Händler-Interview 23.09.2016, 10:45 Uhr

"Hausautomation? Das läuft nicht automatisch"

Heimautomation ist die Königsdisziplin im Bereich Smart Home. Doch dieses technisch höchst anspruchsvolle ­Geschäftsfeld birgt neben den vielen Chancen auch etliche Risiken, wie Fachhändler Aleksandar Roslan berichtet.
Die Hersteller aus Telekommunikation und Consumer Electronics haben das Thema Smart Home erst in den letzten Jahren für sich entdeckt, Sie sind dagegen schon eine ganze Zeit hier aktiv …
Aleksandar Roslan: Richtig, seit rund 15 Jahren machen wir Gebäudeautomation, und damals hieß das Ganze auch noch nicht Smart Home. Die Tatsache, dass der Kunde Smart Home heute automatisch mit Gebäudeautomation verknüpft – und umgekehrt –, wird für uns immer mehr zum Vorteil. Eine Philips Hue LED hat erst einmal nichts mit Smart Home zu tun, wird aber vom Kunden damit in Verbindung gebracht, und der Smart-Home-Markt profitiert von diesen vergleichsweise simplen Einzellösungen.

Inwiefern?

Roslan: Viele Kunden kommen damit auf den Geschmack und sehen sich nach weiteren smarten Lösungen um, beispielsweise bei der Heizung, denn das ist ganz klar das Einsteigerthema Nummer eins. Dann wird er aber schnell feststellen, dass er für seine Lampe und für die Heizung jeweils eine eigene App benötigt und dass die Systeme untereinander nicht vernetzbar sind.

Sie sprechen die unterschiedlichen Standards an, die immer noch den Markt dominieren. Ist das der größte Hemmschuh?
Roslan: Ja, das macht den Weg von Smart Home zum Massenmarkt und zur breiten Akzeptanz bei den Kunden wirklich enorm steinig. Denn wenn ich für jede Aktion eine separate App nutzen muss, werde ich es am Ende doch lieber wie früher manuell erledigen.

Pakete wie etwa das von RWE werden meist ohne größere Beratung verkauft, das funktioniert auch auf der Großfläche relativ gut. Welche Kunden entscheiden sich für die ungleich aufwendigere Heimautomation und kommen zu Ihnen?
Roslan: Wir haben tatsächlich etliche Kunden, die mit einfachen Lösungen wie dem genannten RWE-Paket angefangen haben und einfach mehr wollen. Andere Kunden haben sich beim Hausbau vor zehn, 15 oder mehr Jahren gegen eine Automation entschieden, da sie schlichtweg zu teuer war. Wenn der Kunde die Gebäudeautomation damals beim Neubau gleich mit dabei haben wollte, konnte er rund den doppelten Preis im Vergleich zur normalen Elektrik veranschlagen, also statt 22.000 Euro waren es dann gut über 40.000. Heute müsste man in diesen Gebäuden Wände aufschlitzen, um die erforderlichen Kabel zu verlegen – oder man macht es eben über Funk, was deutlich einfacher und kostengünstiger geht.

Kunden auf sich aufmerksam machen

Wie stellen Sie sicher, dass potenzielle Kunden auf Sie aufmerksam werden?
Roslan: Das ist gerade in diesem Geschäftsfeld alles andere als einfach, denn der erste Weg führt die Kunden nicht zum Handel, das muss man ganz klar sagen. Ein Großteil der Kunden findet uns durch unseren Web-Shop mit Z-Wave- und Fibaro-Lösungen, zudem haben wir uns dadurch einen Namen in der Branche gemacht, dass wir von Anfang an dabei waren.

Sie bieten ja auch Serviceleistungen an …
Roslan: Und das ist ein wesentlicher Bestandteil unseres täglichen Geschäfts! Durch unsere Expertise sind wir schon so weit, dass auch etliche Mitbewerber uns als Servicekontakt angeben. Es gibt ja leider Gottes sehr viele Web-Shops, die zwar günstig verkaufen, aber null Background-Wissen haben. Bei einem Preis von 1.500 bis 1.900 Euro für ein Einsteiger-Set bei Fibaro erwarten die Kunden dann auch eine entsprechende Beratung im Servicefall – und die können die Online-Verkäufer nur in den seltensten Fällen leisten. Außerdem sind wir in den einschlägigen Smart-Home-Foren aktiv, auch darüber wird man dann im Internet gefunden.

In den Foren werden sicherlich viele Fachfragen gestellt, geben Sie dort dann quasi eine kostenlose Beratung?
Roslan: Nein, natürlich nicht. Abgesehen von unseren Aktivitäten in den Foren bekommen wir täglich auch viele Anrufe oder Mails von Nutzern, die technische Fragen haben oder eine Beratung wünschen. Da frage ich mittlerweile immer vorab, ob sie das System denn auch bei uns gekauft haben. Wenn ja, beraten wir natürlich gerne, wenn nicht, verlangen wir eine Gebühr von 15 Euro für 15 Minuten. Auch im Shop handhaben wir das so. Die meisten Kunden akzeptieren das auch.

Arbeiten Sie auch mit Architekturbüros zusammen?

Roslan: Bislang nicht, die sind dazu einfach noch nicht bereit. Viele argumentieren so, dass dann ja bei jedem Gespräch mit dem Kunden auch ein Smart-Home-Experte dabei sein müsste, was sie zum einen nicht wollen und wovon sie sich auch keinen direkten Nutzen versprechen. Deutlich zielführender für den Händler ist es, eine Kooperation mit einem Elektriker einzugehen. Die kommen am Tag bei sechs bis sieben Kunden mit einem Störungsfall vorbei und machen im Jahr zusätzlich auch etliche Neuinstallationen. Und die können dann dem potenziellen Kunden auch deutlich besser vermitteln, was im Bereich der Gebäudeautomation überhaupt machbar ist.

Schwieriger Einstieg

Was würden Sie einem Händler raten, der in die Gebäudeautomation einsteigen will?
Roslan: Das sollte man sich schon sehr gut überlegen, wir haben es hier mit einem äußerst komplexen Produkt zu tun, müssen mit elektrischen Leitungen arbeiten et cetera. Das erfordert ein hohes Know-how. Aber in meiner Tätigkeit als Trainer für Michael Telecom treffe ich auf den alljährlichen Schulungs-Roadshows immer wieder Händlerkollegen, die den Einstieg geschafft haben und jetzt erfolgreich am Markt tätig sind.

Liegt das auch daran, dass die Automation nichts ist, was online verkauft werden kann?
Roslan: Verkauft werden können höchstens die einzelnen Komponenten, ohne Installateur geht aber gar nichts. Hinzu kommt: Die Versuche von verschiedenen Anbietern, im Media Markt und Co. eine Smart-Home-Ecke einzurichten, sind kläglich gescheitert. Zwar wurden da schon gewisse Stückzahlen verkauft, aber sobald es an das Thema Reklamationen ging, waren die Verkaufsberater dort überfordert, da sie einfach nicht das nötige tiefe Fachwissen besaßen.

Verlockend für Neueinsteiger ist auch das Folgegeschäft, denn mit einer einzelnen Installation ist es ja meistens nicht getan ...
Roslan: Richtig. Die Anforderungen an das Smart Home wachsen bei den Kunden kontinuierlich. Am Anfang können sie sich noch nicht so genau vorstellen, was alles machbar ist, mit der Zeit erkennen viele dann aber das enorme Potenzial und wollen ihr System weiter aufrüsten. Deshalb ist es wichtig, schon zu Beginn auf ein modulares Konzept zu setzen, um dem Kunden auch in Zukunft alle Möglichkeiten bieten zu können.

Ihr Haus ist vermutlich auch ein komplettes Smart Home?
Roslan: Unser Firmengebäude und mein Zuhause sind natürlich komplett vernetzt. Man muss das Thema schließlich auch selbst leben.




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