflikte durch zu viele Nutzer im Haushalt, etwa streamende Kinder oder mehrere Videokonferenzen gleichzeitig, sorgen immer noch für Frust. Was früher ein rein privates Problem war, wird im Homeoffice schnell zum Risikofaktor für einen Arbeitgeber, der sein Personal nicht zuverlässig erreichen kann.
Wer seine Festnetzverbindung beim Ausfall oder einem Leistungseinbruch durch einen Wechsel in ein Mobilfunknetz – idealerweise schon mit 5G – substituieren konnte, war dagegen auf der sicheren Seite. Entsprechend waren Mobilfunk-Router, die hierzulande aktuell nur von wenigen Herstellern vorwiegend über die Netzbetreiber angeboten werden, zu Beginn der Pandemie zeitweise ausverkauft. Derzeit hat die Telekom zwei Router von ZTE im Portfolio, Vodafone verkauft den Gigacube 5G von TCL und O2 Telefónica den Homespot 5G von Askey. Sie haben die in der vorherigen Generation fast ausschließlich genutzten Huawei-Modelle ersetzt. Freie Router ohne Betreiberbindung gibt es von Netgear mit dem Nighthawk M5 oder AVM mit der lange erwarteten FritzBox 6850 5G – allerdings zu Preisen jenseits von 500 Euro. Für professionelle Anwender und Industriegelände gibt es zudem entsprechende Router etwa von Siemens, Sierra Wireless oder Perle Systems, die deutlich mehr Endgeräte per WLAN anbinden können.
In vielen Regionen und auf dem Land ist Mobilfunk allerdings gar keine Alternative zum Festnetz, denn schnelles 5G in den 2,1- und 3,6-GHz-Bändern haben die Netzbetreiber zunächst in den Städten ausgebaut, die ohnehin schon gut mit Glasfaser versorgt sind. Mit 700-MHz-Frequenzen (Band n28) kann dagegen eine größere Fläche mit einem Radius von bis zu zehn Kilometern auf dem Land von einem Funkturm versorgt werden. Vodafone hat damit 2020 begonnen, Telefónica ein Jahr später und die Telekom zieht jetzt nach. Diese langwelligen Bänder bieten auch einen besseren Empfang in Gebäuden, dafür ist die Geschwindigkeit mit maximal rund 200 MBit/s nicht mehr so rasant wie in den höheren Frequenzbereichen. Zudem unterstützen einige ältere Router und Smartphones das n28-Band noch nicht.
Doch selbst von diesem Tempo träumt mancher Heimarbeiter in komplett unterversorgten Gebieten. Dort gibt es immerhin noch eine Alternative: Satellitennetzbetreiber wie Eutelsat Konnect haben ihre Angebote während der Pandemie unter anderem erfolgreich als Backup-Lösung vermarktet. Auch das Starlink-System, hinter dem der Tesla-Gründer Elon Musk steht, ist inzwischen verfügbar. Die Bandbreiten von Netzen wie dem von Eutelsat sind mit maximal 100 MBit/s im Downlink und vor allem nur 5 MBit/s im Uplink allerdings weit von DSL entfernt, zumal es in vielen Tarifen keine Flatrate, sondern ein monatliches Datenlimit gibt. Doch wer keine Alternative vor Ort hat, kann damit zumindest die meisten Tätigkeiten im Homeoffice durchführen und wird auch die höheren Kosten schlucken.
In einer idealen Welt sollte die Technologie eigentlich gar keine Rolle mehr für das Nutzererlebnis spielen: Seit Jahren fordern professionelle Anwender den Schritt zu einer „seamless connectivity“, also den nahtlosen, unterbrechungsfreien Übergang zwischen den Zugangstechnologien. Manche Endgeräte wie Tablets schaffen es bereits, den Anwender nicht mehr mit der Frage, ob er sich etwa mit 4G/5G oder per WLAN und Festnetz im Internet bewegen will, zu belasten. Das Gerät wählt hier immer automatisch die schnellste verfügbare Technologie, alternativ könnte man die Priorität auch auf andere Aspekte wie Stromsparen oder Kosten setzen.
Denn Mobilfunk ist in der Regel noch immer teurer als Festnetz, vor allem wenn große Datenmengen bewegt werden sollen. Selbst für Unternehmenskunden ist es eine Frage, ob alle mobilen Mitarbeiter mit einer 5G-Flatrate und dem entsprechenden Smartphone ausgestattet werden müssen, oder ob hier je nach Einsatzzweck skaliert werden kann. Möglich wird es auch, zwei SIM-Karten oder eine zusätzliche eSIM für unterschiedliche Anwendungsszenarien zu verwenden.
Das Verschmelzen der verschiedenen Zugangstechnologien dürfte in der Zukunft auch eines der Hauptmerkmale der nächsten Mobilfunktechnologie 6G werden. In einem Whitepaper des Netzwerkausrüsters Ericsson heißt es: „Einer der vier Haupttreiber von 6G wird unbegrenzte Verbindung sein, die den steigenden Bedarf an Kommunikation überall, jederzeit und für alles gewährleistet.“ Dies bedeute, nicht nur wie heute „erdgebundende“ Netze wie Mobilfunk und Festnetz zu integrieren, sondern auch den Einschluss von Satellitennetzwerken, um wirklich jeden Flecken der Erde erreichen. Das könnte gemäß den Autoren der Studie auch helfen, die digitalen Gräben zwischen reichen und armen Ländern zumindest wieder zu verkleinern. Wenn 6G ab dem Jahr 2030 langsam in die reale Phase gehen könnte, würde nach rund 40 Jahren Mobilfunkgeschichte der Weg zu einem einheitlichen Netzerlebnis frei sein.