Für 340 Millionen Euro: Atos kauft UC-Spezialisten Unify
Gores und Siemens, die Gesellschafter von Unify, haben einen Käufer für ihr Joint Venture gefunden. Der Spezialist für digitale Services Atos übernimmt den ITK-Hersteller für 340 Millionen Euro in bar.
Atos übernimmt Unify
(Quelle: DOC RABE Media - Fotolia.com)
Schon seit Jahren kursieren Gerüchte, wonach sich Gores und Siemens von ihrem Joint Venture Unify trennen wollen. Nun ist ein Käufer gefunden: Atos wird den UC-Spezialisten für 340 Millionen Euro in bar inklusive Schulden und Verbindlichkeiten übernehmen. Die Transaktion soll bereits im ersten Quartal 2016 abgeschlossen sein - vorausgesetzt, dass Arbeitnehmervertretungen sowie Kartell- und Aufsichtsbehörden dem Kauf zustimmen.
Atos ist ein weltweit agierender IT-Spezialist, der unter anderem in den Bereichen Beratung, Systemintegration, Managed Services & Business Process Outsourcing (BPO) aktiv ist. Darüber hinaus bietet Atos Cloud-, Big-Data- und Sicherheitslösungen für Unternehmen an. Zu seinen Kunden gehört auch der Siemens-Konzern, der zudem einen zwölfprozentigen Anteil an Atos hält und dort größter Gesellschafter ist.
Gleichzeitig mit der Unify-Übernahme hat Siemens bekannt gegeben, dass es seine Anteile an Atos bis mindestens 30. September 2020 halten wird. Weiterhin hat Siemens die bereits im Juli 2011 unterzeichnete IT-Vereinbarung über sieben Jahre verlängert und das vereinbarte Mindestgeschäftsvolumen um 3,23 Milliarden Euro auf 8,73 Milliarden Euro erhöht. Und schließlich hat der Siemens-Konzern angekündigt, die Unify-Kommunikationsplattform Circuit als erster Unternehmenskunde in großem Umfang einzusetzen.
Wie Unify konkret in den Atos-Konzern eingebunden wird, das ist bislang noch offen. Auf Nachfrage von Telecom Handel erklärte ein Unternehmenssprecher, dass Unify in eine der Service Lindes von Atos integriert werden soll. Ob der Brand erhalten bleibt und wie die künftige Produktstrategie aussehen wird, soll in den kommenden Monaten geklärt werden.
Bezogen auf den indirekten Vertrieb, bleibt zumindest vorerst alles beim Alten. "Unify hat ein klares Commitment zum indirekten Kanal, das wird sich nicht ändern", so ein Unternehmenssprecher. Zudem sei Atos in erster Linie im Enterprise-Segment aktiv, es gebe also kaum Überschneidungen mit den Vertriebspartnern von Unify. Sukzessive sollen darüber hinaus auch Atos-Produkte über die Vertriebspartner von Unify vermarktet werden können.
Zum Hintergrund: Unify wurde 2008 ursprünglich als Siemens Enterprise Communications gegründet, 2013 erfolgte die Umbenennung. Hauptgesellschafter des Unternehmens ist die Gores-Gruppe mit 51 Prozent der Anteile, Siemens hält 49 Prozent. Nach mehreren Entlassungswellen beschäftigt Unify heute (noch) 5.600 Mitarbeiter und erwirtschaftet einen Umsatz von 1,2 Milliarden Euro.
Kommentar der Redaktion
Dass die Unify-Gesellschafter schon seit geraumer Zeit einen Käufer für ihre Tochter suchen, ist ein offenes Geheimnis. So soll beispielsweise der kanadische UC-Spezialist Mitel Ende 2013 lange geprüft haben, ob er den Wettbewerber übernehmen soll – letztendlich fiel die Entscheidung damals aber zugunsten der ehemaligen Aastra.
Nun geht das Traditionsunternehmen also nicht an einen direkten Konkurrenten, sondern an einen IT-Spezialisten. Offensichtlich hat der Siemens-Konzern mit einigen Zugaben wie beispielsweise einer vorzeitigen Vertragsverlängerung mit Atos seine Tochter für den Verkauf noch zusätzlich aufgehübscht.
Keine Informationen gibt es indes darüber, wie es konkret mit Unify weitergehen soll. Die UC-Lösungen der Münchner sollen die IT-Services von Atos ergänzen – so zumindest lautet die offizielle Version. Ein zusätzliches Schmankerl sind dazu sicherlich die rund 3.000 Patente, die Unify angemeldet hat. Doch wie die künftige Unternehmensstruktur aussehen wird, das ist bislang noch offen.