Smartphone Review
02.11.2018, 11:35 Uhr
Test Huawei Mate 20 Pro: Ein starker Begleiter
Mit dem Mate 20 Pro bringt Huawei sein neues Flaggschiff für fast 1.000 Euro. Im Test muss es beweisen, ob dieser Preis auch gerechtfertigt ist.
Das Trio ist komplett: Nach Samsung mit dem Note 9 und Apple mit dem iPhone XS Max bringt nun auch Huawei sein neues Phablet Mate 20 mit Riesen-Display. In der von uns getesteten Pro-Variante bietet dieses mit 6,39 Zoll zwar etwas weniger Diagonale als das iPhone, was bei diesen Dimensionen aber wohl nicht weiter ins Gewicht fällt. Dafür ist es mit 999 Euro auch 250 Euro günstiger als das iPhone – bei einem doppelt so großen Datenspeicher – und genau so teuer wie das Samsung. Für Huawei ist das, mit 200 Euro mehr als beim Vorgänger Mate 10 Pro, trotzdem ein ambitioniertes Pricing.
Schon auf den ersten Blick unterscheidet sich das Mate 20 von seinem Vorgänger: Mit dem Display, das einen Großteil der Vorderseite abdeckt und an den Seiten leicht über die Ränder gebogen ist, ähnelt es stark dem Samsung Galaxy S9. Dieser Eindruck besteht auf der Rückseite aus gehärtetem Glas nicht mehr, denn hier ist die quadratische Anordnung der drei Kameralinsen in einem leicht herausstehenden Block zusammen mit dem LED-Blitz ein neues Element. Zumindest in der Farbvariante „Twilight“, die effektvoll von oben nach unten von Blau über Violett in Schwarz übergeht, war leider jeder Fingerabdruck sichtbar. Besser und obendrein rutschfester sind hier die Varianten in Grün und Blau, bei denen die Oberfläche leicht geriffelt ist.
Aufgrund der sehr guten Ausnutzung der Vorderseite durch das Display ist das Mate 20 zwar groß, aber zumindest etwas schmaler als ein iPhone XS Max – eine einhändige Bedienung fällt trotzdem schwer. Das Gewicht hält sich mit 189 Gramm im Vergleich zum fast 20 Gramm schwereren Apple-Konkurrenten noch in Grenzen.
Im Gegenzug gibt es ein großes und leuchtstarkes OLED-Display mit über 16 Zentimetern Diagonale und der Auflösung von 3.120 x 1.440 Bildpunkten, mit dem es sich erstklassig surfen lässt. Die Notch, also die Aussparung für die Frontkamera im oberen Bereich, ist ähnlich breit wie beim iPhone XS. Im unteren Bereich des Bildschirms ist nun ein Fingerabdruck-Sensor untergebracht, der auf leichten Druck reagiert. Das Entsperren ist so etwas gewöhnungsbedürftig und funktioniert nicht immer auf Anhieb. Alternativ gibt es auch eine Gesichtserkennung über die Frontcam, die insgesamt recht zuverlässig arbeitet.
Bei den Anschlüssen spart Huawei sich den Klinkenstecker für das Headset, legt aber im Gegensatz zu Apple wenigstens einen Adapter bei. Ebenfalls im Paket findet sich das Schnellladegerät, das den mit 4.200 mAh üppig dimensionierten Akku in einer halben Stunde zu etwas mehr als 60 Prozent füllen konnte, die gesamte Ladung dauerte rund 100 Minuten. Im normalen Betrieb hielt das Telefon rund zwei Tage durch, ein guter Wert. Zudem führen die Chinesen jetzt drahtloses Laden über den QI-Standard ein, allerdings dauert dies mit drei Stunden sehr lang. Drahtloses Aufladen ist erstmals auch umgekehrt möglich, etwa wenn ein iPhone Rücken an Rücken zum Mate 20 platziert wird. Das funktionierte im Test nicht bei allen Modellen gut, teils zogen diese deutlich mehr Strom aus dem Spender, als sie selbst aufgenommen haben. Das Mate 20 selbst muss zudem auf Lade-Pads genau im mittleren Bereich positioniert werden, damit es geladen wird. Hier ist noch etwas Feintuning nötig.
An Hardware bietet Huawei alles, was derzeit möglich ist: Der neue Kirin-980-Prozessor ist sehr schnell, er kommt im Antutu-Benchmark auf knapp 270.000, was es auf ein Niveau mit dem Galaxy S9 und anderen Highend-Geräten, aber nicht ganz an die Spitze bringt. Die Wärmeentwicklung hält sich in erträglichen Grenzen. Gegenüber dem P20 Pro vom gleichen Hersteller hat die Leistung aber immerhin um etwa ein Viertel zugelegt. Im normalen Einsatz lassen sich durch den Anwender auf diesem hohen Niveau ohnehin kaum Unterschiede feststellen, auch das Mate 20 versieht seinen Dienst komplett ohne Verzögerungen. Dazu tragen auch die 6 GB Arbeitsspeicher bei.
Beim Datenspeicher bietet das Gerät ordentliche 128 GB. Dieser Speicher kann erweitert werden, doch setzt Huawei hier erstmals nicht auf das gängige MicroSD-Format, sondern auf einen eigenen Standard namens NM Card. Diese Karten haben das Format einer Nano-SIM, was durch einen kleineren Rahmen Platz sparen soll. Allerdings bietet aktuell nur Huawei selbst diese Karten mit 64, 128 oder 256 GB an, noch ist eher unwahrscheinlich, dass auch Fremdhersteller wie Sandisk aufspringen und so die etwas höheren Preise durch Wettbewerb gesenkt werden.
Als Betriebssystem kommt Android 9.0 zum Einsatz, leider ergänzt Huawei dies durch viele bereits aufgespielte Apps, die nicht immer sinnvoll sind. Die eigene Benutzeroberfläche EMUI wurde dagegen in der aktuellen Version 9 bereinigt und wirkt insgesamt klarer strukturiert.
Wie schon beim P20 Pro setzt Huawei auf eine rückwärtige Dreifachkamera, die mit Hilfe von Leica entwickelt wurde. Geändert hat sich aber die Anordnung der Linsen, denn sie befinden sich jetzt in einem Quadrat zusammen mit dem LED-Blitz und nicht mehr nebeneinander. Neben dem 40-Megapixel-Hauptobjektiv mit f/1.8 gibt es ein neues 20-Megapixel-Ultra-Weitwinkelobjektiv mit f/2.2 sowie ein 8-Megapixel-Tele-Objektiv mit f/2.4. Neu ist der Makromodus, mit dem man sich dem Motiv auf bis zu 2,5 Zentimeter nähern kann. Die Fotos sehen ähnlich gut aus wie beim P20 Pro, zudem scheinen die Farben etwas realistischer. Allerdings bedingt der Tausch des Sensors für monochrome Aufnahmen gegen den Weitwinkelsensor, dass die Aufhellung bei schwachen Lichtverhältnissen nicht ganz so gut wie beim P20 Pro auffällt – erst der spezielle Nachtmodus ist dann auf ähnlich hohem Niveau. Die 24-Megapixel-Selfiecam ist ebenfalls leistungsfähig.