Vodafone 08.04.2013, 15:55 Uhr

Partneragenturen in der Bredouille

Im Oktober 2012 hatte Vodafone ein neues Partneragenturprogramm eingeführt. Doch so mancher Shop-Inhaber hadert mit dem Vertragswerk, das gerade für kleinere Partner auch Nachteile mit sich bringt.
(Quelle: reeel - Fotolia.com)
Volker F. hat noch nicht unterschrieben. Und ob er es tun wird, weiß er noch immer nicht so recht. Wie bei vielen seiner Kollegen ist bei ihm die Verunsicherung in Bezug auf das neue Vodafone-Partneragenturprogramm groß. Zum einen, weil so manches Detail des neuen Konzepts erst in Laufe der letzten Wochen bekannt wurde, zum anderen auch, weil die Konsequenzen der Unterschrift für viele Partner noch nicht so richtig überschaubar sind.
Gleichzeitig scheint sich der Druck auf die Partner zu erhöhen. So berichten mehrere Vodafone-Agenturinhaber, dass ihr Vertriebsbeauftragter damit drohen würde, dass sie keine Airtime-Provision mehr ausgezahlt bekämen, wenn sie nicht endlich den neuen Vertrag unterzeichnen würden – ein Vorwurf, den Holger Schmieding, Head of Direct Sales bei Vodafone, klar von sich weist. „Die Ausübung von Druck ist nicht in unserem Sinne. Unsere Partneragenturen sollen die Vertragsunterlagen in Ruhe prüfen dürfen. Wir wollen einen partnerschaftlichen Umgang mit unseren Agenten", so Schmieding gegenüber Telecom Handel.
Doch gerade der Umgang mit den Partnern ist es, der – neben den mit dem neuen Vertragswerk für viele Agenturen verbundenen finanziellen Nachteilen – häufig kritisiert wird. „Ich hänge eigentlich mit meiner Seele an diesem Agenturkonzept und bin Vodafone gegenüber sehr loyal. Aber der Ton, der muss sich ganz entscheidend ändern. Wir sind selbstständige Unternehmer und keine Angestellten. So wie das momentan praktiziert wird, ist das keine Partnerschaft, sondern Erpressung", klagt ein Agenturbesitzer, der – wie viele andere – nicht namentlich genannt werden möchte.
Sicher ist, dass das neue Programm für die Partner große Veränderungen mit sich bringt. Und bei aller Kritik hat es durchaus auch positive Seiten. So wurde etwa die Service-Pauschale wieder eingeführt; Anfang April wurde diese sogar entgegen der vorherigen Ankündigung auf die Partner der Stufe 3 ausgeweitet. Auch das „Ship to Store"-Konzept lief bereits an; weitere Agenturen sollen im laufenden Geschäftsjahr angebunden werden.

Plan B in der Schublade

Dennoch: Wer nicht gerade zu den Stufe-1-Partnern zählt, die von dem neuen Programm deutlich profitieren, muss zwangsläufig darüber nachdenken, wie es für ihn weitergeht. „Viele Händler wanken und schwanken noch. Fast alle Kollegen, die ich kenne, haben einen Plan B in der Schublade. Es geht ja bei den meisten um 30 bis 50 Tausend Euro Airtime im Jahr, außerdem habe ich Mietverträge zu erfüllen, da macht man keinen Schnellschuss", sagt ein Partner der mittleren Stufe. Für die kleineren Partner sieht er jedoch nur eine Chance: das Abwandern in den Fachhandel. Ansonsten seien diese ohne Airtime-Beteiligung bald „flach wie eine Flunder" – zumal zukünftig ja auch die Einrichtung zum Teil von den Partnern selbst finanziert werden muss.
Und tatsächlich haben schon einige Partner einen Schlussstrich unter das Agenturdasein gezogen – so etwa Jochen Scherer aus Schwandorf, der seit Anfang des Jahres einen My-extra-Shop betreibt. „Ich habe drei Mal überlegt, bevor ich diesen Schritt gewagt habe", sagt Scherer. Oder auch Mark Gajus, der sich vor wenigen Wochen dem Fachhandelskonzept von Mobilcom-Debitel angeschlossen hat und zuvor 17 Jahre lang eine Vodafone-Agentur in Würzburg betrieb. „Mir hat das lange Zeit Spaß gemacht, vor allem zu Mannesmann-Mobilfunk-Zeiten war das eine richtig tolle Sache", sagt Gajus. Zuletzt sei es jedoch nur noch um Zahlen gegangen. Auch der Würzburger berichtet, dass von den 17 Partneragenturen aus seiner Region mittlerweile drei geschlossen und vier gewechselt haben. „Und bei drei weiteren sehe ich für dieses Jahr auch schwarz", so Gajus.
Dass Vodafone die Zahl seiner Agenturen verkleinern möchte, gilt bei vielen Partnern als unausgesprochenes Ziel des neuen Konzepts. Womit sich die Frage nach dem Handelsvertreterausgleich stellt, der dann gezahlt werden muss, wenn Vod­afone das (alte) Vertragsverhältnis lösen möchte. „Grundsätzlich ist dieser zwingend, Vodafone kann also nicht negativ abweichen", stellt der Braunschweiger Rechtsanwalt Dominik Ossada fest. Der Ausgleich sei laut HGB „nach billigem Ermessen" festzusetzen, wobei das Gesetz als Orientierung eine Jahresvergütung des Partners, basierend auf dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre, vorsieht. Wie lange der Agent schon tätig ist, spielt dagegen keine Rolle. Leer aus geht jedoch ein Partner, der von sich aus kündigt – es sei denn, der Netzbetreiber hat nachhaltig Vertragspflichten verletzt, die dann zur Kündigung durch den Partner führten.
Wenn nun die Provisionshöhe sinkt, verringert sich auch die Höhe des möglichen Ausgleichs. So mancher Partner argwöhnt jedoch, dass Vodafone darauf spekuliert, dass einigen Agenturen bereits vorher die Luft ausgeht. „Die setzen darauf, dass der Partner verhungert und wechselt – und damit auf die Abfindung verzichtet", so ein Agenturinhaber.

Interview mit Mark Gajus

Mark Gajus betrieb 17 Jahre lang eine Partneragentur, die er Ende Februar­ 2013 schloss. Seitdem ist er als Fachhändler unter der Marke Mobilcom-Debitel tätig.
Telecom Handel: Was war der Grund dafür, dass Sie nach so langer Zeit die Vodafone-Partnerschaft aufgegeben haben?
Mark Gajus: Letztlich ausschlaggebend waren zwei Gründe: die finanzielle Situation und der Umgangston, also wie man mit mir als selbstständigem Unternehmer umgeht.
Telecom Handel: Was gab es da denn zu beklagen?
Gajus: Ich fühlte mich zuletzt als Angestellter im eigenen Laden. Ich hatte keinerlei Mitspracherecht, es zählten immer nur die Zahlen, und es wurde ständig immer mehr Druck aufgebaut.
Telecom Handel: Und in finanzieller Hinsicht?
Gajus: Wenn ich etwa für einen ‚SIM only Tarif‘ als Partneragentur 60 Euro Provision bekomme, im Fachhandel aber weit über 200 Euro, dann sieht man das irgendwann nicht mehr ein. Und eine VVL bringt im Schnitt ja auch nur 15 Euro. Auch bei der Airtime bekam ich eine Zeit lang drei Prozent und dann wieder nichts, weil ich angeblich Zielvereinbarungen nicht erreicht hatte, die aber nie mit mir vereinbart wurden.
Telecom Handel: Jetzt sind Sie seit ein paar Wochen bei Mobilcom-Debitel. Was erhoffen Sie sich von dem Wechsel?
Gajus: Da ich jetzt breiter aufgestellt bin, habe ich auch Alternativen für meine Kunden. Positiv finde ich, dass Mobilcom-Debitel eine Idee hat, wie es mit dem Handel in der Zukunft weitergehen könnte. Dieses Gefühl hatte ich bei Vodafone definitiv nicht.
Telecom Handel: Ist Ihr Shop jetzt im Mobilcom-Debitel-Grün gestaltet?
Gajus: Grün-Rot. Ich bin nach wie vor Vodafone-Fachhändler und betreue meine über 4.000 Kunden gerne weiter. Und auch die, die wechseln möchten, was in der letzten Zeit immer häufiger der Fall ist.
Telecom Handel: Haben Sie den Vodafone-Vertrag einfach gekündigt?  Oder haben Sie sich anderweitig geeinigt?
Gajus: Ich hatte auf eine faire Vertragsauflösung hingearbeitet, aber jetzt geht der Fall wohl doch vor Gericht. Als Vodafone unmittelbar nach der Aufgabe der Partneragentur all meine Kunden angeschrieben hatte und diesen einen neuen Ansprechpartner genannt hatte, obwohl ich weiterhin Vodafone-Fachhändler bin und so meine Kunden weiter betreuen kann, bin ich richtig sauer geworden. Zum Glück habe ich viele treue Kunden, und jetzt halte ich auch mit einer großen Zeitungsanzeige dagegen.
Telecom Handel: Und wie lautet Ihr Fazit?
Gajus: Ich habe jetzt zwar mehr Arbeit, aber diese hat einfach eine andere Qualität. Man kommt auch wieder aus der Lethargie einer Partneragentur heraus, wo man ja viel vorgekaut bekommt.




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