LTE-Ausbau
07.06.2011, 10:04 Uhr
Diese Kriterien sind für die Netzbetreiber verpflichtend
Die Telekom startet LTE in Großstädten - und sieht sich plötzlich Vorwürfen ausgesetzt, die Versorgung auf dem Land zu vernachlässigen. Telecom Handel erklärt, welche Kriterien für den Aufbau der 4G-Netze tatsächlich verbindlich sind.
Am 1. Juli startet die Telekom mit der flächendeckenden Vermarktung von LTE-Angeboten in deutschen Großstädten. Der Startschuss erfolgt in Köln, weitere Metropolen sollen im Laufe der nächsten Wochen und Monate sukzessive folgen.
Nachdem Telecom Handel über die jüngsten LTE-Aktivitäten des Bonner Netzbetreibers berichtet hatte, meldeten sich zahlreiche Leser mit kritischen Kommentaren zu Wort. Der Tenor: Warum rüstet die Telekom ausgerechnet eine mit Breitband bestens versorgte Metropole wie Köln mit LTE auf, während in vielen ländlichen Regionen die Menschen schnelles Internet nach wie vor nur vom Hörensagen kennen? Einige Stimmen gingen sogar noch weiter und unterstellten dem Netzbetreiber, gegen die Auflagen der Bundesnetzagentur verstoßen zu haben - diese würden doch klar vorschreiben, dass der LTE-Ausbau auf dem Land mit höchster Priorität zu erfolgen habe.
Telecom Handel hat vor diesem Hintergrund noch einmal bei der Bundesnetzagentur nachgehakt - und erklärt, nach welchen Kriterien sich die Netzbetreiber beim Aufbau ihrer LTE-Netze richten müssen.
1,8-GHz-, 2-GHz- und 2,6-GHz-Frequenzen: Keine Differenzierung zwischen Stadt und Land
Fakt ist: Die Aktivitäten der Telekom und die Auflagen der Bundesnetzagentur bezüglich des Aufbaus der LTE-Netze stehen in keinem Widerspruch zueinander. So hat die Bundesnetzagentur in einer Entscheidung der Präsidentenkammer lediglich festgelegt, dass "die Frequenzzuteilungsinhaber verpflichtet sind, bei der Frequenznutzung für die Frequenzen im Bereich 1,8 GHz, 2 GHz und 2,6 GHz einen Versorgungsgrad der Bevölkerung von mindestens 25 Prozent ab dem 1. Januar 2014 und mindestens 50 Prozent ab dem 1. Januar 2016 zu erreichen."
Die Auflagen des Regulieres machen also mit Blick auf die oben genannten Frequenzen keinen Unterschied zwischen dem Ausbau in in städtischen und ländlichen Regionen, sondern schreiben hier lediglich eine generelle Bevölkerungsabdeckung vor, die bis zu einem bestimmten Zeitpunkt erreicht werden muss. Das liegt daran, dass sich die Frequenzen im 1,8-, 2-GHz- und 2,6- GHz-Bereich ohnehin nicht für den LTE-Netzaufbau auf dem Lande eignen. Da die Telekom für den Kölner Raum genau eine dieser Frequenzen nutzt, ist das Vorgehen der Bonner also nicht nur regelkonform, sondern mit Blick auf die Vorgaben der Bundesnetzagentur auch logisch.
Wie die Bundesnetzagentur auf Nachfrage von Telecom Handel darüber hinaus bestätigte, werde der LTE-Ausbau auf dem Lande von den Netzbetreibern parallel zu den Aktivitäten in den Großstädten weiter mit Kraft vorangetrieben. Die dazu genutzen Frequenzen im Bereich 800 MHz ("Digitale Dividende"), die sich aufgrund ihrer größeren Reichweite insbesondere für die Erschließung der weißen Flecken auf dem Land eignen, unterliegen dabei allerdings einer ungleich strengeren Reglementierung als die übrigen Frequenzen.
800-MHz-Frequenzen: Kleine Gemeinden profitieren zuerst
Hier ist es tatsächlich so, dass die Carrier beim Aufbau strikte Vorschriften zu beachten haben. So ist ein Frequenzzuteilungsinhaber verpflichtet, bei der Frequenznutzung im Bereich 800 MHz "in allen Bundesländern einen Versorgungsgrad von mindestens 90 Prozent der Bevölkerung der von den einzelnen Bundesländern benannten Städte und Gemeinden ab dem 1. Januar 2016 zu erreichen."
Der Ausbau muss dabei stufenweise erfolgen: Zunächst sind Städte und Gemeinden mit mit bis zu 5.000 Einwohnern an der Reihe (Prioritätsstufe 1), danach folgen solche mit bis zu 20.000 Einwohnern (Prioritätsstufe 2). In einem dritten Schritt werden Städte und Gemeinden mit bis zu 50.000 Einwohnern versorgt (Prioritätsstufe 3) - und dann erst größere Ballungszentren mit mehr als 50.000 Einwohnern (Prioritätsstufe 4).
Dabei ist zu beachten: Der Beginn des Netzausbaus der Prioritätsstufe 2 in einem Bundesland kann erst dann erfolgen, wenn mindestens 90 Prozent der Bevölkerung der von diesem Bundesland benannten Städte und Gemeinden in der Prioritätsstufe 1 versorgt sind. Das gleiche Prinzip greift auch bei den übrigen Prioritätsstufen.
Von diesen Vorgaben abgesehen gilt generell für die Besitzer der 800-MHz-Frequenzen: Bis zum Januar 2016 müssen mindestens 50 Prozent der Bevölkerung mit LTE versorgt werden. Die Netzbetreiber müssen zudem am 31. Dezember eines jeden Jahres der Bundesnetzagentur über den Stand der Frequenznutzung und des Netzaufbaus sowie -ausbaus berichten.