Abschied vom Büro?
29.06.2020, 09:17 Uhr
Corona krempelt die Arbeitswelt um
Zu den Risiken und Nebenwirkungen von Corona gehört, dass viele Beschäftigte im Homeoffice arbeiten. Das sollte Unternehmen und Führungskräften zum Nachdenken bringen, finden Fachleute.
Die Katze tapst über die Tastatur, die Waschmaschine läuft, auf dem Küchentisch steht der Laptop - Corona hat viele Menschen über Nacht ins Homeoffice geschickt.
Die Bürobedarf- und Büromöbelbranche stellt sich längst darauf ein - aber: "Das Umdenken muss aber zuallererst in den Köpfen der Führungskräfte stattfinden", sagt Ard-Jen Spijkervet, Chef des Bürobedarfsspezialisten Leitz. Viele der Beschäftigte selbst sind derweil längst von der Heimarbeit überzeugt - am liebsten hätten die meisten wohl einfach die Möglichkeit, abzuwechseln.
"Zwei von drei Angestellten arbeiten lieber zu Hause als im Büro" - das ist das Ergebnis einer aktuellen Untersuchung der Süddeutschen Krankenversicherung (SDK). "Viele Stressfaktoren fallen weg wie zum Beispiel lärmende Kollegen oder ein anstrengender Arbeitsweg", sagt Oliver Schwab von der SDK. Darüber hinaus geben 57 Prozent der rund 1.500 Befragten an, zu Hause besser kreativ arbeiten zu können - bei der Arbeit im Büro sagen das nur 18 Prozent, die übrigen machten in Sachen Kreativität keinen Unterschied aus.
Nicht nur zu Hause bleiben
Nur noch zu Hause bleiben wollen hingegen die wenigsten - das ergab eine Forsa-Umfrage, die der Industrieverband Büro und Arbeitswelt (iba) mit Sitz in Wiesbaden im April in Auftrag gegeben hatte. Die Menschen vermissten nicht zuletzt die gute Ausstattung ihrer Arbeitsplätze im Büro, sagt iba-Chef Hendrik Hund. Es müsse noch einiges getan werden, damit die notdürftig eingerichteten Arbeitsplätze zu Hause zu nutzbaren Büros würden.
Der Wandel hat jedenfalls dank Corona längst begonnen. "Die starren Strukturen gehören der Vergangenheit an", sagt Carola Burrell, Marketingleiterin des Büromöbelherstellers Interstuhl. Das wirke sich auch auf die Anbieter von Büromöbeln aus. "Wir haben Großkunden, die für ihre Belegschaft Homeoffice-Produkte anbieten. Die Beschäftigten können zum Beispiel den Stuhl mit nach Hause nehmen oder die Möbel innerhalb eines Rahmenvertrags kaufen." Die Hersteller müssten sich jedoch auch auf den neuen Markt einstellen. "Wir werden einen Teil des Sortiments mit anderen Oberflächen und Farben anbieten, weil es zu Hause meist kuscheliger ist als in der cooleren Büro-Atmosphäre."
Diesen Trend bestätigt auch Leitz-Chef Spijkervet. "Büroartikel in Schwarz und grau passen oft weniger gut zu Hause. Die Produkte sind zum Teil wirklich unattraktiv in einer privaten Umgebung." Leitz bringt jetzt eine neue Serie auf den Markt, die genau auf den Homeoffice-Bereich abzielt - mit besonderer Haptik und Optik, mit ansprechendem Design. Als Beispiel dazu nennt Spijkervet einen Papier-Shredder, der jetzt in Weiß verkauft wird und enorm hohe Absatzzahlen verzeichnet. "Bei uns hat Corona für extrem schnelle Innovationsimpulse gesorgt", sagt er.